Die Technik von Voice over IP
Der Begriff "Voice over IP" (VoIP) kennzeichnet lediglich die technologische Basis.
Mittlerweile werden die meisten Telefongespräche mit VoIP abgewickelt, ohne dass die Teilnehmer etwas davon merken. Eine Umsetzung auf die Paketnetztechnologie findet in diesem Fall erst beim Provider
statt. Der Begriff "IP-Telefonie" wird verwendet, wenn bereits die Endgeräte
VoIP-Technologie einsetzen. Nachdem in den 1990er Jahren die
Internet-Telefonie nach einem kurzen Hype schnell wieder von der Bildfläche
verschwunden war, hat sie mittlerweile durch eine wesentlich ausgereiftere Technologie den
TK-Markt erobert und ist auch bei vielen Privatanwendern zu einer Selbstverständlichkeit geworden.
Unabhängiges Telefon- und Datennetz
Bild: voip-info.de
Die Vorteile von Voice over IP
Zwei Hauptargumente für den Einsatz von VoIP-Technologie sind Kosteneinsparungspotenziale und neue Dienste, die einen Mehrwert gegenüber der herkömmlichen Telefonie darstellen. Nahezu jedes Unternehmen unterhält beispielsweise heutzutage ein Datennetzwerk. Zusätzlich war es früher üblich, ein zweites unabhängiges Telefonnetzwerk betrieben. Heute liegt es nahe, Datenübertragungen und Telefoniedienste in einem einzigen Netzwerk zu vereinen. Die Installation und Pflege eines separaten Telefonnetzes entfällt in diesem Fall. Arbeitsplatztelefone werden nun mit einem Ethernet-Netzwerkanschluss ausgestattet und lernen die passenden Netzwerkprotokolle, die im Ethernet verwendet werden. Alternativ können auch die Festnetz-Telefone weiter verwendet werden, wenn die Telefonanlage VoIP unterstützt.
Mehrere Standorte eines Unternehmens brauchen lediglich noch mit einer Datenleitung miteinander verbunden werden, über die auch telefoniert werden kann. Besonderer Einsparungseffekt dabei: Gespräche ins Ortsnetz des jeweils anderen Standorts können auch bei weit entfernten Niederlassungen zum Ortstarif geführt werden.
Auch im Privatbereich lassen sich mit Voice over IP Kosten senken: Alle Provider
bieten inzwischen DSL-Anschlüsse an, bei denen der herkömmliche Telefonanschluss entfällt und Telefonie stattdessen
über NGN oder VoIP
realisiert wird.
Konvergentes Netz: Telefon- und Datennetzwerk vereint
Bild: voip-info.de
Gespräche zwischen Internet-Telefonen innerhalb des eigenen Netzwerks
können kostenlos realisiert werden. Auch mit Internetzugängen über drahtlose
Breitbandtechnologien wie WLAN (WiFi Calling),
LTE (VoLTE) und 5G (Voice over 5G) kann VoIP eingesetzt werden.
Neue Dienste durch VoIP
Das zweite Argument für Voice over IP betrifft Anwendungen, die durch die Zusammenführung von Telefon- und Datenverkehr in einem digitalen Netzwerk entstehen können. Dadurch ist echtes Unified Messaging möglich - Sprachnachrichten, Faxe und E-Mails landen in einem gemeinsamen Posteingang. Das Feature "Click-to-Dial" ermöglicht Anrufe aus einer Web-Oberfläche heraus, ähnlich wie der Klick im Browser auf eine Mailadresse ein E-Mail-Bearbeitungsfenster öffnet. Mithilfe dieser sogenannten Sprach-/Datenintegration kann ein Telefongespräch z. B. mit einem Kundenberater eines Web-Shops initiiert werden.
So funktioniert Voice over IP
Herkömmliche Festnetze reservieren stets eine ganze Leitung für ein Gespräch. Auf dieser Leitung werden die digitalisierten Sprachdaten als kontinuierlicher Datenstrom übertragen. In Vermittlungsstellen laufen viele Gespräche einzelner Teilnehmer zusammen, werden dort auf Leitungen mit sehr viel höherer Bandbreite konzentriert und an der Ziel-Vermittlungsstelle wieder ausgekoppelt. Das Verfahren funktioniert ohne nennenswerte Verzögerungen.
