Das Fernsehkabel - heimlicher Star der Internet-Branche
Beim Kabelnetzbetreiber Tele Columbus in Potsdam
Bild: dpa
Glasfaser, VDSL, LTE - Schlagworte rund um die
schnelle Datenautobahn gibt es genug. In die neuen Breitband-Technologien
setzen Anbieter, Regierungen und auch die Kunden große Hoffnungen -
schnelleres Internet für die vernetzte Wirtschaft ist das Ziel. Ein
bisschen in Vergessenheit gerät in der Öffentlichkeit oft der
heimliche Star der Branche: Das gute alte Fernsehkabel.
Beim Kabelnetzbetreiber Tele Columbus in Potsdam
Bild: dpa
Dabei ist um
die Kabelnetze längst weltweit eine milliardenschwere
Übernahmeschlacht entbrannt - in der Hoffnung auf das Geschäft der
Zukunft.
Getrieben wird der Hunger auf die Netze vor allem vom Fernsehen per Internet: Immer mehr Menschen schauen Filme und Serien über Streamingdienste. Dafür braucht es hohe Geschwindigkeiten. Kabelnetze haben die überlegene Technik im Vergleich mit Kupferkabeln - und Glasfaser neu zu verlegen, ist teuer.
Die Umsätze wachsen im Kabel nach Einschätzung der Ratingagentur Standard & Poor's deutlich schneller als bei Telekomkonzernen. Wer hier jetzt Kunden gewinnt, kann später das Geschäft machen. Und so sorgt der Trend zum Komplettanbieter laut S&P weiter für einen Run auf die Kabelkonzerne.
Telekom-Konzerne im Kabel-Kaufrausch
Dabei ist schon viel passiert: Der britische Branchenriese Vodafone etwa griff hierzulande bei Kabel Deutschland - aber in Spanien bei auch beim Kabelnetzbetreiber Ono zu, für zusammen rund 15 Milliarden Euro. Der Konkurrent Liberty Global kaufte in Großbritannien und den Niederlanden für eine noch größere Summe ein. Die spanische Telefónica wiederum kommt nach der Übernahme von GVT (Global Village Telecom, eine Breitbandtochter von Vivendi) in Brasilien jetzt auf mehr als 100 Millionen Kunden. Mit einer Offerte von 7,45 Milliarden Euro setzten sich die Spanier sich gegen Carlos Slims América Móvil durch.
Am meisten Geld fließt aber auf dem US-Markt. Dort liefern sich der französisch-israelische Kabel-Unternehmer Patrick Drahi und der US-Medienmogul John Malone so etwas wie ein Wildwest-Duell. Drahi zog dabei jüngst beim inklusive Schulden 80 Milliarden Dollar schweren Poker um Time Warner Cable (TWC) gegen Malone noch den Kürzeren.
Drahi lässt aber nicht locker, eifert dem Kabelveteranen nach. "John Malone ist mein Vorbild", sagte er im Mai. Der hatte auch klein angefangen, mit ähnlicher Strategie. Für die Mehrheit an der regionalen Kabelfirma Suddenlink und dem Kauf der größeren Cablevision legte Drahi dann zusammen einen zweistelligen Milliardenbetrag auf den Tisch. Quasi aus dem Nichts steigt er damit nach Kunden zur Nummer vier in den USA auf.
Kabelkonzerne sind teurer als Mobilfunker
Für die Kabelnetze wird also gut gezahlt. Im Geschäft mit Übernahmen und Fusionen wird der Preis für Unternehmen meist im Verhältnis zum operativen Gewinn gerechnet: Kabeldeals erzielen laut den Experten von S&P rund das Zehnfache des Ergebnisses vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) - Mobilfunker nur rund das sechs- bis siebenfache. Die Kehrseite: Kabelfirmen sind meist hoch verschuldet.
Beispiel die Kabelholding Altice von Drahi: Sie schiebt Verbindlichkeiten vor sich her, die in Europa mehr als vier mal so groß wie der operative Gewinn sind, in den USA gar siebenmal. Zum Vergleich: Die Deutsche Telekom liegt nach Berechnungen von S&P derzeit etwas über dem Dreifachen. Im Gegenzug ist Drahi dafür bekannt, in den zugekauften Firmen die Kosten schnell zu drücken.
Nicht alle sind so wagemutig. Zuletzt scheiterte ein in Europa ein Mega-Deal zwischen den Riesenkonzernen Vodafone und Liberty Global. Den Briten fehlte zum Schluss wohl der Mut, sich einen großen Klotz Schulden ans Bein zu binden. Drahi kennt solche Skrupel bislang nicht. Und die Kapitalgeber rennen ihm dank niedriger Zinsen die Bude ein, wenn er ruft.
Und Drahi hat noch nicht genug. Altice will in den USA künftig die Hälfte des Umsatzes machen, aktuell sind es rund 30 Prozent. Auf die Frage, welchen Kabelanbieter er als nächstes kaufen wolle, sagte der ansonsten öffentlichkeitsscheue Drahi auf einer Investorenkonferenz in New York: "Am liebsten alle."
Auch die Telekom setzt aufs TV-Kabel
Auch die Telekom arbeitet intensiv mit Wohnungsgesellschaften zusammen, um deren Kunden für ihr vergleichsweise neues TV-Kabelprodukt zu gewinnen. In Planung ist jetzt auch ein Tarif mit bis zu 200 MBit/s im Downstream - solche Geschwindigkeiten bietet die Telekom bisher nur für Glasfaser-Anschlüsse an. Derzeit liegt die Maximalgeschwindigkeit für die Kabel-Produkte der Telekom bei 100 MBit/s. Weitere Informationen zu diesen Angeboten finden Sie in einer weiteren Meldung.