So fordern Sie Ihr Recht als Verbraucher ein
"Recht haben und Recht bekommen sind zwei verschiedene Dinge": Es ist traurig, dass Verbraucher dies nach wie vor in Deutschland in zahlreichen Fällen so erleben. Obwohl Deutschland eine im Vergleich zu anderen Ländern recht verbraucherfreundliche Gesetzgebung hat, gibt es nach wie vor Kostenfallen und Betrügereien, sowohl bei Telekommunikationsverträgen als auch im Internet.
Für Internet-Nutzer und Kunden von Handy- und Festnetz-Verträgen stellt sich damit also die Frage: Wenn ich davon überzeugt bin, ungerecht behandelt oder finanziell übervorteilt worden zu sein: Wie komme ich dann zu meinem Recht, ohne dass dies für mich zu viel Aufwand ist und ohne dass ich möglicherweise auf den Kosten eines Rechtsstreits vor Gericht sitzen bleibe? Nicht jeder kann und möchte sich eine Rechtsschutzversicherung leisten. In diesem Ratgeber geben wir dazu einige Tipps.
Vertrags- und Tarifbedingungen nochmals ganz genau prüfen
Bevor man felsenfest davon überzeugt ist, ungerecht behandelt worden zu sein, sollte vorher nochmals die beim Vertragsabschluss per E-Mail oder Post zugesandten beziehungsweise im Geschäft ausgehändigten Tarifbestimmungen, AGB und Nutzungsbedingungen ganz genau studieren. Es kann nämlich immer vorkommen, dass man ein Detail selbst übersehen hat.
Wer sich zum Beispiel darüber wundert, dass nach dem kompletten Verbrauch des Datenvolumens plötzlich kostenpflichtig weiteres Datenvolumen nachgebucht wird, hat bei Vertragsabschluss möglicherweise einer Datenautomatik zugestimmt und eventuell vergessen, diese im Kundencenter zu deaktivieren, falls sie nicht gewünscht wird.
Taucht auf der Rechnung plötzlich eine Zusatzoption auf, die bislang kostenlos war (zum Beispiel für einen Video- oder Musik-Streaming-Dienst), hat der Kunde möglicherweise übersehen, dass diese nur für wenige Monate kostenlos war und rechtzeitig hätte gekündigt werden müssen, wenn man im Anschluss an den Gratis-Zeitraum dafür nicht bezahlen möchte. Ähnlich verhält es sich mit der Grundgebühr für einen 24-Monats-Vertrag, die ab dem 13. Monat plötzlich teurer wird, weil ein versprochener Rabatt nur für die ersten 12 Monate gewährt wurde. All das muss aber dem Kunden bereits beim Vertragsabschluss mitgeteilt worden sein.
So machen Sie Ihr Recht als Verbraucher geltend
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In diesen Fällen können und sollten Sie sofort selbst tätig werden
Aufgrund der verbraucherfreundlichen Gesetzgebung gibt es für zahlreiche Fälle, in denen der Kunde sich ungerecht behandelt fühlt, bereits eingespielte Wege, sich zu beschweren. In den nachfolgend beschriebenen Fällen ist es nicht notwendig, sofort einen Rechtsstreit vom Zaun zu brechen - in jedem einzelnen Fall sollten Sie aber umgehend tätig werden:
Falsche Rechnung erhalten: Haben Sie die Rechnung geprüft, mit den vertraglich vereinbarten Konditionen abgeglichen und kommen zu dem Schluss, dass sie falsch ist, sollten Sie der Rechnung am besten sofort schriftlich widersprechen. Mehr dazu lesen Sie in unserem Ratgeber zur richtigen Reaktion bei einer falschen Rechnung. Dass es dabei mitunter eher kontraproduktiv ist, den Betrag sofort bei der Bank zurückbuchen zu lassen und die SEPA-Lastschrift zu widerrufen, erläutern wir in unserem Ratgeber zum Widerruf der SEPA-Lastschrift.