Voice over IP setzt völlig andere Verfahren ein: In Datennetzwerken wie z. B. im handelsüblichen Ethernet werden Daten in Pakete zerlegt und einzeln übertragen. Dabei findet eine Zerlegung großer Datenmengen in kleine Pakete statt, die auf Empfangsseite wieder zusammengesetzt werden.
Das Verfahren ist kompliziert, weil ein Datennetzwerk derartig vermascht ist, dass Pakete auf unterschiedlichen Wegen, ähnlich wie bei einem Straßennetz, zum Ziel gelangen können. Dabei kann die Reihenfolge der auf unterschiedlichen Wegen beim Empfänger eintreffenden Pakete durcheinander geraten. Im Überlastungsfall kann die Übertragung von Datenpaketen erheblich mehr Zeit benötigen. Im Extremfall werden Datenpakete verworfen, falls sie vom Netzwerk nicht verarbeitet werden können.
Funktionsweise von VoIP
Bild: voip-info.de
Durch derartige Verzögerungen und Paketverluste im Netzwerk wird die
Sprachqualität negativ beeinflusst, sodass technische Vorkehrungen getroffen
werden müssen, um diese Probleme zu beheben. Diese technischen Maßnahmen sind
jedoch an moderne Netzwerkhardware gebunden, ältere Netzwerke sind für
Sprachübertragung kaum geeignet.
Aufgrund der unterschiedlichen technischen Eigenschaften stellt sich die Frage, warum eine gut funktionierende, leitungsgebundene Technologie durch eine kompliziertere und im ersten Anschein anfälligere Technik ersetzt wird. Letztendlich überwiegen die Vorteile der Kosteneinsparung und neuer Mehrwertdienste, sodass Voice over IP insgesamt als technischer Fortschritt gegenüber dem bisherigen Festnetz angesehen werden kann.
Der Siegeszug des SIP-Standards
Bei herkömmlichen Telefonnetzen waren die technischen Standards seit Jahrzehnten etabliert: ISDN beispielsweise übernahm sowohl den Transport der Sprachdaten als auch die sogenannte Signalisierung. Diese bewirkte, dass nach dem Wählen einer Nummer ein Freizeichen zu hören war und es am anderen Ende der Leitung klingelte. Andernfalls wurde ein Besetztzeichen gemeldet, wenn der Angerufene gerade sprach.
Bei VoIP gibt es derzeit zwei Standards, von denen inzwischen das Session Initiation Protocol (SIP) das Rennen gemacht hat. Die Internet Engineering Task Force (IETF) hat das Session Initiation Protocol als allgemeines Signalisierungsprotokoll für Multimediaanwendungen entwickelt. SIP konzentriert sich ausschließlich auf die Signalisierung. Deshalb ist das Protokoll viel flexibler für unterschiedliche Zwecke einsetzbar. Beispielsweise wird SIP auch für Instant Messaging eingesetzt. SIP stellt von der Struktur her - etwas vereinfacht - eine Mischung aus HTML- und E-Mail-Übertragungsformat dar. Es reiht sich somit nahtlos in die Internet-Protokollfamilie ein.
Der sogenannte H.323-Standard, von der International Telecommunication Union (ITU) definiert, wird seit Jahren außer für Sprache auch für Videokonferenzanwendungen eingesetzt und behandelt nicht nur die Signalisierung, sondern alle Aspekte einer Sprach- oder Videoverbindung. Insgesamt stellt H.323 ein ausgewachsenes, fest definiertes Multimediasystem bereit.
Brücken ins Festnetz
Heutzutage existieren teilweise noch Telefon-Festnetze unterschiedlicher Anbieter parallel zu Datennetzwerken, die Voice-over-IP-fähig sind. Dazwischen stehen Gateways als Brücken, um beide Welten miteinander zu verbinden. Diese Schnittstellen ermöglichen es Teilnehmern mit einem IP-Telefon im Internet, Festnetzanschlüsse zu erreichen und umgekehrt.
