Drittanbietersperre: Gegen Abo-Fallen auf dem Handy
Drittanbietersperre gegen Abo-Fallen am Handy
Fotos: Jürgen Acker - fotolia.com/teltarif.de, Montage: teltarif.de
Schon seit Jahren ist es ein ungelöstes Ärgernis: Plötzlich taucht auf der Handy-Rechnung ein Posten auf, den man sich nicht erklären kann - von einem Unternehmen, das man meist nicht kennt. Wiederholt sich das Spiel dann auch auf den nachfolgenden Rechnungen, steht fest: Der meist ahnungslose Handy-Nutzer ist in eine Abo-Falle getappt.
Prinzipiell ist das Carrier-Billing, also das Bezahlen zusätzlicher Leistungen per Handy-Rechnung, in vielen Fällen eine bequeme Sache. Doch die Schwarzen Schafe der Branche zeigen immer wieder, wie wichtig ein Instrument ist, um sich vor Handy-Kostenfallen zu schützen: Die Drittanbietersperre.
Wie eine Drittanbietersperre funktioniert, wie sie eingerichtet wird und was sie wirklich bringt, erläutern wir in diesem Ratgeber.
Drittanbietersperre gegen Abo-Fallen am Handy
Fotos: Jürgen Acker - fotolia.com/teltarif.de, Montage: teltarif.de
Warum Drittanbieter-Leistungen über Handy-Rechnung abrechnen?
Zunächst stellt sich die Frage: Warum werden überhaupt Drittanbieter-Dienste über die Handy-Rechnung abgerechnet - und warum ist das bei vielen Tarifen standardmäßig aktiviert, möglicherweise ohne dass der unbedarfte Kunde davon weiß?
Die Abrechnung über die Handy-Rechnung hat für den Kunden Bequemlichkeits-Vorteile, birgt aber auch echte Gefahren. Viele wirklich sinnvolle Dienste wie App-Käufe und der Kauf von ÖPNV- und Parktickets lässt sich auf diesem Wege viel einfacher bewerkstelligen, weil man keinen Account bei einem Zahlungsdienstleister anlegen oder über das Handy-Display umständlich SEPA- oder Kreditkarten-Daten eingeben muss. Auf der anderen Seite steht der handfeste Nachteil, dass dem Kunden auch immer unerwünschte Buchungen oder Abos untergeschoben werden können.
Für die Diensteanbieter und Mobilfunk-Provider hat die Abrechnung per Handy-Rechnung hingegen nur Vorteile: Der Kunde kann über ein einfaches Bezahlverfahren dazu geködert werden, weitere Dienste zu buchen, womit sich insbesondere die Mobilfunk-Provider lukrative Zusatzeinnahmen sichern.
Drittanbietersperre: Automatisch oder manuell eingerichtet
Für zahlreiche Kunden ist es aber nach wie vor ein großes Ärgernis, dass bei vielen Tarifen Drittanbieterdienste sofort freigeschaltet werden, auch wenn der Kunde gar nichts bestellt hat. Da in den vergangenen Jahren das Beschwerdeaufkommen hierzu wohl zugenommen haben muss, haben einige Provider inzwischen standardmäßig eine Drittanbietersperre (zumindest für Abos) aktiviert. Möchte der Kunde Drittanbieterdienste nutzen, muss er also die Abrechnung per Handy-Rechnung zuvor explizit beim Provider freischalten lassen. Das ist deutlich kundenfreundlicher als die sofortige, unerwünschte Freischaltung.
Sind Drittanbieterdienste bei Vertragsstart automatisch aktiviert und man möchte diese nicht verwenden, sollte man sie umgehend sperren, um Missbrauch vorzubeugen. Dazu gibt es in der Regel zwei Möglichkeiten: Viele Handy-Provider erlauben im Online-Kundencenter oder in der Kundenservice-App die generelle oder selektive Sperre von Drittanbieterleistungen. Ist das nicht der Fall, sollte man nicht zögern, bei der Hotline anzurufen, eine Drittanbietersperre zu beantragen und sich diese auch bestätigen zu lassen.