Breitband-Anschluss langsamer als versprochen: Der DSL- oder Kabel-Provider hat Highspeed versprochen, doch der Anschluss liefert bei weitem nicht die versprochene Geschwindigkeit: Das müssen Sie sich zwar nicht gefallen lassen, manche Kunde denken allerdings, sie könnten nun sofort außerordentlich kündigen. Doch dazu müssen laut dem von der Bundesnetzagentur vorgegebenen Verfahren diverse Beweise erbracht werden. Wir erläutern in einem separaten Ratgeber das offizielle Prozedere.
Nicht bestellte Drittanbieter-Leistungen: Trotz zahlreicher Bemühungen von Politik und Verbraucherschutz gibt es immer noch unerwünschte Abo-Fallen auf Handy-Rechnungen. Wir erläutern, was eine Drittanbietersperre bringt und wie sie eingerichtet wird.
Vorübergehende oder dauerhafte Netzausfälle: Netzausfälle sind ohne Frage ärgerlich und gegebenenfalls hat der Provider damit die vertraglich zugesagte Leistung nicht erbracht. In den AGB behalten sich Provider vertraglich aber meist eine geringe Ausfallzeit pro Jahr vor. Und bei einem Mobilfunkvertrag ist es so, dass dieser für ganz Deutschland abgeschlossen wurde und nicht nur für einen bestimmten Standort. Ein außerordentliches Kündigungsrecht nur bei Ausfall an einem Standort wie beispielsweise dem eigenen Wohnort gibt es also leider nicht. Meist lassen sich Provider aber auf eine Kulanzregelung oder - falls sie Tarife in mehreren Netzen anbieten - auf einen Netzwechsel mit SIM-Karten-Tausch ein. Welche Rechte Sie bei einem Netzausfall haben und wie Sie sich am besten verhalten sollten, haben wir in einem separaten Übersichtsartikel zu Netzausfällen zusammengefasst.
Identitätsdiebstahl und falsche Daten bei der Schufa: Wenn plötzlich unbekannte Rechnungen und Inkassoschreiben ins Haus flattern oder die Polizei zur Hausdurchsuchung anrückt, ist der Schreck groß. Oft steckt ein Identitätsdiebstahl dahinter. Wir erläutern in einem umfangreichen Ratgeber, wie man sich richtig verhält. Die Schufa hat bei Verbrauchern einen schlechten Ruf - und wenn sie falsche Daten über uns speichert, kann das böse Konsequenzen haben. So reagieren Sie richtig bei einem falschen Schufa-Eintrag.
Umzug, Anschluss-Wechsel, Rufnummern-Portierung: Auch dies sind alles Vorgänge, bei denen der Staat den Providern gewisse Vorgaben macht. Doch auch Sie sollten die Spielregeln beachten, damit alles reibungslos klappt. Kündigen Sie zum Beispiel nie selbst Ihren DSL-Anschluss, sondern lassen Sie das den neuen Anbieter machen. Mehr dazu lesen Sie in unseren Ratgebern zum Wechsel des Festnetz-Anschlusses, zum Umzug sowie zur Rufnummern-Portierung.
Auszahlung von Prepaid-Guthaben: Egal, ob Sie oder der Provider die Prepaidkarte gekündigt haben: Der Provider darf das Restguthaben unter keinen Umständen behalten, sondern muss es ausbezahlen. Eine Ausnahme gibt es allerdings: Start- und Bonus-Guthaben muss nicht an den Kunden ausbezahlt werden. Alle Details dazu erfahren Sie in unserem Ratgeber zur Auszahlung von Prepaid-Guthaben.
