ANGA COM: Streaming soll kein Stromfresser mehr sein
Wenn die Aktionäre zur Hauptversammlung kommen, gibt es ein Thema, zu dem viele Fragen gestellt werden: Was macht das Unternehmen in Sachen Nachhaltigkeit? Das berichteten sowohl Nicole Agudo Berbel, Managing Director & Chief Distribution Officer bei der Seven.One Entertainment Group, als auch Christian Kühner, Programmleiter „Nachhaltigkeit@Telekom Deutschland“ bei der Deutschen Telekom.
Der Druck für Unternehmen in der TK- und Medienbranche ist also da, um nachhaltiger zu werden. "Laut einer PwC-Studie würden 50 Prozent der Investoren ihr Kapital zurückziehen, wenn ein Unternehmen nicht genügend in Sachen Nachhaltigkeit unternimmt", sagte Kühner auf der ANGA COM. "62 Prozent unserer Kunden wollen nachhaltige TK-Produkte kaufen."
Christian Kühner, Programmleiter „Nachhaltigkeit@Telekom Deutschland“
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Sagen ist das eine, handeln das andere. "Die Kunden sind auch weiterhin preissensibel", sagte Stefan Lietsch, Chief Technology Officer von Zattoo. Als Streaming-Anbieter stehen Unternehmen wie Zattoo besonders im Kreuzfeuer. Dem will Lietsch etwas entgegensetzen. "Wir haben ein Pilotprojekt mit einem Betreiber von Windkraftanlagen in der Nähe von Paderborn laufen", erklärte er. Seit einem Jahr betreibt Zattoo in einem der Windkrafträder zwei Racks. "Wir transportieren lieber die Bits und Bytes dahin, wo sie hin müssen", erklärte Lietsch. "90 Prozent des Stroms wird über die Windkrafträder erzeugt." Für den Rest besteht eine Anbindung ans Stromnetz. "Die regenerative Energiegewinnung soll aber zum Beispiel durch Solarenergie ausgebaut werden", sagte der Zattoo-CTO auf der ANGA COM. In einem Jahr will der Streaming-Anbieter zehn Racks in Windkrafträdern betreiben.
Neue Technik reduziert den Energiebedarf
Zattoo-CTO Stefan Lietsch testet, ob die Racks des Streaming-Anbieters nicht direkt in Windkrafträdern betrieben werden können
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Mit Solarenergie kennt sich Christoph Mühleib (Geschäftsführer von ASTRA Deutschland) aus, denn seine Satelliten verfügen über Solarpanels für den Betrieb. Wenn einer der Orbiter aber gesteuert werden muss, wird Treibstoff benötigt. "Früher hatte ein Satellit Tonnen an Treibstoff an Bord, heute sind es noch 500 Kilogramm", sagte Mühleib. Der Treibstoff ist das Maß für die Lebensdauer eines Satelliten. Lag sie früher bei maximal 15 Jahren, sprach Mühleib auf der ANGA COM davon, dass ASTRA im Durchschnitt schon über 20 Jahre erreiche. "Wir waren der erste kommerzielle Space-X-Nutzer", ergänzte Mühleib, "aus Gründen der Nachhaltigkeit". Während die Ariane-Rakete in der Atmosphäre verglüht, kehren die Raketen von Space X zur Erde zurück.
Den Energieverbrauch senken will auch Telekom-Manager Kühner. "Indem wir unter anderem veraltete Technik gegen neue austauschen", erklärte er. Die Abschaltung von 3G und der letzten analogen Telefonanschlüsse reduzierte den Stromverbrauch in den Telekom-Netzen um zehn Prozent. "Wir suchen ständig nach Möglichkeiten, in regenerative Energiegewinnung oder in Großspeicher zu investieren", sagte Kühner, denn noch verbrauchen die Telekom-Netze pro Jahr 3,1 GWh.
Kritik an Breko-Studie über den Stromverbrauch in TK-Netzen
Axel Sihn, stellvertretender Vorsitzender des ZVEI-Fachverbands Media Networks, ist von der jüngsten Breko-Studie nicht überzeugt
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Um den Stromverbrauch in Telekommunikationsnetzen geht es auch in der jüngsten Studie der Technische Hochschule Mittelhessen, die der Bundesverband Breitbandkommunikation (Breko) in Auftrag gegeben hatte. Der Studie zufolge benötigen reine Glasfasernetze bis in die Wohnung (FTTH) im laufenden Betrieb bis zu 2,6-mal weniger Strom als Glasfasernetze bis ins Gebäude (FTTB) und bis zu dreimal weniger Strom als kupferbasierte Vectoring- oder Super-Vectoring-Netze (FTTC). TV-Kabelnetze, die mit DOCSIS 3.1 aufgerüstet sind, verbrauchen laut Studie bis zu sechsmal mehr Strom als FTTH-Netze.
Die Ergebnisse seien aber laut Axel Sihn, stellvertretender Vorsitzender des ZVEI-Fachverbands Media Networks sowie geschäftsführender Gesellschafter des Netzwerkausrüsters WISI, mit Vorsicht zu genießen. "Wie kann ein passives optisches Netz mehr Energie verbrauchen als ein aktives", fragte er rhetorisch. Auch die Angabe der Leistungsaufnahme für ein konkretes Netzabschlussgerät aus der Studie ist laut Sihn im Produktdatenblatt des Herstellers höher angegeben. Das heißt aber nicht, dass die grundsätzlichen Ergebnisse der Studie falsch sind. "Der Vergleich stimmt, nur die Relationen nicht", sagte Sihn auf der ANGA COM.
In einer weiteren ANGA-COM-Meldung geht es um: Das Risiko, Glasfaser-Investoren abzuschrecken.
