JMStV: Staatsvertrag zum Jugendschutz endgültig gescheitert
Staatsvertrag zum Jugendschutz endgültig gescheitert
© Emin Ozkan - Fotolia.com
Der geplante Staatsvertrag zum Jugendschutz im Internet ist endgültig
gescheitert. Der nordrhein-westfälische Landtag lehnte den Antrag zur
Novellierung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags (JMStV) heute wie erwartet
einstimmig ab. Der Staatsvertrag sah Altersbeschränkungen für Internetangebote
und "Sendezeiten" für jugendgefährdende Inhalte vor. Quer durch alle Parteien und
bei vielen Netzaktivisten gab es massive Zweifel, ob die zum 1. Januar
geplanten Maßnahmen umsetzbar und effizient waren.
Staatsvertrag zum Jugendschutz endgültig gescheitert
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In einer hitzigen Debatte vor der Abstimmung wiesen sich Regierung und
Opposition gegenseitig die Schuld für das Scheitern des Vertrags zu.
Medienministerin Angelica Schwall-Düren (SPD) warf CDU und FDP "Opportunismus
in Reinkultur" vor - schließlich hätten sie als Regierungskoalition den Entwurf
noch selbst unterschrieben. SPD und Grüne hatten sich ihrerseits gestern nach
dem Nein von CDU und FDP ebenfalls zur Ablehnung des Vertrags entschieden. Sie
wollten nicht den Kopf hinhalten für ein Gesetz, gegen das sie ohnehin Bedenken
hatten. Die rot-grüne Minderheitsregierung hat im NRW-Landtag keine eigene
Mehrheit. Auch die Linke hatte den Vertrag abgelehnt, so dass SPD und Grünen
eine Niederlage drohte für eine Sache, die sie nur halbherzig unterstützen.
"Sieg der Vernunft"
Der frühere CDU-Medienminister Andreas Krautscheid rechtfertigte die Ablehnung mit Mängeln an dem Vertrag, die erst später bekannt geworden seien. Auch angesichts der massiven Bedenken aus der Netzgemeinde sei es besser, sich mit dem Entwurf noch Zeit zu lassen. Auch in anderen Landesparlamenten werde man erleichtert sein. Er warf der Regierung vor, sie leite ihre Verantwortung aus den jeweiligen Mehrheitsverhältnissen ab.
Jörg-Olaf Schäfers vom Portal Netzpolitik.org, sprach von einem "Sieg der Vernunft". "Die Entscheidung ist eine große Chance für einen zeitgemäßen Jugendschutz im Netz." Thomas Stadler, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Informationstechnologierecht, sagte, die Ablehnung der Novellierung des JMStV könne nur ein erster Schritt sein. "Die Politik muss zur Kenntnis nehmen, dass die Ziele des Jugendmedienschutzes nicht primär durch Ge- und Verbote gegenüber Anbietern erreichbar sind." Aufgabe des Staates werde es künftig vor allen Dingen sein, für die Vermittlung von Medienkompetenz zu sorgen.
Mit dem Scheitern der Jugendschutznovelle wird es jetzt keine Alterseinstufungen für Web-Seiten geben. Nach dem JMStV aus dem Jahr 2003 müssten manche Seitenbetreiber mit "Sendezeiten" für den verlangten Jugendschutz zu sorgen. Bislang hat sich allerdings kaum ein Anbieter an diese Regel gehalten. In Angeboten wie der Mediathek der ARD werden jedoch Krimis wie der "Tatort" oder andere Sendungen erst ab 20 Uhr mitteleuropäischer Zeit freigeschaltet. Verstöße gegen die Sendezeit-Regelung des JMStV aus dem Jahr 2003 wurden bislang nicht geahndet.