UKW-RDS-Empfänger ohne DAB+ weiter im Handel - erlaubt?
Mikro-Anlage mit UKW-RDS, aber ohne DAB+ bei real
Foto: real-Prospekt, Screenshot: Michael Fuhr
Seit dem 21. Dezember 2020 dürfen in der EU keine reinen UKW-Radios mehr verkauft werden, die den Sendernamen anzeigen können, also die sogenannte RDS-Funktion integriert haben. Wörtlich heißt es im Telekommunikationsgesetz (TKG): "Jedes für Verbraucher bestimmte, erstmalig zum Verkauf, zur Miete oder anderweitig auf dem Markt bereitgestellte, überwiegend für den Empfang von Ton-Rundfunk bestimmte Radiogerät, das den Programmnamen anzeigen kann..., muss einen Empfänger enthalten, der zumindest den Empfang und die Wiedergabe digitaler Hörfunkdienste ermöglicht".
Schaut man sich in Onlineshops oder Supermärkten um, gibt es aber immer noch Geräte im Handel, die noch kein Digitalradio DAB+ und/oder Internetradio an Bord haben, dafür aber UKW mit RDS. So hat real in dieser Woche eine Mikro-Stereo-Anlage von Grundig im Angebot. Die frühere Metro-Tochter wirbt im Prospekt für UKW-Empfang mit RDS, das Modell kann aber kein Digitalradio DAB+. Das entsprechende Modell CMS 2000 BT gibt es auch in zahlreichen Onlineshops nach wie vor käuflich zu erwerben. Ein Verstoß gegen die neue Interoperabilitätsrichtlinie der EU?
Jurist: Bestehende Produktreihen dürfen möglicherweise ausverkauft werden
Mikro-Anlage mit UKW-RDS, aber ohne DAB+ bei real
Foto: real-Prospekt, Screenshot: Michael Fuhr
Ein Jurist und Medienberater erläutert, dass laut §150 TKG Übergangsvorschriften für solche Geräte, die nach dem 21. Dezember 2020 in Verkehr gebracht werden, definiert worden seien. Das "in Verkehr bringen" ist seiner Meinung nach ein unbestimmter Begriff, der in diesem Fall am ehesten der Legaldefinition von §2 Nr.15 des Produktsicherungsgesetzes nahekomme. Dann wäre es das erstmalige in Verkehr bringen (also des Produkttyps). Dahinter stehe auch der Gedanke, dass Hersteller die Chance haben müssen, eine Umstellung oder einen Abverkauf zu haben und nicht einen geplanten Produktlebenszyklus zu verkürzen. Ein Hersteller hat also noch die Möglichkeit, solche Modelle abzuverkaufen und muss sie nicht verschrotten.
Wäre dem so, dürften UKW-only-Geräte mit RDS, die als Typ bereits vor Einführung der Digitalradiopflicht in den Verkehr gebracht wurden, auch noch in zehn Jahren und mehr ohne DAB+ verkauft werden. Der Jurist räumt allerdings ein, dass es unklar sei, welche Definition der Gesetzgeber hier in Bezug auf "in Verkehr bringen" gewählt habe. Eine Anfrage von teltarif.de beim zuständigen Staatsministerium für Digitales läuft.
Hat ein UKW-Tuner bei einer Mini-Anlage nur eine Nebenfunktion?
Ausgenommen von der Digitalradiopflicht sind laut Gesetzgeber Bausätze für Funkanlagen, Geräte, die Teil einer Funkanlage des Amateurfunkdienstes sind und Geräte, bei denen der Hörfunkempfänger eine reine Nebenfunktion hat. Bei einer Mikro-Stereo-Anlage kann bei einem eingebauten Radiotuner jedoch - anders als etwa beim UKW-Empfang im Smartphone - nicht von einer solchen Nebenfunktion ausgegangen werden, mindestens ist sie gleichberechtigt neben CD-Player und der Streaming-Funktion via Bluetooth.
Eines dürfte in jedem Fall klar sein: Neue Produkte, die nach dem 21. Dezember 2020 in den Handel kamen, müssen die EU-Richtlinie erfüllen. Ein Check von teltarif.de in diversen Online-Shops ergab auch, dass es sich bei den oben beschriebenen Modellen lediglich um wenige Ausnahmen handelt. Die meisten UKW-only-Radios können den Sendernamen nicht anzeigen und somit auch ohne Probleme weiter verkauft werden. Und der Großteil der im Handel erhältlichen Radiomodelle hat inzwischen einen Hybrid-Empfänger für UKW und DAB+ und/oder Internetradio eingebaut. Entsprechend ist der Absatz von DAB+-Geräten im Jahr 2020 um ein Viertel gestiegen.