Gibt's Kinofilme dauerhaft exklusiv im Streaming?
IMAX UCI Kinowelt im Düsseldorfer Medienhafen
Foto: UCI Kinowelt
So ziemlich jeder Kinobesucher dürfte die Eigenwerbung vor dem Hauptfilm schon einmal gesehen haben. Sie endet mit dem Slogan "Kino. Dafür werden Filme gemacht". Ganz klar, das Erlebnis ist auch ganz besonders. Den aktuellen Blockbuster möchte man natürlich bei Popcorn und Cola auf der großen Kinoleinwand genießen. Doch ob dieses Erlebnis so schnell und unbeschwert auf Dauer wieder möglich ist, steht durchaus in den Sternen.
Das Coronavirus hat in den vergangenen Wochen auch den Kinobetreibern einen gehörigen Strich durch die Rechnung gemacht. Während der Lockdown selbst für globale Multiplex-Ketten wie AMC Theatres (UCI) oder Vue Entertainment (Cinemaxx) zum wirtschaftlichen Totalverlust führt, sieht die Sache für US-Studios wie Disney oder NBCUniversal ganz anders aus. Sie können ihren Content zum Beispiel per Streaming direkt in die Wohnzimmer der Zuschauer bringen. Die Kinobetreiber wiederum sehen ihre Exklusivität bei einer Umgehung der klassischen Verwertungskette durch die US-Studios in Gefahr und gehen deshalb bereits auf die Barrikaden.
Streit mit NBCUniversal
IMAX UCI Kinowelt im Düsseldorfer Medienhafen
Foto: UCI Kinowelt
Universal Pictures hatte bereits seinen Film "Trolls World Tour" über den digitalen Vertriebsweg ausgespielt und damit laut "Wall Street Journal" einen gigantischen Erfolg eingefahren. Das Studio stellt den Film unter anderem über Apple TV für 19,99 US-Dollar zum Verleih. Das ist zwar auch im Vergleich zu einem Kinoticket alles andere als günstig, kam jedoch beim Publikum offenbar sehr gut an, wie sich an den heimischen Einspielergebnissen von rund 100 Millionen US-Dollar zeigte. Daraufhin kündigte NBCUniversal-CEO Jeff Shell Ende April an, dass man künftig Filme sowohl über Kinos als auch sofort via Premium-VoD auswerten wolle.
Es ist leicht nachvollziehbar, dass den Kinos durch diese neue Strategie ein Großteil ihrer Umsätze verloren geht. Entsprechend verärgert reagierte AMC-Präsident Adam Aron gegenüber Universal Studios-Chefin Donna Langley in einer Pressemitteilung und machte darin unmissverständlich klar, dass in den weltweit 1.000 AMC-Kinos ab sofort keine Filme von Universal Pictures mehr gespielt werden, sofern das Unternehmen bei seiner Strategie bleibe. Das betrifft auch Deutschland, denn AMC Theatres betreibt hierzulande über seine Tochter Odeon Cinemas insgesamt 24 UCI-Multiplexkinos vor allem in Großstädten wie beispielsweise Berlin, Düsseldorf, Hamburg und Bochum.
Wie reagieren Amazon, Netflix und Sky?
Die Pläne von NBCUniversal werfen natürlich die Frage auf, ob Blockbuster auch bei Streaming-Diensten in Deutschland künftig zeitgleich zum Kinostart zu sehen sind. Hier sollten Abonnenten allerdings nicht zuviel erwarten und das hat unterschiedliche Gründe. Zunächst liegt dies am Preis: Die Streamer bieten quasi eine Film- und Serienflatrate für unter zehn Euro an. Zu diesem Preis wird natürlich kein US-Studio seine Blockbuster abgeben.
Die Vermarktung via Premium-VoD passt außerdem nicht ins Geschäftsmodell eines SVoD-Anbieters wie Netflix. Amazon könnte dies zwar tun, müsste hierzu aber sicherlich sehr gut mit den Studios verhandeln. Ganz anders sieht es bei Sky aus. Das Unternehmen gehört mittlerweile zum US-Konzern Comcast, der auch Besitzer von NBCUniversal bzw. Universal Pictures ist. Es wäre durchaus vorstellbar, dass die Filme also künftig bei Sky in der Erstverwertung landen. Außerdem böte sich der neue NBC-Streaming-Dienst "Peacock" an, für den auch mit einem Deutschland-Start gerechnet wird.
Ambivalente Entwicklung
Einerseits hat es seinen Reiz, einen Blockbuster sofort im Wohnzimmer statt im Kino sehen zu können. Ob sich die neue Verwertungskette allerdings langfristig durchsetzt, hängt letztendlich auch von den Kinos ab. Selbst ein Großkonzern wie NBCUniversal wird sich kaum erlauben können, auf die Kinoauswertung über AMC Theatres verzichten zu können. Sollte Vue Entertainment den gleichen Weg gehen, würden Blockbuster wie "Fast and Furious" von Universal Pictures im Gegensatz zu denen von Disney und Warner bald nur noch in kleinen Dorfkinos gespielt. Das wäre wohl auch dem Kinopublikum kaum vermittelbar. Es ist daher wohl eher davon auszugehen, dass man nach der Corona-Krise zumindest versuchen wird, zur traditionellen Verwertungskette mit der Exklusivität auf Kinos zurückzukehren.
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