DOCSIS: Gigabit per TV-Kabel - bald auch symmetrisch
Internet per Kabel ist schon heute mit höheren Datenraten zu haben, als es Technologien wie VDSL derzeit erlauben. Einige Anbieter ermöglichen ihren Kunden inzwischen Downstream-Raten von bis zu 1 GBit/s. Doch die Datenraten sind endlich - vor allem durch das Teilen der Leitung mit anderen Nutzern auf den letzten Metern zwischen Verstärkerpunkt und Kunde (Shared Medium). Die Kabelanbieter haben 2013 damit begonnen, den Standard DOCSIS 3.1 einzuführen, der Gigabit-Raten ermöglicht. Mit DOCSIS 4.0 ist nun auch die Spezifikation des neuesten Standards fertig, die in Deutschland aber noch kein Netzbetreiber eingeführt hat.
DOCSIS bezeichnet den Standard für die so genannte bidirektionale Daten-Übertragung im Kabelnetz -
er kommt also in den mit einem Rückkanal versehenen Kabelnetzen zur Anwendung.
Der DOCSIS-Standard wurde nach seiner Einführung 1997 ständig an neue Gegebenheiten angepasst.
So wurden nach und nach Features wie die dynamische Dienstqualität (Quality of Service) für
Telefonie über die Internet-Leitung (Voice over Cable), die Verbesserung der Upstream-Leistung
oder - 2013 mit der Realisierung der Version DOCSIS 3.1 - die Kanal-Bündelung
eingeführt.
Mehr Speed im TV-Kabel durch DOCSIS 3.1
Bild: Unitymedia
Schon bei der Einführung von DOCSIS 3.1 hatten die Kabelnetzbetreiber einiges zu beachten: So konnte diese
zwar parallel zum Weiterbetrieb von DOCSIS 3.0 erfolgen, das ging jedoch nur, wenn es auch freie Frequenzen im Netz
gab. Zumeist waren die Frequenzen im Kabelnetz jedoch belegt, entweder mit DOCSIS-Signalen oder mit
digitalem Kabelfernsehen. Damit freie Frequenzen geschaffen werden, haben die Kabelanbieter inzwischen die ineffizienten analogen TV-Signale aus ihren Kabelnetzen
verbannt. Die freien Frequenzen im Bereich bis 862 MHz ließen sich so in der Folge für Internetsignale
nutzen.
DOCSIS 4.0: Endlich symmetrisches Kabel-Internet
Schon länger empfanden es Kabel-Internet-Kunden als Ärgernis, dass bei den Anschlüssen immer mit einem hohen Downstream geworben wird, der Upstream aber nur einen Bruchteil des Downstreams beträgt. Insbesondere bei der Verwendung von Kabel-Internet-Anschlüssen bei Firmen war das lästig, doch auch Privatkunden haben dank Cloud Computing heutzutage mehr Bedarf für eine hohe Uploadgeschwindigkeit.
DOCSIS 4.0 räumt mit dieser Bandbreiten-Schieflage auf. Mussten Kabelnetzbetreiber bislang die verfügbare Bandbreite wie in einer Jonglage zwischen Down- und Upstream aufteilen, ermöglicht DOCSIS 4.0 mehrere Übertragungen im gleichen Frequenzspektrum. Die Standardisierungsorganisation CableLabs nennt diese Technologie "Full Duplex".
Der Standard DOCSIS 4.0 wird auch ein erweitertes Frequenzspektrum (bis 1,8 GHz) nutzen, wodurch nochmals höhere Bandbreiten möglich sind. Im Downstream sind es laut CableLabs bis zu 10 GBit/s, im Upstream sollen bis zu 6 GBit/s erzielt werden. Das bedeutet im Vergleich zu DOCSIS 3.1 eine Verdoppelung der Bandbreiten im Down- bzw. eine Vervierfachung im Upstream. Es könnte aber durchaus noch dauern, bis DOCSIS 4.0 in existierenden Kabelnetzen zum Einsatz kommt.
Ein Kabel, wie es typischerweise vor den Wohnhäusern unter den Bürgersteigen zu finden ist: Die Signale kommen von den Verstärkerpunkten und zweigen zu den Hausübergabepunkten ab.
Foto: Kabel Deutschland
DOCSIS 3.1 kann Frequenzen bis 1,7 GHz nutzen
Mit DOCSIS 3.1 stehen auch bereits Frequenzen jenseits der 862 MHz zur Verfügung. Zumindest sieht der Standard vor, dass Frequenzen bis 1,7 GHz verwendet werden können. Das allerdings war in den meisten deutschen Kabelnetzen nicht ohne Weiteres möglich, weil viele Verstärkerpunkte und Abzweige diese bis dahin nicht benötigten Frequenzen auch nicht unterstützten. Hinzu kam, dass Kabelnetzbetreiber wie Unitymedia/Vodafone ihre Netze nicht selbst gebaut, sondern von der Telekom übernommen haben. Die Telekom wiederum hat die Netze noch zu Zeiten der Deutschen Bundespost errichtet.
Der Frequenzbereich wurde in Deutschland zunächst bis auf 1218 MHz ausgeweitet. Für die Netzbetreiber bedeutete das aber auch eine erhöhte Kabeldämpfung in den oberen Frequenzbereichen. Ein solcher Ausbau ist immer nur dann sinnvoll, wenn der Kabelnetzbetreiber die Glasfaserleitung wie bei FTTB bis zum Gebäude führt und erst hier auf das Koaxialkabel wechselt. Das wird auch von ersten Anbietern bereits umgesetzt. So hatte Vodafone bereits 2017 einen Feldtest mit FTTB-Ausbau durchgeführt und dabei in Summe mehr als 8 GBit/s erreicht.
