Die GPS-Alternativen Galileo, Glonass und Beidou
Globale Navigationssatellitensysteme waren bis vor einiger Zeit synonym mit dem Namen GPS, dem US-amerikanischen System für eine weltweite Positionsbestimmung. Doch verschiedene Konkurrenten - aus der EU, Russland und China - bauen seit mehreren Jahren vergleichbare Satelliten-Netzwerke auf. Nach einigen Rückschlägen geht es nun in großen Schritten voran. Wir zeigen Ihnen, wie es um die alternativen Satellitensysteme steht.
Galileo: EU-Projekt auf gutem Weg nach schwieriger Geburt
Umlaufbahnen der Galileo-Satelliten
Grafik: ESA - P. Carril
Das Satellitensystem Galileo war von Anfang an umstritten.
Auf der einen Seite verteidigen die Befürworter das europäische Großprojekt als ein für die
Wirtschaft und Forschung der EU notwendiges Vorhaben, welches das amerikanische
GPS ergänzen und verbessern könne. Andererseits kritisieren die Gegner, Galileo sei ein
reines "Prestigeprojekt" der Politik, das Milliardensummen
verschlinge und zudem überflüssig sei, da mit GPS ein funktionierendes und
kostenloses System existiere.
Das Jahr 2007 markierte die schwerste Krise für Galileo. Nach langjährigen Kompetenz-Streitigkeiten waren Verhandlungen zwischen der EU und der Industrie gescheitert und das Aus des ambitionierten Projektes stand kurz bevor. Die EU beschloss daraufhin, Galileo mit Steuer-Milliarden zu retten und den Aufbau des Systems unter öffentlicher Regie voranzutreiben. Schwerwiegende, technische Komplikationen bei den Satellitenstarts allen voran im Jahr 2014 führten zusätzlich zu erheblichen Verzögerungen. Seit Dezember 2021 befinden sich nunmehr 28 Galileo-Satelliten im All (26 Hauptsatelliten plus zwei Ersatzsatelliten), von denen 22 schon im Regelbetrieb sind. Galileo wurde Ende 2016 offiziell in Betrieb genommen. Die damals noch vorhandenen Abdeckungslücken wurden inzwischen durch weitere Satellitenstarts geschlossen. Das System ist somit mittlerweile nahezu voll funktionsfähig.
Trennung der Galileo-Satelliten 5 und 6 von der Endstufe einer Sojus-Rakete
(c) dpa
Der Endausbau von Galileo war zuletzt für das Jahr 2020 vorgesehen - dann sollten 24 Satelliten den Betrieb gewährleisten,
ergänzt durch sechs Reservesatelliten im Orbit. Aber selbst etwa ein Jahr später zum zehnten Geburtstag des Projekts, am 21. Oktober 2021, wurde dieses Ziel noch nicht erreicht. Ein weiterer Start, welcher am 21. Dezember 2021 durchgeführt worden ist, kommt dem Ziel jedoch etwas näher. Mit dem Transport zweier weiterer Satelliten mit einer Sojus-Rakete vom Weltraumbahnhof in Französisch-Guayana aus, ist das Satellitensystem beinahe vollständig.
Im Gegensatz zu allen anderen Alternativsystemen ist Galileo das einzige weltweite Satelliten-Navigationssystem unter ziviler Kontrolle, auch wenn eine militärische Nutzung im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) seit 2008 vorgesehen ist. Verschiedenen Medienberichten zufolge wird das Satelliten-Navigationssystem in Zukunft eine präzisere Positionsbestimmung als GPS für die zivile Nutzung ermöglichen und weniger störungsanfällig sein. Zudem ist Galileo künftig mit GPS und Glonass kompatibel, was eine hohe Präzision und weltweite Verfügbarkeit entsprechender Dienste gewährleisten soll - es werden daher keine neuen Empfangsgeräte benötigt, eventuell ist allerdings ein Firmware-Update erforderlich. Mittlerweile sind die meisten modernen Smartphones auf dem Markt Galileo-kompatible, zum Beispiel das Samsung Galaxy S21 Ultra 5G, das Apple iPhone 12 Pro und das OnePlus 9 Pro. Weitere Galileo-fähige Smartphones, finden Sie in unserer Handy-Datenbank-Suche.
Smartphones mit Galileo-Unterstützung
Glonass seit 2011 für zivile Nutzung geöffnet
Glonass-K Satellit
Foto: teltarif.de
Glonass war für einige Jahre die einzige funktionierende Alternative
zu GPS. Zunächst ausschließlich für den militärischen Einsatz vorgesehen, ist das russische
Satelliten-Netzwerk seit Dezember 2011 ebenso für die zivile Nutzung geöffnet.
