ViacomCBS: Fusion wird zum Milliardengrab
Shari Redstone hatte es geschafft. Die Tochter des im vergangenen Jahr verstorbenen Medienmoguls Sumner Redstone wollte das Imperium ihres Vaters neu ordnen und die beiden Marken Viacom und CBS zu einem gemeinsamen Konzern verschmelzen, welcher es mit Comcast, Disney und Warner aufnehmen sollte. Das zersplitterte Konglomerat unter dem Dach von National Amusements umfasste bis dato separate Beteiligungen an beiden Unternehmen, darunter mit MTV und Paramount Pictures einige der weltweit bekanntesten Medienmarken überhaupt.
ViacomCBS-Chefin Shari Redstone hat den Medienkonzern neu ausgerichtet
Foto: Mike Cohen/NYT
Ganz einfach war dieses Vorhaben jedoch nie, denn das rein auf den US-Markt ausgerichtete Fernsehnetzwerk CBS passte nie wirklich gut zur schon immer international fokussierten Viacom. Mittlerweile wird dies allerdings auch in der Bilanz deutlich. Problematisch ist diese Entwicklung auf jeden Fall, denn sie macht ViacomCBS mittelfristig zu einem Übernahmekandidaten in der US-Medienbranche, welche sich zunehmend konsolidiert.
Marktkapitalisierung sinkt
Dass die Fusion nicht zum gewünschten Ziel eines schlagkräftigeren Medienkonzerns führt, sieht man bereits bei einem Blick auf die nackten Zahlen. Als Viacom und CBS noch eigenständig waren, erreichten beide Unternehmen eine Marktkapitalisierung von 13 bzw. 20 Milliarden US-Dollar. Beide Medienkonzerne zusammen kommen jedoch nur noch auf 26 Milliarden US-Dollar. Bedeutet im Klartext: ViacomCBS hat durch den Zusammenschluss sieben Milliarden US-Dollar an Marktwert verloren.
Auf der anderen Seite stehen steigende Kosten für Blockbuster und Serienproduktionen, um mit den neuen Medien-Giganten Warner Bros. Discovery, Disney sowie Amazon (inklusive MGM Studios) mithalten zu können. Das alleine zu stemmen scheint geradezu unmöglich, weshalb Shari Redstone schon von sich aus nach weiteren Optionen sucht. Diese scheint sie nun zumindest auf dem europäischen Markt in einer Kooperation mit Comcast gefunden zu haben.
Kommt es zur Übernahme?
Problematisch ist die sinkende Marktkapitalisierung für ViacomCBS allerdings nicht nur auf der Ausgabenseite. Vielmehr wird der Medienkonzern selbst hierdurch zu einem attraktiven Übernahmeziel. Naheliegend wäre hier Comcast, denn die Kataloge beider Medienkonzerne würden sich in vielen Bereichen ergänzen. Kartellrechtliche Probleme sind jedoch vorprogrammiert, denn mit Paramount Pictures und Universal Pictures befänden sich dann schließlich zwei Major Studios unter einem Dach, die entsprechenden Druck auf Kinobetreiber ausüben könnten.
Die Regierung von US-Präsident Biden steht weiteren Konsolidierungen in der US-Medienbranche wie auch Fusionen großer Konzerne insgesamt sehr kritisch gegenüber. Für die Unternehmen selbst ist das ein großes Dilemma. Wenn sich innerhalb der USA keine passenden Fusions- oder Akquisitionspartner finden, käme nur noch eine Übernahme aus dem Ausland infrage. Vor allem chinesische Konzerne wie Tencent oder die Wanda Group sind hier aktiv, doch aufgrund politischer Spannungen zwischen China und den USA gilt auch diese Option als nahezu ausgeschlossen.
Bleibt noch Netflix
Lachender Dritter könnte am Ende noch Netflix werden. Als einzig relevanter Studio-unabhängiger Streaming-Dienst würde sich hier für das Unternehmen aus Los Gatos eine geradezu einmalige Chance für deutliches Wachstum ergeben. Vor allem aber könnte der Streamer seinen Katalog erheblich aufstocken und das wäre auch dringend nötig. Der Marktführer Netflix gehörte bislang zu den großen Verlieren der "Streaming Wars", denn sie stehen vor einem doppelten Problem.
Einerseits ist die Marktkapitalisierung von Netflix mittlerweile so hoch, dass die Übernahme des Streamers durch einen Studiokonkurrenten als nahezu ausgeschlossen gilt. Selbst für Apple schien der Verkaufspreis von Netflix uninteressant. Auf der anderen Seite bot sich für Netflix selbst bis auf MGM kein Übernahmeziel, letztendlich bekam Amazon den Zuschlag. Mit dem aktuellen Marktwert von ViacomCBS dürfte Netflix aber nun wieder im Rennen sein.
Erst kürzlich hatte sich ViacomCBS neu strukturiert, um für den Streaming-Wettbewerb besser gerüstet zu sein.