US-Streaming: Hulu überholt Disney+
Die Zahlen sind überraschend und dürften Disney-Chef Bob Chapek freuen: Hulu erreicht laut aktuellen Zahlen 45,6 Millionen aktive Abonnenten. Disney betreibt den Streaming-Dienst für ein erwachsenes Publikum in den USA parallel zur Kernmarke Disney+, dort erreicht man jedoch lediglich 44,4 Millionen aktive Abonnenten. Mit anderen Worten: Hulu ist in den USA außerordentlich erfolgreich, womit eine Einstellung wohl äußerst unklug wäre. Vielmehr dürfte sich nun die Frage stellen, ob man die erfolgreiche Marke auch außerhalb der USA positioniert.
Serien von ABC
Das Hulu-Original "Nine Perfect Strangers" mit Nicole Kidman läuft außerhalb der USA bei Amazon
Foto: Hulu/Amazon
Hulu zeigt vor allem weniger familienfreundliche Drama-Serien sowie Action- und Suspense. Derartige Formate passen nicht besonders gut zu Disney+. US-Zuschauer können den Dienst außerdem im Bundle mit Disney+ sowie dem Sportstreamer ESPN+ kombinieren. In Deutschland hingegen sind entsprechende Hulu-Inhalte bei Disney+ im Bereich "Star" verfügbar.
Interessant wäre ein Start von Hulu in Europa aber wohl noch aus anderen Gründen: So existiert der Dienst in den USA bereits in einer werbeunterstützten Variante zum Preis von 6,99 US-Dollar. Das ist zwar nicht unbedingt ein Schnäppchen, dafür gibt es jedoch vergleichsweise viel attraktiven Content. Zudem beschädigt Disney mit Werbung bei Hulu nicht seine Kernmarke.
HBO Max geht einen anderen Weg
Die hohe Abonnentenzahl bei Hulu ist vor allem auch ungewöhnlich, weil aktuelle Marktanalysen eher den Eindruck erwecken, dass Abonnenten aufgrund von Inflation und wirtschaftlichen Unsicherheiten zu vollständig werbefinanzierten Streaming-Diensten umsteigen. Last but not least kommt die zunehmende Fragmentierung unter SVoD-Services bei Zuschauern nicht besonders gut an, so hatte Warner erst kürzlich seinen Nachrichten-Streamer CNN+ eingestellt und will nun HBO Max sowie Discovery+ auf eine gemeinsame Plattform zusammenlegen.
Disney+-Abonnenten in Deutschland wären aber vermutlich wenig erfreut, wenn sie künftig für ihre liebgewonnenen "Star"-Inhalte einen weiteren Dienst abonnieren müssten. Beim mittlerweile scharfen Wettbewerb in Deutschland würde sich Disney mit einem derartigen Plan vermutlich keinen Gefallen tun. Dass sich im Bereich Werbefinanzierung hingegen auch im Mickey Mouse-Konzern etwas tun muss, ist allerdings unstreitig.
Konkurrenzdruck steigt
Das liegt vor allem an Netflix und Amazon. Beide Unternehmen zählen auf globaler Ebene zu den wichtigsten Mitbewerbern von Disney+ und setzen ebenfalls auf Werbefinanzierung. Während der Branchenführer aus Los Gatos gemeinsam mit Microsoft ein günstigeres Ad-supported Modell anbieten will, bringt Amazon mit Freevee sogar einen vollständig neuen AVoD-Dienst auf den deutschen Markt. Dieser soll hierzulande voraussichtlich noch in diesem Jahr starten.
Ein europäischer Launch von Hulu erscheint in der Gesamtschau zumindest aktuell eher wenig sinnvoll. Aber auch zusätzliche Werbung bei Disney+ birgt durchaus Risiken. So könnten zahlende Abonnenten in das günstigere Preismodell abspringen. Ein Kompromiss könnte hier sein, im Werbemodell auf aktuelle Kinoblockbuster zu verzichten. Damit bliebe der Anreiz am Ende doch größer, für Disney+ tiefer in die Tasche zu greifen.