Schaubild: So funktioniert die Abrechnung von Drittanbieter-Diensten
Bild: Stiftung Warentest / Finanztest
Aktuelle gesetzliche Regelungen zur Buchung von Leistungen
Schon seit vielen Jahren galt die Regel, dass bei einer Reklamation zur Handy-Rechnung mit nicht bestellten Drittanbieter-Posten der Mobilfunk-Provider der Ansprechpartner war und nicht der meist ominöse Drittanbieter, von dem man oft den Namen nicht kannte, geschweige denn Kontaktdaten hatte. Leider haben viele Provider diese Verpflichtung aber nicht ernst genommen und den Kunden bei Beschwerden dann doch wieder an den Drittanbieter verwiesen. Reagierte dieser nicht auf die Kundenbeschwerde, war es schwer, die irrtümlich oder betrügerisch abgebuchten Beträge zurück zu bekommen. Wer nicht bezahlte, dem wurde manchmal rigoros der Anschluss gesperrt.
Um diesem Treiben Einhalt zu gebieten, gilt seit 1. Februar 2020 bei Drittanbieterleistungen stattdessen eine neue Regelung. Dienstleistungen von Drittanbietern dürfen nur abgerechnet werden, wenn entweder bei der Buchung eine technische Umleitung erfolgt, bei der der Kunde für den Bezahlvorgang einer Drittanbieterleistung von der Internetseite des Drittanbieters auf eine Internetseite seines Mobilfunkanbieters umgeleitet wird (das Redirect-Verfahren) oder das Mobilfunkunternehmen verschiedene festgelegte verbraucherschützende Maßnahmen implementiert (das Kombinationsmodell).
Mobilfunkanbieter müssen sich generell mit den Beschwerden der Verbraucher auseinandersetzen und prüfen, ob die Forderung berechtigt ist. Die vorschnelle Drohung, im Fall der Nichtzahlung einer umstrittenen Forderung den Anschluss zu sperren, kann laut der Bundesnetzagentur eine unlautere aggressive geschäftliche Handlung darstellen. Im Zweifel sollten sich Verbraucher auf die Garantie berufen.
Weitere Details zu Kombinationsmodell und Redirect-Verfahren
Im Kombinationsmodell wird bei Einzelkäufen sowie bei besonders vertrauenswürdigen Drittanbietern, bei denen sich Kunden durch Login identifizieren, auf das Redirect-Verfahren verzichtet. Im Gegenzug kann sich ein Kunde in einer Vielzahl von Fällen auf eine Geld-Zurück-Garantie der Mobilfunkanbieter bei ungewollten Drittanbieter-Abrechnungen berufen. Welche Unternehmen sich für das Kombinationsmodell und damit auch für die Geld-Zurück-Garantie entschieden haben, hat die Bundesnetzagentur auf einer Liste der Teilnehmer am Kombinationsmodell aufgeführt.
Für Abonnement-Dienste gilt ein zwingender Einsatz des Redirect-Verfahrens. Beim Redirect-Verfahren sind Ablenkungen durch Bilder oder Einblendung anderer Inhalte wie Werbung nicht erlaubt. Die entsprechenden Seiten dürfen außer dem Logo des Mobilfunkanbieters keine Elemente oder zusätzlichen Informationen enthalten, die nicht im Zusammenhang mit der konkreten kostenpflichtigen Bestellung stehen. Dort darf auch nicht suggeriert werden, dass das Angebot kostenfrei ist. Insbesondere dürfen laut der Bundesnetzagentur Formulierungen wie "durch die Zustimmung entstehen Ihnen keine Kosten", "kostenloses Zugangstool" und "der Redirect ist für Sie kostenlos" nicht verwendet werden.
Auf der Redirect-Seite muss der Vertragspartner möglichst mit Anschrift und elektronischer Kontaktmöglichkeit angegeben werden. Dies ist erforderlich, damit Verbraucher zweifelsfrei feststellen können, mit wem sie den Vertrag schließen und wer der Adressat bei möglichen Beanstandungen ist. Außerdem können Beschwerden dadurch leichter ausgewertet werden. Das Redirect-Fenster sollte dabei in deutscher Sprache gefasst sein; in ihm soll die Zustimmungsfläche direkt sichtbar sein und es soll eine "Abbrechen"-Schaltfläche beinhalten.
