TravelPilot von Bosch
Bild: Bosch
"Drehen Sie wenn möglich um", "Abfahrt vor Ihnen"
oder auch "Sie haben Ihr Ziel erreicht": Aussagen wie diese sind
vielen Autofahrern heute gut bekannt, dem Navigationssystem sei Dank.
Das Navigationsgerät, kurz Navi genannt, für die Straße hat seine Wurzeln im niedersächsischen
Hildesheim. Dort entwickelte Bosch in den 1980er Jahren bei seiner
damaligen Tochter Blaupunkt das nach Firmenangaben weltweit erste
Navi für den Straßenverkehr. Der Prototyp hatte 1983 den Namen Eva -
"Elektronischer Verkehrslotse für Autofahrer". Seine Landkarte war
seinerzeit noch auf einer Kassette gespeichert - und deren
Datenvolumen reichte gerade einmal für die Hildesheimer Innenstadt.
Der Siegeszug der CD erlaubte dann mehr.
TravelPilot von Bosch
Bild: Bosch
Erste Positionspapiere zu "Zielführungssystemen" hatten Ingenieure
bei Bosch und Blaupunkt in Hildesheim bereits 1978 vorgelegt, wie der
schwäbische Konzern berichtet. Nach "Eva" folgte dann bei Bosch mit
dem sogenannten TravelPilot 1989 das erste serienreife Auto-Navi für
den Straßenverkehr in Europa. Laut Bosch war dieses System keine
Weltpremiere, da in Japan parallel eine ähnliche Erfindung lief.
Navis: Damals und heute
Der Anfang moderner Navigation im Auto erinnert an die gute alte Seefahrt.
Denn 1989 beim Start des Navi im PKW führte
noch ein Kompass Regie. Der Autozulieferer Bosch bot damals Bausätze
zur Navi-Nachrüstung an, bei denen Radsensoren und ein Kompass ihre
Informationen in gespeicherte Straßenkarten einspeisten. Heute,
25 Jahre später, lenken längst Satellitenpositionsdaten (GPS) die Navis.
Und die haben inzwischen harte Konkurrenz bekommen: Smartphones. Der
einst jahrelang boomende Navi-Markt befindet sich im Umbruch.
Während Boschs Navi-Pionier 1989 noch rund 7 000 D-Mark kostete, gibt
heutzutage die Stiftung Warentest mobilen Navigationsgeräten zum
An-die-Scheibe-Heften für nur 130 Euro schon die Note "gut". Mitte
der 1990er Jahre, als bereits GPS die Richtung vorgab, kostete das
Navi von Bosch noch 4 000 D-Mark. Zu haben war es als Serien-Extra in
den Flaggschiffen S-Klasse von Mercedes und 7er-BMW. Zu den ersten
Großkunden für die Technik, die Bosch im niedersächsischen Hildesheim
entwickelte, gehörten damals professionelle Fahrzeugflotten. Etwa die
Feuerwehr Los Angeles oder hierzulande die Post und Rettungsdienste.
Die Entwicklung lief damals in Europa und Japan parallel, Bosch kam
dann 1989 mit dem ersten Navi für Europa.
Smartphones machen klassischen Navis Druck
Inzwischen steuert das Navi nicht nur bei Bosch in eine Zeitenwende.
Ein Treiber dabei sind internetfähige Handys. So betont etwa der
Navi-Riese Garmin, der für VW und Daimler arbeitet: "Das Geschäft mit
Navigationsgeräten steht wegen leistungsfähiger
Smartphone-Anwendungen unter hohem Druck." Die mobilen Telefone ermöglichen
die Offboard- und Onboard-Navigation mittels GPS und oftmals auch Glonass
ebenso zuverlässig wie klassische Navigationsgeräte. Navi-Hersteller
wie TomTom oder Navigon bieten daher auch entsprechende Smartphone-Apps
für die Betriebssysteme Android, iOS und Windows Phone an.
Aufgrund der zunehmenden Navigation mit dem Smartphone verkaufte
Garmin im dritten Quartal 2014 abermals weniger Navis. Der
Umsatz im dazugehörigen Segment der Bilanz sank um fünf Prozent.
