Funkschnittstelle beim Mobilfunk: So funkt ein Handy
Ein Handynetz besteht zum einen aus der Technik, die hinter dem Sendemast zum Einsatz kommt - der sogenannten Netzarchitektur -, aber auch aus der entscheidenden Strecke vom Sendemast zum Handy. Gerade diese Funkschnittstelle ist entscheidend für das korrekte Funktionieren eines Mobilfunknetzes. Wir erklären Ihnen, wie die Sprach- und Daten-Signale vom Sendemast zum Nutzer gelangen und was die Anbieter beim Aufbau neuer Sendemasten beachten müssen.
Mobilfunkstandards: GSM, UMTS, LTE, 5G
Zwei BTS-Schränke für UMTS und GSM. Über HF-Kabel wird das Signal zum Sendemast geleitet
Foto: teltarif.de
In Deutschland kommen aktuell drei Mobilfunkstandards zum Einsatz:
GSM (2G), LTE (4G) und 5G. UMTS (3G) wurde 2021 abgeschaltet.
Für GSM, LTE und UMTS gibt bzw. gab es entsprechende Erweiterungen, die sich vor allem auf die Datengeschwindigkeit auswirken. Es handelt sich dabei um EDGE bzw. Evolved EDGE, um HSPA (3.5G) und um LTE-Advanced (4.5G) bzw. LTE-Advanced (Pro). GSM, UMTS (vor der Abschaltung) und LTE sind auf der Funkebene in der Regel drei vollkommen getrennte Netze. Theoretisch wäre die Abstrahlung über gleiche Sendeelemente möglich, praktisch wird dieses aber nur selten gemacht.
Frequenz- oder Zeit-Multiplex-Verfahren
Mobilfunknetze arbeiten hierzulande mit einem Verfahren, das zwei mögliche Übertragungsprinzipien einer Luftschnittstelle koppelt: Möglich ist zum einen, dass eine Frequenz für Down- und Uplink (also Gesprächsteile Sendemast-Handy bzw. Handy-Sendemast) zeitlich geteilt und in einem Bruchteil einer Sekunde in die eine und in einem anderen Bruchteil in die andere Richtung gesendet wird (Fachbegriff Time Division Duplex, TDD). Angewendet wird dieses beispielsweise bei DECT-Telefonen. Variante zwei nennt sich Frequency Division Duplex (FDD). Hierbei hat ein Teilnehmer für die Zeit seines Gesprächs eine feste Frequenz für die Empfangs- und eine feste Frequenz für die Senderichtung. Weiterer entscheidender Unterschied: Bei FDD kommt ein Frequenz-Paar zur Anwendung, bei TDD nur eine Frequenz.
Die Kombination sieht so aus, dass ein Handynutzer für jede Senderichtung zunächst einmal unterschiedliche Frequenzen nutzt. So kann es sein, dass ein o2-Kunde bei einem Gespräch seinen Partner auf der Frequenz 930,1 MHz empfängt, selbst aber auf 885,1 MHz sendet. Diese beiden Frequenzen nutzt der entsprechende o2-Kunde allerdings nicht alleine, sondern auf den gleichen Frequenzen können je nach Konfiguration des Senders noch sechs bzw. sieben weitere Gespräche stattfinden, ohne dass die Teilnehmer sich gegenseitig stören.
Der Wechsel der Zeitschlitze und somit der Zeitfenster, in denen die Sprach-Daten übertragen werden, erfolgt so schnell, dass es das menschliche Gehör nicht wahrnehmen kann. Vergleichbar ist das mit einem Kinofilm, der pro Sekunde aus 25 einzelnen Bildern besteht. Die Länge eines solchen Zeitschlitzes beträgt 577 Mikrosekunden.
Bei GSM enthält jeder Kanal 8 Zeitschlitze, die nacheinander auf das Medium zugreifen dürfen. Acht Benutzer teilen sich diesen Kanal, das heißt: Erst, wenn Nutzer Zwei bis Acht ihre Daten übermittelt haben, darf Nutzer Eins wieder Daten senden. Durch Kompression des Gesprochenen in den übrigen sieben Zeitschlitzen schaffen es Handy und Netz, die komplette Sprache in diesem kleinen Zeitrahmen zu übermitteln. Über einen solchen Zeitschlitz werden auch Signalisierungsdaten, etwa die bei einem Gesprächsaufbau übertragenen Authentifizierungs-Daten, aber auch SMS übertragen.
Nicht alle Frequenzen können an einem Standort genutzt werden
Vom Sendemast aus geht das Signal dann an die Handys. Am Mast zu erkennen: Die Richtfunkschüssel für den Abtransport der Daten zum nächsten Controller.
Foto: teltarif.de
Jede Zelle benötigt mindestens zwei Schlitze für diese Signalisierungen und
die Synchronisation der Handys mit den Basisstationen.
Nicht alle GSM-Frequenzen können an jedem Standort
eingesetzt werden, da sie sich überlagern würden.
Daher spricht man hier von einem Re-Use-Faktor,
der unterschiedlich hoch sein kann. Das bedeutet, dass
um einen Sendemast herum in wabenartiger Form andere Masten mit jeweils
anderen Frequenzen aufgebaut werden müssen und erst dann die gleiche
Frequenz wieder verwendet werden darf.
Anders formuliert: Einem Netzbetreiber steht jeweils pro Mast nur ein Teil der eigentlich zur Verfügung stehenden Frequenzmenge zur Verfügung. Würde der Re-Use-Faktor nicht eingehalten, könnte es zu Störungen kommen. Ausnahme: Klein- und Kleinstsender (Pikozellen), die nur wenige Meter weit strahlen, aber die Kapazität erhöhen, können auch innerhalb eines Sendemast-Radius aufgebaut werden, da ihre Sendeleitung so gering ist, dass sie den nächsten Sendemast nicht stören.
Auf der nächsten Seite lesen Sie, wie die Sendemasten in der Praxis bestückt sind und was GSM von UMTS unterschied.
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