Geleitet vom russischen Verteidigungsministerium und durchgeführt von der Weltraumorganisation Roskosmos
kam es jedoch zwischenzeitlich auch bei Glonass zu folgenreichen technischen Zwischenfällen,
wodurch die Funktionsfähigkeit des Ortungssystems beeinträchtigt wurde. So sind sowohl 2010 als auch
2013 mehrere Satelliten unmittelbar nach dem Start in Rauch aufgegangen.
Gegenüber GPS bietet das russische Pendant durch die Ausrichtung der Satelliten vor allem in nördlichen Breitengraden eine bessere Positionsbestimmung, da das Satelliten-Netzwerk in erster Linie für die russischen Landgebiete konzipiert wurde. Mit aktuell 24 aktiven Satelliten ist das System jedoch trotzdem weltweit einsetzbar und bietet vor allem in Kombination mit GPS eine Aufwertung für Smartphones und Navigations-Geräte.
Montage eines Glonass-Satelliten auf eine Proton-M-Trägerrakete (2010)
(c) dpa
Seit dem iPhone 4S und dem
Motorola Droid RAZR gehört ein Glonass-fähiger Chip zur
Ausstattung hochklassiger Smartphones. Doch auch aktuelle Mittelklasse-Handys sind oft in der Lage,
auf beide Navigationssysteme zurückzugreifen. Sofern das Empfangsgerät sowohl die Glonass- als auch die
GPS-Signale auswerten kann, ergänzen sich beide Systeme in der Ortung, wodurch eine höhere Präzision
erreicht wird. Aktuelle Smartphones mit Glonass-Empfang finden Sie auch mit unserer
Handy-Datenbank-Suche.
Smartphones mit Glonass-Unterstützung
Beidou: Auch China baut eigenes Satellitensystem aus
China arbeitet seit 2007 an einem eigenen globalen Satellitensystem für Navigation, Ortung und Zeitmessung namens Beidou. Das in der Projektentwicklungsphase bis 2012 auch Compass genannte System soll China vom US-amerikanischen GPS unabhängig machen. Im Gegensatz zu GPS, Glonass und Galileo werden für Beidou auch geostationäre Satelliten eingesetzt. Beidou war zunächst für die zivile Nutzung nur im asiatisch-pazifischen Raum freigeschaltet und ist seit 2020 auch weltweit verfügbar. Ende 2018 hatten die Asiaten bereits 24, Mitte 2020 schließlich alle der insgesamt 35 geplanten Satelliten in den Orbit gebracht. Bis 2035 soll die Anzahl zunächst konstant gehalten werden.
Schon 2013 setzte Qualcomm mit seiner Software-Entwicklung Qualcomm IZat Location Solutions auch auf das Satellitensystem Beidou und kooperierte dabei mit dem Smartphone-Hersteller Samsung. Inzwischen gibt es viele weitere Smartphones mit Beidou-fähigem Chip, bei der Auswahl hilft Ihnen unsere Handy-Datenbank-Suche.
Smartphones mit Beidou-Unterstützung
So werden Beidou-Satelliten voraussichtlich zum Teil auf denselben Frequenzbändern funken wie Galileo. Nach Expertenmeinung könnte dies ein Versuch Chinas sein, das eigene Satellitensystem vor Angriffen zu schützen. Zudem werden Funkstörungen und Funktionseinschränkungen im Galileo-Satellitensystem befürchtet. Verbindliche Ergebnisse und Lösungen sind auch nach mehrjährigen Verhandlungen zwischen den Parteien noch nicht in Sicht.
Indische Systeme IRNSS und GINS
Laut Presseberichten will Indien - ebenfalls im Wettlauf mit China - sein bisher nur regional operierendes, aus sieben Satelliten bestehendes, System IRNSS (Indian Regional Navigation Satellite System) zunächst den Nachbarstaaten öffnen, in Zukunft aber unter dem Namen GINS (Global Indian Navigation Satellite) ein eigenes unabhängiges globales Navigationssystem aufbauen. Des Weiteren wird diskutiert, die Satelliten von IRNSS auf neun zu erhöhen, GINS soll in der Endphase aus 24 Satelliten bestehen.
Starke Konkurrenz für GPS
Mit Galileo, Glonass, Beidou und IRNSS sind aktuell und in den nächsten Jahren somit höchstwahrscheinlich bis zu vier Konkurrenzsysteme für das amerikanische GPS verfügbar. Es bleibt also spannend, wie lange das amerikanische GPS seine Stellung als das weltweit vorherrschende Satellitensystem für Positionsbestimmung und Navigation halten kann.

- GPS: Satelliten-Navigation & Positionsbestimmung
- Entwicklung des Global Positioning Systems (GPS)
- GPS-Alternativen: Galileo, Glonass & Beidou
- Galileo: Europäisches Satellitennavigationssystem
- Glonass: Die GPS-Alternative aus Russland
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