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Viele Fälle: Bundesnetzagentur einschalten
Die Bundesnetzagentur war im Bereich der Telekommunikation lange eher als Regulierer bekannt. In den vergangenen Jahren hat sie ihre Tätigkeit im Bereich des Verbraucherschutzes aber stark ausgebaut. In diesen Fällen können Verbraucher die BNetzA direkt und kostenlos einschalten oder sich bei ihr Rat holen:
Internet und Telefon: In diesen Bereichen hilft die BNetzA, wenn es Probleme gibt bei Anbieterwechsel und Umzug, freier Routerwahl, korrekter Ausgestaltung von Produktinformationsblättern, zu langen Vertragslaufzeiten, Abofallen, unberechtigten Drittanbieterleistungen, ungerechtfertigten Anschlusssperren, Störungen der Grundversorgung, zu langsamen Internet-Anschlüssen sowie bei allen Verstößen gegen die EU-Roaming-Verordnung, die Preisdeckelung für Auslandstelefonate und die Netzneutralität.
Ärger mit Rufnummern und Anrufen: Die BNetzA schaltet sich ebenfalls ein, wenn ihr folgende Phänomene gemeldet werden: Belästigende Anrufversuche, unerlaubte Telefonwerbung, Spam per Fax und E-Mail, Ping-Anrufe und Anrufe mit Bandansagen, unverlangt zugesandte SMS, Popups mit Pseudo-Fehlermeldungen, fehlende Preistransparenz, teure Kunden-Hotlines und Warteschleifen, Router-Hacking, Manipulation von Rufnummern, Vortäuschung von Ortsnähe und Probleme durch Dialer.
Europaweit einkaufen: Für die Verbraucher setzt sich die BNetzA darüber hinaus ein, wenn ihr illegale Fälle von Geoblocking innerhalb der EU gemeldet werden. Das betrifft nicht nur den Zugang zu Leistungen, sondern auch Diskriminierungen im Zusammenhang mit dem Bezahlverfahren oder ungerechtfertigte länderspezifische AGB.
Die Bundesnetzagentur hilft in vielen Fällen
Bild: picture alliance/Fredrik von Erichsen/dpa
Datenschutz: Verstöße gegen datenschutzrechtliche Vorgaben sieht die BNetzA gar nicht gerne und sie berät Verbraucher dazu. Als Ansprechpartner dienen aber zunächst die Datenschutzbeauftragten der entsprechenden Firmen und Organisationen sowie der Länder und des Bundes.
Unsichere Produkte und Marktüberwachung: Insbesondere aus Fernost gelangen immer wieder unsichere, schädliche und nicht in Deutschland zugelassene Geräte auf den hiesigen Markt. Die BNetzA zieht regelmäßig verbotene Sendeanlagen oder spionierende Kinderspielzeuge aus dem Verkehr und informiert die Verbraucher darüber. Außerdem prüft die BNetzA, ob das Gesetz über die elektromagnetische Verträglichkeit von Betriebsmitteln (EMVG) sowie das Funkanlagen-Gesetz (FuAG) eingehalten werden und ob das CE-Kennzeichen auf dem Produkt vorhanden und korrekt ist. Die Ergebnisse sind an einer zentralen Stelle bei der Europäischen Kommission in der ICSMS-Datenbank abrufbar.
Elektronische Vertrauensdienste: Die Einführung europaweit einheitlicher elektronischer Vertrauensdienste durch die Verordnung über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt (eIDAS) bietet die Möglichkeit, schnelle, kostengünstige sowie vertrauenswürdige elektronische Transaktionen über Ländergrenzen hinweg vorzunehmen. Die BNetzA ist für die Aufstellung, Führung und Veröffentlichung der deutschen Vertrauensliste zuständig.
Schlichtungsstelle Telekommunikation: Die Verbraucherschlichtungsstelle Telekommunikation schlichtet telekommunikationsrechtliche Streitigkeiten zwischen einem Telekommunikationsanbieter und einem Teilnehmer bei einer Pflichtverletzung des Anbieters. Ein Schlichtungsverfahren kann eröffnet werden, wenn aus dem Antrag des Verbrauchers ersichtlich wird, dass der Anbieter Rechte verletzt, die dem Kunden gesetzlich zustehen.
Verbraucherzentrale und andere Verbände
Manchmal kann es in einer Auseinandersetzung so weit kommen, dass der Kunde mit seinem Anbieter in der direkten Kommunikation nicht mehr weiterkommt und auch die Bundesnetzagentur möglicherweise nicht zuständig ist. In diesem Fall stehen dem Verbraucher die Juristen der örtlichen Verbraucherzentralen mit Rat und Tat zur Seite.
