teltarif hilft: Telekom-Glasfaser hat über ein Jahr Verspätung
1,5 Jahre vom Glasfaser-Auftrag bis zur Schaltung
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Von "kleinen Klitschen" spricht man möglicherweise manchmal etwas abfällig, wenn neue, kleine Glasfaser-Netzbetreiber sich aufmachen, ihre Region mit Glasfaser zu versorgen, und dann aufgrund der mangelnden Erfahrung Rückschläge einstecken müssen. Leider sind es dann oft die Kunden, die das ausbaden dürfen - möglicherweise gibt es dann Firmen-Übernahmen oder gar Unternehmens-Insolvenzen.
Doch vor Problemen beim Glasfaserausbau, die zu langen Verzögerungen führen, sind auch die großen Platzhirsche nicht gefeit. teltarif.de musste in den vergangenen Monaten einem Telekom-Kunden bei einer beinahe unendlichen Geschichte helfen.
DSL zu früh gekündigt - keine Glasfaser
Bereits Mitte Oktober 2022 schrieb uns der teltarif.de-Leser erstmals:
Bei der Telekom habe ich seit über einem Jahr einen Glasfaseranschluss beauftragt. Zuerst hieß es, "der Glasfaser-Ausbau erfolgt voraussichtlich im Zeitraum vom 27.09.2021 bis zum 31.03.2022". Danach folgte "sollten Sie noch keinen Termin vereinbart haben, senden wir Ihnen spätestens bis zum 30.09.2022 eine E-Mail mit einem Terminvorschlag." Und als ich letzte Woche Freitag bei der technischen Kundenhotline der Telekom wieder einmal nach dem Stand fragen wollte, meinte Servicetechniker [...] (den ich bereits mehrmals über das Jahr hinweg am Telefon hatte), dass er den Auftrag gar nicht mehr finden könne und mich am Montag nach Rücksprache mit dem Tiefbau zurückruft. Dies ist leider nicht geschehen.Meinen DSL-Anschluss mit Tarif bei der Telekom hatte ich zum 03.12.2021 gekündigt in der Erwartung des Glasfasertarifs. Seither habe ich über mobile Daten bei o2 meinen Zugang zum Internet realisiert. Das Problem dahinter ist: Hätte ich woanders DSL beauftragt und die Telekom hätte Glasfaser vorangebracht, dann hätte ich zwei Verträge am Hals gehabt. In Zeiten von Homeoffice ist die schmale 4G-Randgebietsverbindung auch nur wenig professionell.

Bild: picture alliance/dpa In einer ersten Reaktion wiesen wir den Leser seinerzeit darauf hin, dass die Kündigung des DSL-Tarifs bei der Telekom sicher nicht notwendig war, denn wenn ein Glasfaseranschluss fertiggestellt wird, hätte die Telekom hier sicherlich einen nahtlosen Übergang ohne Doppelberechnung erlaubt, auch innerhalb laufender Vertragslaufzeiten.
Gleichzeitig zeigten wir dem Leser anhand unserer regelmäßig aktualisierten Ratgeberseite zu DSL-Aktionstarifen auf, dass es auch zahlreiche DSL-Tarife gibt, die mit der Frist von einem Monat kündbar sind. Damit würde er innerhalb eines Monats aus dem Vertrag kommen und müsste nicht teures mobiles Datenvolumen verwenden.
Leser ist nicht Hauseigentümer
Selbstverständlich boten wir dem Leser aber auch unsere Hilfe an. Der Leser übersandte uns dann noch weitere Details zur Situation vor Ort. Das Haus im Landkreis Böblingen hat insgesamt drei Eingänge. Eingang 1/0 und 1/1 hätten jeweils ein Glasfaser-Leerrohr im Wäschehaus liegen, Eingang 1/2 habe bereits seit etwa Ostern 2022 Glasfaser-Internet lauffähig. Anfangs habe es drei Termine zum Anschauen des Hauseingangs gebraucht.