Grundsätzlich werden mehrere Arten der Telefonie unterschieden, die teilweise auf Gateways angewiesen sind:
- IP-zu-Festnetz und Festnetz-zu-IP: In diesen Szenarien ist immer ein Gateway im Spiel, das zwischen IP-Netz und Festnetz vermittelt.
- Festnetz-zu-Festnetz: In diesem Fall befindet sich ein IP-Netzwerk zwischen zwei Festnetzen, sodass an beiden Enden Festnetz-Endgeräte verwendet werden. An jeder Grenze zwischen Fest- und IP-Netz wird jeweils ein Gateway benötigt.
- IP-zu-IP: Diese Gespräche benötigen kein Gateway, weil keine Umsetzung zwischen VoIP- und Festnetz-Technologie notwendig ist.
ENUM - ein Telefonbuch im Internet
IP-Telefonie-Anwender erhalten in der Regel von ihrem Provider eine Telefonnummer, unter der sie sowohl im Internet als auch über ein Festnetz erreichbar sind. Anrufe innerhalb des Internets funktionieren heutzutage nur, wenn beide Teilnehmer beim gleichen Provider registriert sind oder wenn die Provider der Teilnehmer eine Weiterleitung vereinbart haben. In diesem Fall wird der Rufnummer einfach eine Vorwahl vorangestellt.
VoIP-Gateways
Bild: voip-info.de
Um dieses Erreichbarkeitsproblem zu lösen, gibt es ein internationales
Verfahren, das auf dem Domain Name System (DNS) des Internets basiert. Es nennt
sich Telephone Number Mapping (ENUM). Dabei wird
eine Telefonnummer als Internetadresse registriert. Mithilfe dieser Adresse
lassen sich anstelle von Webseiten Datensätze lesen, die Auskunft über die Erreichbarkeit
eines Teilnehmers über unterschiedliche Rufnummern und Dienste geben. Teilnehmer
können darüber auch eine Rufumleitung bei Abwesenheit festlegen. Eine
Prioritätenregelung definiert, ob ein Teilnehmer beispielsweise zuerst über
IP-Telefon oder per Handy kontaktiert werden möchte. Im Bereich der Privatanwender
hat ENUM keine weite Verbreitung gefunden.
Globale Top-Level-Domains für diesen Dienst gibt es bereits. Sie existieren neben bekannten Domains wie .com, .de und .org. Die erste trägt den Namen ".e164.arpa" und ist für ENUM reserviert. Daneben steht seit 2007 eine weitere Domain namens ".tel" zur Verfügung, die auch für kommerzielle und private ENUM-Dienste genutzt werden kann. Sie sind allerdings ausschließlich zur Darstellung von Kontaktdaten des Inhabers gedacht.
Für eine Registrierung werden Rufnummern mit internationaler Vorwahl
versehen und rückwärts ziffernweise mit Punkten getrennt als Domainadresse
geschrieben:
Aus einer Rufnummer
040-1234567
wird die internationale Rufnummer
49401234567
Der entsprechende ENUM-Eintrag ist rückwärts notiert unter der Domain
"7.6.5.4.3.2.1.0.4.9.4.e164.arpa"
zu finden.
Telefone, die ENUM unterstützen, wandeln eine eingegebene Rufnummer in eine ENUM-Domainadresse um und versuchen darüber, Datensätze des angerufenen Teilnehmers zu ermitteln. Ein Datensatz enthält dann die tatsächliche Rufnummer, über die der Gesprächspartner erreicht werden kann. Diese Nummer wird dann letztendlich vom Telefon gewählt und kann von der ursprünglich eingegebenen Nummer abweichen. Eine Rufnummer kann auch als sogenannte SIP-Adresse geschrieben sein, z. B. "sip:1234567@provider.de". Mithilfe dieser Adresse können die Providergrenzen auch ohne Weiterleitungsvereinbarung überwunden werden. Das vorangestellte "sip" kennzeichnet ähnlich wie "https" beim Websurfen das verwendete Signalisierungsprotokoll SIP (Session Initiation Protocol). Anrufer aus dem Festnetz müssen zusätzlich die Vorwahl und Festnetzrufnummer des VoIP-Provider-Gateways voranstellen, bei dem der Gesprächspartner registriert ist.