Diese Drittanbieter-Dienste gibt es
Viele Handy-Kunden denken, bei Drittanbieter-Leistungen würde es sich immer um Abos oder unseriöse Abzock-Angebote halten. Es gibt aber auch seriöse Dienste - wir zählen die wichtigsten Kategorien auf:
- Kostenpflichtige Angebote in Appstores: Dazu gehören nicht nur der Einzel-Kauf kostenpflichtiger Apps, sondern auch Abonnements von Diensten mit beispielsweise monatlich oder jährlich wiederkehrender Zahlungsweise.
- ÖPNV-Tickets: Viele Nahverkehrs-Anbieter in Deutschland erlauben das Bezahlen von Tickets per Handy-Rechnung.
- Parktickets: In der Regel befinden sich die Informationen zum Bezahlverfahren auf einem Schild am Parkplatz bzw. Parkhaus oder auf dem Ticketautomat.
- eBooks: Elektronische Bücher lassen sich teilweise über die Handy-Rechnung bezahlen.
- Streaming-Angebote: Wenn Streaming-Anbieter für Musik, Filme und Serien die Abrechnung des monatlichen Abonnement-Beitrags nicht über den Appstore, sondern direkt über die Handy-Rechnung vornehmen, können sie dadurch die teils hohe Provision der Appstore-Betreiber umgehen.
- Kleinspenden: Als gemeinnützig anerkannte Vereine oder Hilfsorganisationen bitten manchmal um Kleinspenden von wenigen Euro mit Abrechnung über die Handy-Rechnung, was die Hürde abbauen soll, dass der Spender aktiv eine Überweisung anstoßen muss.
- Abonnements: Ja, es gibt sie leider immer noch: Abonnements für Klingeltöne, Desktop-Hintergründe oder Bildschirmschoner oder andere Dinge, die man wahrscheinlich auch problemlos woanders im Netz kostenlos finden würde. In diesem sowie im nachfolgenden Bereich dürften sich die meisten unseriösen Drittanbieter tummeln.
- SMS-Infodienste: Was es im Smartphone- und Internet-Zeitalter für einen Sinn hat, kostenpflichtig per Abo SMS-Infodienste wie Nachrichten oder Börsenkurse zu bestellen sowie an Chats, Votings oder Gewinnspielen per SMS teilzunehmen, bleibt dahingestellt - es gibt sie jedenfalls noch.

Bild: Vodafone, Screenshot: teltarif.de
So verhalten Sie sich richtig bei einer falschen Rechnung
Wer auf seiner Handy-Rechnung Abrechnungen über Drittanbieter-Leistungen findet, die er nachweislich nicht veranlasst hat, sollte sofort drei Dinge unternehmen:
- Widerspruch gegen die Rechnung: Erheben Sie beim Kundenservice Ihres Providers am besten sofort schriftlich Einspruch und nennen Sie dabei die betreffende Rechnung und den Posten. Verlangen Sie die sofortige Gutschrift des entsprechenden Betrags und lassen Sie sich nicht abwimmeln. Sind Kontaktdaten des Drittanbieters angegeben: Kündigen Sie dort das Abo schriftlich mit sofortiger Wirkung.
- Sofort Drittanbietersperre setzen: Sollten Sie bislang noch keine Drittanbietersperre gesetzt haben, sollten Sie das an dieser Stelle unverzüglich nachholen, entweder im Online-Kundencenter oder an der Hotline.
- Beschwerde bei der Bundesnetzagentur: Die BNetzA hat ein großes Interesse daran, den Missbrauch bei Drittanbieter-Abrechnungen einzudämmen. Sie nimmt daher auf einem speziellen Beschwerdeformular zu Drittanbieter-Abrechnungen gerne Ihre Beschwerde entgegen.
Abschließend bleibt es abzuwarten, wie sich die aktuellen Regelungen zu Drittanbieterdiensten in der Praxis bewähren - es gibt jedoch bereits Hinweise von Verbraucherschützern, dass durch die strengeren Vorgaben der Missbrauch immer noch nicht eingedämmt werden konnte. Handy-Nutzer sollten also weiterhin aufmerksam sein und ihre Rechnungen aufmerksam prüfen.
Eine falsche Rechnung flattert ins Haus: Wer jetzt denkt, dass er durch Zurückbuchen des falschen Betrags und Widerruf der SEPA-Lastschrift "Druck machen" kann, irrt sich gewaltig. Wir erläutern die richtige Vorgehensweise.
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