Die Verbraucherzentralen sind auf Bundesländerebene organisierte Vereine, die sich mit einem staatlichen Auftrag um den Verbraucherschutz kümmern und Beratungsleistungen erbringen sowie gegebenenfalls juristischen Beistand anbieten. Sie sind als gemeinnützig anerkannt und im Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv) zusammengeschlossen. Sie dürfen Verbraucher nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz offiziell vertreten. Dabei können sie entweder einem einzelnen Verbraucher helfen oder die Interessen mehrerer Bürger in Verbands- oder Sammelklagen bündeln.
Dafür muss der Verbraucher zwar ein Entgelt bezahlen, das liegt in der Regel aber deutlich unter dem, was das direkte Engagement eines Anwalts kosten würde. Der Vorteil ist: Auch bei den Verbraucherzentralen arbeiten geschulte Juristen, die sich mit den Rechten der Verbraucher sehr gut auskennen und in vielen Fällen sofort wissen, was zu tun ist. Ansonsten finanzieren sich die Verbraucherzentralen überwiegend durch Fördermittel.
Für die Kontaktaufnahme durch den Verbraucher gibt es in der Regel zwei Wege: Er kann entweder eine Online-Beschwerde einreichen, die dann an die entsprechende örtliche Verbraucherzentrale weitergeleitet wird. Oder der Bürger kann zu den regulären Öffnungszeiten direkt zur örtlichen Verbraucherzentrale gehen, gegebenenfalls ist eine vorherige telefonische Terminabsprache sinnvoll.
Die Juristen der Verbraucherzentralen beraten kompetent vor Ort, telefonisch und online
Foto: Picture Alliance / dpa
Weitere Organisationen für den Verbraucherschutz
Außer den Verbraucherzentralen gibt es weitere Organisationen, die sich um den Verbraucherschutz kümmern, und bei denen sich Telekommunikations- und Internet-Kunden gegebenenfalls Rat holen und Beschwerden einreichen können:
Deutscher Verbraucherschutzverein e.V.: Der Deutsche Verbraucherschutzverein bietet als eingetragener Verein kostenlos eine allgemeine Online-Verbraucherberatung durch Rechtsanwälte an, auch zu den Themenbereichen Telekommunikation und Internet, gegebenenfalls nach Voranmeldung auch in der einzigen Geschäftsstelle in Potsdam. Eine Rechtsberatung im Sinne des Rechtsdienstleistungsgesetzes gibt es laut der Satzung allerdings nur für Vereinsmitlieder.
Europäisches Verbraucherzentrum (EVZ/ZEV): Im Gegensatz zu den Verbraucherzentralen handelt es sich bei den Büros des Europäischen Verbraucherzentrums nicht um eine freie Organisation, sondern um eine offizielle Institution der EU-Kommission. Das EVZ nimmt auch direkt Beschwerden von Verbrauchern an, insbesondere bei allen Verstößen gegen die EU-Binnenmarkt-Richtlinien. Das Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz in Kehl nimmt ebenfalls Online-Beschwerden an.
Europäischer Verbraucherverband (BEUC): Der Europäische Verbraucherverband ist ein Zusammenschluss europäischer Verbraucherschutzorganisationen, der sich für Verbraucherrechte, vor allem auch im digitalen Bereich einsetzt. Bevor man sich direkt an den BEUC wendet, ist es allerdings sinnvoller, mit seinen deutschen Mitgliedsorganisationen vzbv/Verbraucherzentralen und Stiftung Warentest Kontakt aufzunehmen.
