DAB+: Sendeschluss für die NRW-Lokalradios?
Antenne NRW-Senderchefin Julia Schutz
Foto: Antenne Bayern Group
Der 29. Oktober geht in die NRW-Hörfunkgeschichte ein. Mehr als 30 Jahre nach dem Start des ersten privaten Lokalradios Radio DU (heute Radio Duisburg) senden im bevölkerungsreichsten deutschen Bundesland nun erstmals auch landesweit private Radiostationen. Insbesondere die Antenne Bayern Group will den bislang zwischen WDR und NRW-Lokalradios zementierten Radiomarkt aufbrechen, schließlich winken in Nordrhein-Westfalen erhebliche Werbeumsätze.
Der Weg in die größte Industrieregion Deutschlands ist für Antenne Bayern, Studio Gong und Energy aber noch aus einem Grund besonders schmackhaft: Neben dem regionalen DAB+-Ensemble schreibt die NRW-Landesmedienanstalt zusätzlich eine landesweite UKW-Kette aus. Sollte also z.B. einer der genannten Kandidaten zum Zug kommen (was sehr wahrscheinlich ist), wäre dieser in NRW mit einem Schlag sowohl auf DAB+ als auch UKW vertreten und erreicht damit potenziell 18 Millionen Einwohner.
Antenne NRW hat Nase vorn
Antenne NRW-Senderchefin Julia Schutz
Foto: Antenne Bayern Group
Beim Rennen um die attraktiven UKW-Frequenzen dürfte Antenne NRW die Nase vorn haben. Das Team um Senderchefin Julia Schutz baut gerade im ganzen Land ein Netz von Reportern auf, die der Redaktion an der mondänen Düsseldorfer Königsallee zuarbeiten. In der Unternehmenszentrale von Antenne Bayern in Ismaning weiß auch Geschäftsführer Felix Kovac, dass sich eine derart attraktive Expansionsmöglichkeit mit freien Frequenzen nur selten ergibt. Der Einsatz ist entsprechend hoch: Alles auf Risiko.
Verdächtig zurückhaltend fallen hingegen bislang die Reaktionen der bestehenden NRW-Konkurrenz aus. Radio NRW, Rahmenprogrammanbieter der NRW-Lokalradios, startet mit "NOXX" auf DAB+ ein landesweites Jugendformat, viel mehr ist aber aus Oberhausen nicht zu hören. Problematischer ist der Fall jedoch für den WDR. In der Kernzielgruppe von Antenne NRW (30 bis 59 Jahre) platzieren sich vor allem WDR 2 und WDR 4. Es ist gut möglich, dass man in Köln als Reaktion auf den Start des neuen Wettbewerbers an einer Programmreform feilt.
Zukunft der NRW-Lokalradios
Wirtschaftlich stehen die NRW-Lokalradios schon lange unter Druck. Stationen wechseln den Besitzer oder werden sogar ganz geschlossen. Ursprünglich war die Idee, dass jeder Landkreis und jede kreisfreie Stadt in Nordrhein-Westfalen ein eigenes Lokalradio bekommt, die Betriebsgesellschaft sollte durch die lokalen Zeitungsverleger vor Ort getragen werden. In der Praxis hat sich allerdings gezeigt, dass Zeitungsverleger und Lokalradios zwei völlig verschiedene Welten sind. Die Verbindung galt oftmals nur als Zweckehe.
Mit dem absehbaren Ende von UKW und dem Start landesweiter Privatradios steht das deutschlandweit einmalige Zwei-Säulen-Modell aus Veranstaltergemeinschaft und Betriebsgesellschaft unter Druck wie nie zuvor. Sollten sich weitere Zeitungsverleger aus ihren Beteiligungen zurückziehen, bleibt nur noch ein lokaler Flickenteppich übrig. Im Düsseldorfer Landtag wird gern betont, dass man zusätzliche Radiovielfalt schaffen wolle. Diese entsteht nun zweifellos, für die Redakteure in den Lokalredaktionen ist die Zukunft aber unsicherer als je zuvor. Möglicherweise trifft die Radiomacher bald das gleiche Schicksal, wie die Lokalzeitungsbranche. Für die Radiolandschaft in NRW bleibt somit ein gemischtes Fazit.
Unabwendbares Schicksal?
Dennoch haben die NRW-Lokalradios gute Chancen, auch im Post-UKW-Zeitalter weiter (erfolgreich) zu existieren. Die lokale Kompetenz bleibt ein unschlagbarer Vorteil. In keinem Bundesland ist der Hörfunk näher an den Hörern als hier. Eine Lokalredaktion selbst in kleineren Städten mit 50.000 Einwohnern sticht eine landesweite Redaktion aus, die bestenfalls mal einen Reporter in die Region schickt. Diese Erfahrung hat sich in allen anderen Bundesländern mit landesweiten Privatsendern bestätigt.
Selbst der öffentlich-rechtliche WDR, welcher nicht gerade mit einem kleinen Budget ausgestattet ist, liegt bei der Vor-Ort-Berichterstattung meilenweit hinter den privaten NRW-Lokalradios. Sie bilden mittlerweile für die Bevölkerung ein Informations-Rückgrat, insbesondere auch in Gefahrensituationen vor Ort. Vor diesem Hintergrund ist das Zwei-Säulen-Modell nicht nur im DAB+-Zeitalter erhaltenswert, sondern womöglich auch ein Ansatz, der in anderem Bundesländern sinnvoll erscheint.
Über die Situation der NRW-Lokalradios sprachen wir in einem Interview mit Radio Kiepenkerl-Programmchef Andreas Kramer.