Einsatzbereiche und VoIP-Anbieter
Gespräche können mit Voice over IP sowohl privat als auch innerhalb von Unternehmen geführt werden. Die technische Basis ist in beiden Fällen identisch. Aufgrund der unterschiedlichen Netzwerkumgebungen sehen VoIP-Lösungen im Privatbereich anders aus als in Unternehmen.
Derzeit erfreut sich der Einsatz von IP-Telefonie im Privatkundenbereich zunehmender Beliebtheit. Wenn ein permanenter Internetanschluss beispielsweise über DSL vorhanden ist, kann man sich einfach bei einem IP-Telefonie-Anbieter registrieren und ein Telefon mit Ethernet-Anschluss einsetzen. Alternativ kann ein sogenanntes Softphone zusammen mit einem Headset oder einem USB-Telefonhörer verwendet werden. Ein Softphone ist eine Software-Anwendung zum Telefonieren. Sie hat jedoch den Nachteil, dass der PC ständig eingeschaltet bleiben muss, um erreichbar zu sein.
IP-Telefonie für Zuhause nur mit Breitband-Internetanschluss sinnvoll
FRITZ!Box Fon von AVM
Bild: AVM
Die Verwendung der Privatkundenangebote von IP-Telefonie-Anbietern sind nur in
Verbindung mit einem Breitbandanschluss (z. B. VDSL)
sinnvoll, weil bei Schmalband-Internetverbindungen der Kostenvorteil durch die
Kosten für eine Interneteinwahl wieder aufgefressen wurde. Diese sind mittlerweile allerdings - wenn überhaupt - nur noch extrem selten zu finden. DSL-Anschlüsse werden in der Regel als Flatrate abgerechnet, sodass keine zusätzlichen Kosten für die Datenübertragung bei Gesprächen anfallen.
Privatkunden benötigen eine permanente Internetanbindung, um mit einem IP-Telefon jederzeit erreichbar zu sein. Eine DSL-Verbidung wird in der Regel nicht mehr nach 24 Stunden providerseitig kurz getrennt. Sollte dies dennoch der Fall sein, kann das DSL-Modem jedoch so eingestellt werden, dass es sich nach einer Trennung sofort wieder verbindet. Anschließend bekommt es eine neue öffentliche IP-Adresse, die vom IP-Telefon mithilfe des STUN-Protokolls (ursprünglich "Simple Traversal of User Datagram Protocol (UDP) Through Network Address Translators (NATs)", mittlerweile umbenannt in "Session Traversal Utilities for NAT") ermittelt werden kann.
Die Erreichbarkeit
Das IP-Telefon registriert sich über das Internet bei einem Provider und ist fortan auch für eingehende Gespräche erreichbar. Die sogenannte Anrufsignalisierung geht dabei stets über die Server des Providers. Die Gesprächsverbindung wird anschließend auf direktem Wege zwischen den Endgeräten aufgebaut, sodass die Gesprächsdatenströme nicht die Server des Providers überlasten können. Diese Eigenschaft stellt einen wesentlichen Unterschied zur Festnetztelefonie dar, bei der die Gespräche durch das Telefonnetz des Providers geleitet werden müssen.
Befindet sich der Angerufene nicht im gleichen Providernetz, müssen die Server des VoIP-Anbieters in der Lage sein, die Zielrufnummer in eine Internetadresse des Angerufenen aufzulösen. VoIP-Telefonnetzbetreiber können untereinander Informationen über die Erreichbarkeit von eigenen Endkunden austauschen. Die Funktionsweise entspricht ungefähr dem IP-Routing im Internet, mit dessen Hilfe beliebige Internetadressen weltweit erreicht werden können.

- VoIP: Telefonieren über das Internet
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- Die spezielle VoIP-Vorwahl 032
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Unsere Festnetz-Ratgeber im Überblick
Auf den Ratgeberseiten von teltarif.de zum Thema Festnetz erhalten Sie einen Überblick über alle wichtigen Infos rund um die Festnetz-Telefonie. Wir informieren über die verschiedenen Anschluss-Arten und geben nützliche Tipps zum Anschluss-Wechsel. Erfahren Sie alles über die Internet-Telefonie VoIP sowie Möglichkeiten für günstige Auslandstelefonate.
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