Stiftung Warentest: Die Stiftung Warentest ist den meisten Verbrauchern zwar eher durch ihre (allerdings kostenpflichtigen) Testberichte mit Benotungen von Produkten und Dienstleistungen bekannt. Die Redakteure der gemeinnützigen Stiftung nehmen aber immer auch gerne Anregungen von Bürgern auf, die Probleme mit Firmen und Organisationen haben. Gegebenenfalls konfrontieren die Redakteure das Unternehmen mit dem Problem, weisen auf ungesetzliches Verhalten hin und fordern eine Behebung. Spätestens die öffentlichkeitswirksamen Berichte der Stiftung Warentest bewirken in vielen Fällen ein Einlenken der Unternehmen. Eine individuelle Verbraucherberatung bietet die Stiftung Warentest aber explizit nicht an.
Wichtig zu wissen ist übrigens: Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und vergleichbare Landesministerien beschäftigen sich in erster Linie mit Fragen der Gesetzgebung. Sie bereiten neue Gesetze und Verordnungen vor und entwerfen Änderungen bestehender Gesetze und Verordnungen. Die Ministerien für Justiz und Verbraucherschutz können hingegen keine Rechtsberatung in konkreten Einzelfällen leisten.
Amtsgericht, Rechtsschutzversicherung, Anwalt, teltarif hilft & Fazit
Recht wenig bekannt ist in Deutschland, dass man sich als Verbraucher unter gewissen Voraussetzungen an das örtliche Amtsgericht wenden und dort kostengünstig eine außergerichtliche Beratung und gegebenenfalls auch eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt in Anspruch nehmen kann. Laut dem Beratungshilfegesetz kann Hilfe für die Wahrnehmung von Rechten außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens und im obligatorischen Güteverfahren auf Antrag gewährt werden, wenn der Rechtsuchende die erforderlichen Mittel nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht aufbringen kann, nicht andere Möglichkeiten für eine Hilfe zur Verfügung stehen, deren Inanspruchnahme dem Rechtsuchenden zuzumuten ist, und die Inanspruchnahme der Beratungshilfe nicht mutwillig erscheint.
Bei der Beratungshilfe durch die Amtsgerichte handelt es sich also um eine Sozialleistung, die gewährt wird, wenn dem Rechtsuchenden auch Prozesskostenhilfe zusteht. Dafür muss meist eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abgegeben werden. Die Beratungshilfe kann auch durch das Amtsgericht gewährt werden, soweit dem Anliegen durch eine sofortige Auskunft, einen Hinweis auf andere Möglichkeiten für Hilfe oder die Aufnahme eines Antrags oder einer Erklärung entsprochen werden kann. In allen anderen Fällen wird sie durch Rechtsanwälte und durch Rechtsbeistände, die Mitglied einer Rechtsanwaltskammer sind, gewährt.
Die Beratungshilfe wird in allen Bundesländern außer Hamburg und Bremen angeboten, in den beiden Stadtstaaten gibt es stattdessen eine öffentliche Rechtsberatung. Berlin ist das einzige Bundesland, in dem es beides gibt und der Rechtsuchende die Wahl zwischen der Inanspruchnahme öffentlicher Rechtsberatung und Beratungshilfe hat. Für den Verbraucher fällt meist eine einmalige Gebühr von 15 Euro an, alle anderen Kosten eines Anwalts trägt die Staatskasse auf der Basis festgelegter Pauschalen.
Rechtsschutzversicherung: Weiteres Vorgehen abstimmen
Haben alle außergerichtlichen Versuche nicht zum Erfolg geführt, sollten Sie - insbesondere bei schwerwiegenden Fällen - über das Einschalten eines Rechtsanwalts nachdenken. Sind Sie Kunde einer Rechtsschutzversicherung, müssen Sie sich aber vorher unbedingt mit der Versicherungsgesellschaft über das weitere Vorgehen abstimmen.
Denn bei vielen Rechtsschutzversicherungen ist es inzwischen ein Teil der Versicherungsbestimmungen, dass Sie als Kunde nicht einfach nach Belieben Anwälte engagieren können und dabei denken "die Versicherung wird hinterher dafür ja schon bezahlen". Die meisten Versicherungsgesellschaften verlangen inzwischen, dass Sie sich zuerst bei der Versicherung melden und über den Fall berichten.
