NetzDG verstößt teilweise gegen EU-Recht (Update)
Erste Klagen gegen das Netzwerkdurchsetzungsgesetz teilweise erfolgreich
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Das neue Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) zur
Bekämpfung von Straftaten und Hassrede im Internet verstößt nach
einem Urteil des Verwaltungsgerichts in Köln teilweise gegen das
EU-Recht.
Die Richter in Köln gaben damit Eilanträgen der Google Ireland Ltd. und des Facebook-Betreibers Meta Platforms Ireland Limited gegen die Bundesrepublik Deutschland teilweise statt.
Lieferung von Nutzerdaten ans BKA?
Erste Klagen gegen das Netzwerkdurchsetzungsgesetz teilweise erfolgreich
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In dem Rechtsstreit zwischen den Internetkonzernen und dem Bund geht
es unter anderem um die Frage, ob Google und Facebook sowie andere
Netz-Plattformen künftig im großen Stil Nutzerdaten von mutmaßlichen
Straftätern an das Bundeskriminalamt (BKA) liefern müssen. Gegen die
Beschlüsse können die Beteiligten jeweils Beschwerde einlegen, über
die das Oberverwaltungsgericht in Münster entscheiden würde.
Das Gericht in Köln hat nach eigenen Angaben vom Dienstag entschieden, der Gesetzgeber habe bei der Einführung des Paragraphen 3a NetzDG gegen das Herkunftslandprinzip der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr (ECRL) verstoßen. Nach diesem Prinzip richten sich die rechtlichen Anforderungen an einen in einem Mitgliedsstaat der EU niedergelassenen Anbieter elektronischer Dienste nach dem Recht seines Sitzstaates. Im Fall von Facebook und Google wäre das Irland gewesen, nicht Deutschland.
Die Bundesrepublik könne sich nicht auf Ausnahmen von diesem Prinzip berufen, da der Gesetzgeber weder das für Ausnahmen vorgesehene Konsultations- und Informationsverfahren durchgeführt habe, noch die Voraussetzungen eines Dringlichkeitsverfahrens vorgelegen hätten.
Gegenvorstellungsverfahren bei Löschanträgen rechtens
In einem anderen Punkt konnten sich Meta und Google vor dem Verwaltungsgericht allerdings nicht durchsetzen. Dabei ging es um die Frage, ob Betreiber sozialer Netzwerke dazu verpflichtet werden können, auf Antrag betroffener Nutzer ihre Löschentscheidungen zu überprüfen. Nach den Bestimmungen des NetzDG gilt: Wenn unterschiedliche Auffassungen zwischen einem Nutzer und dem Anbieter eines sozialen Netzwerks bestehen, ob ein gemeldeter Inhalt gelöscht werden muss oder nicht, können Mitglieder nun ein sogenanntes Gegenvorstellungsverfahren beantragen. Das Verwaltungsgericht urteilte nun, dass Gegenvorstellungsverfahren, denen keine NetzDG-Beschwerde zugrunde liege, rechtens seien.
Vor dem Verwaltungsgericht in Köln sind außerdem Klagen von Twitter und Tiktok gegen das NetzDG anhängig. Wann in diesen Verfahren Entscheidungen ergehen werden, sei derzeit offen, erklärte das Gericht.
Update 11:55 Uhr: Justizministerium prüft Rechtsmittel nach Schlappe
Nach der Niederlage in dem Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht Köln gegen Google und Facebook überprüft das Bundesjustizministerium, ob es gegen das Urteil vorgehen wird. Die einstweilige Anordnung zum Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) sei noch nicht rechtskräftig, erklärte eine Sprecherin des Ministeriums heute. "Der Bundesrepublik steht dagegen das Rechtsmittel der Beschwerde zu. Ob dieses Rechtsmittel eingelegt werden soll, wird das Bundesministerium der Justiz nunmehr prüfen." Das Ministerium werde "die Entscheidung dazu sorgfältig auswerten und prüfen, welche Folgerungen insgesamt aus der Entscheidung zu ziehen sind".
Das Justizministerium erklärte nun, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens werde man in der Sache keine Maßnahmen gegen Google und den Facebook-Konzern Meta ergreifen. "Dies hat die Bundesrepublik bereits zu Beginn der Eilverfahren zugesagt. Und diese Zusage gilt auch weiterhin."
Die Sprecherin betonte, bei der Entscheidung des Verwaltungsgerichts handelt es sich um eine Entscheidung in einem Eilverfahren. "In diesen Verfahren gilt ein anderer rechtlicher Maßstab als in ordentlichen Verfahren. Die endgültige Klärung der aufgeworfenen Rechtsfragen wird der Entscheidung in der Hauptsache vorbehalten sein." Ende des Updates.
Auch TikTok will keine Nutzerdaten massenhaft ans BKA melden.