Einmal habe der Servicetechniker eine Dame aus dem Haus zur Besichtigung aufgrund von Corona-Quarantäne nicht aufgesucht. Beim zweiten Versuch habe der Servicetechniker unseren Leser angeblich nicht angetroffen, obwohl der Leser extra eine Stunde auf den Techniker gewartet habe. Beim dritten Versuch hatte der Leser die Dame und sich selbst als Kontakt angegeben, dann habe die Begehung stattgefunden. Nach unserer Weiterleitung des Falls an die Telekom dauerte es zwei Tage, bis uns die Telekom schrieb:
Unsere internen Recherchen haben folgendes ergeben. Herr [...] ist kein Eigentümer. Deshalb muss sich Herr [...] an seinen Vermieter wenden. Dieser muss den Auftrag für den Gigabit-Anschluss bei uns stellen respektive diesem in schriftlicher Form zustimmen. Da dies noch nicht erfolgt ist, können/dürfen wir leider nicht tätig werden. Unser Kundenservice hat versucht, Herrn [...] telefonisch zu erreichen. Leider erfolglos. Herr [...] wurde stattdessen per Mail über den status quo informiert. Sein Nachbar, der den Gigabit-Anschluss bereits nutzen kann, ist entweder der Eigentümer oder hat einen Eigentümer, der dem Auftrag bereits zugestimmt hat.
Chaos um die Besichtigungen vor Ort
Mitte November erfuhren wir dann erneut vom Leser, wie es um die Sache stand. Als Reaktion auf die letzte Mail des Lesers habe die Telekom die Bestätigung bezüglich der Eigentumsverhältnisse übersandt. Der Telekom lag allerdings der gebuchte Anschluss nicht mehr vor. Der Leser antwortete mit der alten Bestellbestätigung der Telekom, verbunden mit der Frage, ob er jetzt nochmals den Tarif beauftragen solle.
Im Urlaub des Lesers sei die Anfrage nach einer Begehung durch die Fiber Industries GmbH gekommen, allerdings erst zwei Tage vor dem betreffenden Termin. Diese Begehung musste der Leser absagen, da er im Urlaub war. Ein Ersatztermin wurde ihm zunächst nicht mitgeteilt.
Die Begehung habe aber dennoch bei einer anderen Familie im Haus stattgefunden, die für ihre Wohnung auch Glasfaser beauftragt hatte. Die Familie teilte unserem Leser mit, dass ein Mitarbeiter der Firma zum Termin erschienen sei, aber kein Messgerät dabei hatte und unverrichteter Dinge wieder abgezogen ist. Anscheinend fand eine Sichtung auch nur im Haus statt, nicht in den Wohnungen, wie es von der Fiber Industries GmbH zuvor mitgeteilt worden war. Eine dritte Familie im Haus, die ebenfalls Glasfaser beauftragt hatte, wusste anscheinend gar nichts von der Begehung. Diese ganzen Vorfälle leiteten wir erneut an unseren Ansprechpartner bei der Telekom weiter.
Schaltung erst im Mai 2023
Erst Ende Mai 2023 hörten wir wieder etwas von unseren Bemühungen in dem Fall. "Es ist vollbracht", schrieb der Leser und teilte mit, seit dem 1. März sei das Glasfaserkabel durchs Haus verlegt. Der Termin hierfür sei am 28.02.23 vergeben und auch eingehalten worden. Am gleichen Tag erhielt er auch das Glasfasermodem, jedoch ohne Tarif. Zuvor habe es noch etwas Hin- und Her gegeben mit der Terminabstimmung und Verlegungsgenehmigung.
Während eines Urlaubs des Lesers zwischen dem 7. und 16. März sei ein Schreiben der Telekom gekommen mit dem Hinweis, dass es mit dem Tarifwechsel schwierig werde. Das Modem habe er aber behalten und entsprechend bezahlt.
Am 27.04. habe er aufgrund des Neuauftrages einen höherwertigen Tarif bestellt mit Schaltung zum 22.05., welcher laut SMS auch überpünktlich am Morgen des 20. Mai geschaltet worden ist. Am 22. Mai schloss der Leser dann die Einrichtung ab und seither funktioniere der Anschluss tadellos. Die Telekom lasse sich ihre Überpünktlichkeit auch direkt ab dem 20. Mai anstatt des beantragten 22. Mai vergüten. Am 22.05. sei nach der Einrichtung dann die finale Bestätigung der Telekom über den Abschluss des Auftrages gekommen.
"Zuletzt ist noch die erste Rechnung interessant. Aber hier würde ich mich nur melden, wenn es Unstimmigkeiten gibt", schloss der Leser seinen Bericht ab.
Es klingelt an der Haustür, ein Vertreter bietet superschnelle Glasfaser an, man kann sofort unterschreiben: Davor warnt die Verbraucherzentrale Hamburg, nachdem es zahlreiche Beschwerden gegeben hatte.