Gegebenenfalls bietet Ihnen die Versicherung dann zunächst eine Erstberatung an oder verweist Sie an einen kompetenten Anwalt, mit dem sie in derartigen Fällen bereits zusammengearbeitet hat. Einen eigenen Anwalt sollten Sie erst dann engagieren, wenn Ihnen die Rechtsschutzversicherung schriftlich die Zusage dafür gegeben hat, dass sie alle im Verfahren auftretenden Kosten sicher übernimmt. Halten Sie sich nicht daran, müssen Sie damit rechnen, dass die Versicherung die Kostenübernahme ablehnt und Sie trotz Rechtsschutzversicherung selbst für die Kosten aufkommen müssen.
Zahlreiche Anwälte sind heutzutage auf TK- und Online-Recht spezialisiert
Bild: Rynio-Productions - fotolia.com
Kompetenten Fachanwalt selbst einschalten
Haben Sie sich dazu entschlossen, selbst einen Anwalt einzuschalten, um Ihr Recht geltend zu machen und hat die Rechtsschutzversicherung gegebenenfalls eine Kostenübernahme auch für einen von Ihnen selbst gewählten Anwalt zugesagt, geht es als nächstes darum, einen kompetenten Anwalt zu finden.
Als erste Anlaufstelle empfiehlt sich dazu die Anwaltauskunft des Deutschen Anwaltvereins, in der alle in Rechtsanwaltskammern organisierten Anwälte aufgeführt sind. Suchen Sie sich am besten einen Anwalt, der genau in diesem Bereich (Online-Recht, Verbraucher-Recht, Vertrags-Recht usw.) bereits einschlägige Erfahrung hat. Lassen Sie sich gegebenenfalls vorab darüber informieren, in welchen Fällen, die Ihrem Fall ähneln, der Anwalt bereits einen positiven Ausgang erreichen konnte.
Vor einer kostenpflichtigen Vertretung bieten manche Anwälte auch eine kostenfreie Erstberatung an (online oder per Telefon). Davon können und sollten Sie Gebrauch machen, wenn Sie nicht ganz sicher sind, ob die Sache vor Gericht wirklich Erfolg verspricht. Seriöse Anwälte, die nicht nur Geld verdienen, sondern wirklich helfen wollen, raten mitunter auch von einer Klage ab, wenn die zu erwartenden Kosten den entsprechenden Streitwert um ein Vielfaches übersteigen. Lassen Sie sich vom Anwalt auf jeden Fall immer vorab über die genauen Kosten informieren, dann drohen anschließend keine bösen Überraschungen.
Fazit und "teltarif hilft"
Verbraucher in Deutschland profitieren davon, dass die Gesetzgebung hierzulande in vielen Fällen die Rechte des Verbrauchers stärkt. Trotz allem gibt es regelmäßig Fälle, in denen Bürger mit ihrer Beschwerde zwar recht haben, aber nicht Recht bekommen. Mit der Bundesnetzagentur und den Verbraucherzentralen stehen kompetente Ansprechpartner für zahlreiche Probleme mit Anbietern im Bereich von Telekommunikation und Internet zur Verfügung. Der Rechtsweg kann unter Umständen langwierig, ärgerlich und teuer sein - hier kann eine Rechtsschutzversicherung zumindest bei den Kosten einspringen.
Unsere Themen-Reihe teltarif hilft stellt übrigens in unregelmäßigen Abständen reale Fälle vor, die sich tatsächlich so ereignet haben. teltarif.de versucht dabei, in Abstimmung mit den Anbietern und Herstellern auch komplizierte Fälle für private Verbraucher außergerichtlich zu lösen. Auch wenn wir uns leider nicht jedes einzelnen Falls annehmen können, möchten wir unseren Lesern mit den Berichten in dieser Serie helfen, Fallstricke in der Telekommunikation zu erkennen und zu vermeiden. Eine qualifizierte Rechtsberatung oder gar juristische Vertretung vor Gericht kann und darf teltarif.de hingegen nicht anbieten.
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