Zu teuer: Telefonzellenschwund geht weiter
Gelbe Telefonhäuschen zu teuer.
Bild:dpa
Zielstrebig steuert Patrick Zeller auf eine
der Telefonzellen am Münchener Hauptbahnhof zu. Sein Handy-Akku ist
leer und der Student muss dringend telefonieren. Eilig wirft er ein
paar Münzen in den Apparat und greift nach dem Hörer. Der junge Mann
hat Glück. Denn selbstverständlich ist das heute nicht mehr, dass er
auf Anhieb eine Telefonzelle findet und dass die dann auch noch mit
Münzen bedient werden kann. Allein seit 2008 sind in ganz Deutschland
15 000 Telefonhäuschen abgebaut worden - und viele der neueren
öffentlichen Telefone funktionieren nur noch mit Telefon- oder
Geldkarten.
Gelbe Telefonhäuschen zu teuer.
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Für das Jahr 2010 zählt der Bundesverband für
Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien 111 Millionen
Mobilfunkanschlüsse, die die ortsgebundenen Fernsprecher an
vielen Stellen unrentabel machen. "Eine Telefonzelle kostet pro Monat
etwa 100 Euro im Unterhalt", sagt Udo Harbers, Sprecher der Telekom
für die Region Süd. "Wenn wir sehen, dass der Umsatz einer
Telefonzelle unter zehn Euro sinkt, prüfen wir, ob wir diese
Telefonzelle abbauen können."
Grundversorgung im Bereich öffentliche Telefonie muss gewährleistet bleiben
Tatsächlich abgebaut werden darf die Telefonzelle nur, wenn die betroffene Stadt oder Kommune zustimmt, denn die "Grundversorgung im Bereich öffentliche Telefonie" muss gewährleistet bleiben - so die Regelung. Außerdem muss die Bundesnetzagentur informiert werden. Diese Vorgehensweise geht auf einen Beschluss des Arbeitskreises für Öffentliche Telefonie (ÖTel) zurück, der sich aus Mitgliedern der kommunalen Spitzenverbände, des Verbraucherschutzes, der Bundesnetzagentur und der Telekom zusammensetzt.
Lehnt die Kommune den Abbau des Fernsprechers ab, wird die Telefonzelle durch ein sogenanntes Basistelefon - also eine einfache Telefonsäule - ersetzt. "Das Basistelefon ist kostengünstiger im Unterhalt, es braucht keine Stromversorgung, ist nicht in einer Zelle untergebracht und hat keine Verkleidung", erklärt Harbers. Der Nachteil ist allerdings, dass der Benutzer ohne Zelle und Verkleidung auch nicht vor Wind und Wetter geschützt ist. Außerdem kann das Basistelefon nur mit Telefon- und Geldkarten bedient werden, denn Münzautomaten funktionieren nur mit Strom.
Insgesamt wurde schon ein Fünftel der 80 000 Telefonzellen in Deutschland durch Basistelefone ersetzt. "Der Rückbauprozess hat im vergangenen Jahr ohne größere Probleme funktioniert. Wir beobachten das weiterhin intensiv", sagt René Henn, ein Sprecher der Bundesnetzagentur.
Telefonzellen geben bereits Auskunft über den Fahrplan
Ins Uferlose könne der Abbau aber nicht weitergehen, so der deutsche Städtetag. "Ende des Jahres trifft sich die Arbeitsgruppe ÖTel wieder." Wir sind bestrebt, eine politische Entscheidung zu erwirken", sagt Peter te Reh, IT-Referent des deutschen Städtetages. "Ein gewisser Grundbestand muss bei allem wirtschaftlichen Verständnis beibehalten werden. Wenn das vom Unternehmen nicht zu leisten ist, muss es eben der Staat garantieren."
Udo Harbers sieht die Zukunft der Fernsprecher dagegen nicht gefährdet: "Es gibt Orte, wo die Telefonzellen hervorragend funktionieren. Zum Beispiel an Verkehrsknotenpunkten wie Bahn- und Flughäfen. Dort sind wir sogar so weit, dass die Telefone auch noch weitere Funktionen erfüllen können." In Bayern geben seit Oktober zum Beispiel rund 100 Telefonzellen Auskunft über den Fahrplan öffentlicher Verkehrsmittel. Keine Zukunft gibt es allerdings für die traditionellen gelben Telefonhäuschen. Die meisten wurden schon durch die modernen grau-rosa Telefone ersetzt. Nur 13 000 der alten Häuschen gibt es noch und auch sie sollen laut Telekom "kontinuierlich durch die modernen Säulen ersetzt werden."
Patrick Zeller stört es nicht, dass immer mehr Telefonzellen verschwinden. "Es reicht völlig, wenn es an Bahnhöfen oder Flughäfen noch Telefonzellen gibt", sagt der Student. "Ich selber benutze normal nie eine, ich habe mein Handy."