Auch bei der Branchengröße TomTom schrumpft das Geschäft, zumindest
bei tragbaren Navis zum Befestigen im Wageninneren. Die Umsätze sind
dort bereits "seit einigen Jahren" rückläufig, wie die jüngste Bilanz [Link entfernt]
festhält. TomTom sieht ähnlich wie Garmin zwei Gründe: Fest eingebaute
Navis sind zunehmend zentraler Teil der Auto-Cockpits und
werden dort zum Standard - der Weg vieler einst luxuriöser Extras.
Bei diesem Effekt verweist Autobranchenexperte Stefan Bratzel auf die
bekannte Sicherheitstechnik wie Gurt, Airbags, Antiblockiersystem ABS
oder Schleuderschutz ESP. "Solche Extras diffundieren von der
Oberklasse in die breite Masse und werden am Ende oft gesetzlicher
Standard", sagt er. Ein junges Beispiel sei der Notbremsassistent,
der Gefahren im Stadtverkehr erkennt und automatisch selber bremst.
Diese Notbremsfunktion ist ein Teil des automatisierten Fahrens. Und
genau bei diesem Zukunftsthema, das vom kommenden Jahrzehnt an immer
größere Autopilotenfunktionen zulassen soll, kommt das Navi wieder
verstärkt ins Spiel. Daher arbeitet TomTom auf diesem Feld
zum Beispiel auch schon mit Bosch und Volkswagen zusammen. Und der
Autozulieferer Continental entwickelt gemeinsam mit Nokia hochpräzise
Karten für Fahrzeuge mit Autopilotenfunktion. Das Navi wandelt sich.
Zukunftstrend: Cloud-Anbindung und tragbare Navis
Inzwischen verschmilzt das Navigationsgerät schon mit dem sogenannten elektronischen
Horizont, der Autos mit Echtzeit-Informationen aus individuellen
lokalen Datenwolken verknüpft, den Clouds. Continental
kooperiert dabei mit dem IT-Riesen IBM, um die Fahrer auf Wetter,
Unfälle oder Staus vorzubereiten - weit mehr als nur Navigation also.
Continental-Vorstand Helmut Matschi spricht dabei von "einem Blick in
die Zukunft". So könnten sich Fahrzeug und Fahrer "frühzeitig auf die
kommende Strecke einstellen und aktiv den Verbrauch reduzieren". In
Zeiten immer strengerer EU-Abgasvorgaben ist das zukunftsträchtig.
Strategisch sieht TomTom nicht nur den Weg, angesichts schwindender
Verkaufszahlen bei mobilen Navis verstärkt das Erstausrüstergeschäft
im Autocockpit auszubauen. Die wachsende Smartphone-Konkurrenz zeige
vielmehr auch Wege zu innovativen Navi-Produkten fern des Autos. Ein
Beispiel sind Armbanduhren, die Sportlern im Freien Positionen und
Distanzen verraten und Trainingsziele abgleichen.
So berichtet TomTom, dass Investitionen in die Navi-Software für
gewöhnlich nur mit den Renditen des Erstausrüstergeschäfts für die
Autobauer zu rechtfertigen seien. Doch parallel erlaubten es diese
Ausgaben eben auch, tragbare Navis weiterzuentwickeln "in einem Maße,
wie es für eine schrumpfende Kategorie eigentlich nicht mehr zu
rechtfertigen wäre". Am Ende dieser Verzahnung stünden idealerweise
neue, verwandte Produkte wie zum Beispiel die Sportler-Armbanduhren.
25 Jahre nach seinem Start wird das Navi damit erwachsen. Wie Continental
arbeitet auch der Pionier Bosch am elektronischen Horizont, mit dem
das Navi verschmilzt. Der meldet dann Gefahren wie etwa eine vereiste
Brücke oder Stauenden, optimiert mit Hilfe von 3D-Streckenprofilen
sogar Schaltwege, warnt vor Kurven, die für das aktuelle Tempo zu eng
sind, oder lotst einen bei Bedarf zur nächsten billigsten Tankstelle.
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