Mit einem Glasfaser-Ausbau bis in die Gebäude entgehen die Anbieter auch einem weiteren Problem, das aus den Bundespost-Zeiten resultiert: Einige Elemente im Verzweigernetz, das einst die Deutsche Bundespost gebaut hat, sind den Anbietern auch nach Jahren noch nicht bekannt. Deshalb wissen sie auch nicht, ob und welche Frequenzen sie unterstützen. Werden nun neue Frequenzen verwendet, könnte hier die eine oder andere Überraschung warten. Im Vorteil sind Anbieter wie Tele Columbus, deren Netze unter eigener Regie neu gebaut oder modernisiert wurden.
Anderes Modulationsverfahren
Kabel-Internet
Foto: Unitymedia
DOCSIS 3.1 nutzt, anders als der Vorgänger, OFDM (Orthogonal Frequency-Division Multiplexing),
ein Multi-Carrier-Modulationsverfahren. Der Netzbetreiber kann so besser auf die jeweiligen
Begebenheiten für den Cluster oder sogar für jedes einzelne Modem eingehen. Eine Unterdrückung von
Unterträgern vermeidet Fehler durch Einstrahlungen, Zeit- und Frequenz-Interleaving ermöglichen eine
Verbesserung der Immunität gegen Impulsrauschen und Interferenzen. Zusätzlich kommt bei DOCSIS 3.1
ein leistungsfähiger Fehlerschutz zum Einsatz (Low Density Parity Check LDPC). Möglich sind auch enorm
hohe Frequenzmodulationen. Derzeit wird von 4KQAM im Downstream und 1KQAM im Upstream ausgegangen,
perspektivisch sei aber auch 16KQAM im Downstream möglich. 4KQAM ermöglicht pro Kanal eine Datenrate
von 84 MBit/s. Die höhere Modulation bedeutet zwar einen größeren Kanal-Rauschabstand, dem wirkt
die neue Fehlerkorrektur aber entgegen.
Frequenzen können zudem dynamisch bereitgestellt und genutzt werden, sodass ein Energie-effizienter Betrieb gemäß der aktuellen Anforderung möglich ist. Anstelle eines schnell modulierten breitbandigen Signals nimmt man also viele langsamer modulierte Schmalbandsignale.
Unterm Strich wird der Netzbetreiber in der Frequenznutzung auch flexibler. Vor DOCSIS 3.1 musste er verschiedene
Sendekanäle definieren, auf denen DOCSIS-Signale übertragen werden. Bei DOCSIS 3.1 wird pauschal
ein Spektrum von bis zu 192 MHz verwendet.
Vergleich Reichweite Kabel-Internet - DSL: Im Breitband-Kabel ist der Einsatz von Verstärkern viel weiter verbreitet als beispielsweise bei DSL oder VDSL.
Grafik: Unitymedia
Parallelbetrieb zweier Standards
Die flächendeckende Einführung von DOCSIS 3.1 war und ist ein fortwährender Prozess, deswegen gab es also nicht mit einem Schlag 10-GBit/s-Anschlüsse. DOCSIS 3.0 blieb zunächst noch eine Zeitlang weiter geschaltet, da andernfalls die Modems bei den Kunden schnell hätten getauscht werden müssten. Eine Firmware-Anpassung der Modems ist nicht möglich, die beiden Technologien sind aber auch nicht miteinander kompatibel. Inzwischen verlangen einige Netzbetreiber den Modem-Tausch bei ihren Kunden für den endgültigen Wechsel auf DOCSIS 3.1.
Vorteil der Kabelnetzbetreiber: Zwar kann ein 3.0-Modem nicht mit 3.1 umgehen, doch können beide Systeme im selben Netz parallel betrieben werden.
Kabel-Radio auf der Kippe
Im Upstream, derzeit dem größten Nachteil der Kabelnetzbetreiber, wurden die Netze mit DOCSIS 3.1 ebenfalls nachgebessert. Auch hier kamen weitere Frequenzen zum Einsatz. Diese stehen seit der Abschaltung des analogen Kabel-Radios auch zur Verfügung. Denn der Internet-Upstream sollte unter anderem in diesem Frequenzbereich übertragen werden.
Damit das volle Potenzial von DOCSIS 3.1 ausgenutzt werden kann, müssen die Netzbetreiber aber viel im Netz umrüsten, um die ausgeweiteten Frequenzbereiche zu unterstützen. Ferner bedeutet die Ausweitung der Frequenzbereiche aufgrund der steigenden Signalleistung auch eine höhere Leistungsaufnahme. Diese Leistungsaufnahme würde sich jedoch auch wieder relativieren, wenn die Glasfaserleitungen nach und nach näher an die Kunden geführt und die Verstärkerpunkte damit weniger werden würden. Mit der heutigen Frequenznutzung lassen sich mit DOCSIS 3.1 Datenraten von 1 GBit/s im Downstream erreichen. Würden - nach Ausweitung des Frequenzspektrums auf 1,7 GHz - alle Kanäle für Datenverbindungen genutzt werden, so wären dann wohl auch Datenraten von 10 GBit/s kein Problem.
Doch allen Schwierigkeiten und Verzögerungen zum Trotz: DOCSIS 3.1 wurde eingeführt. Inzwischen sind bei mehreren Kabelanbietern in vielen Großstädten Anschlüsse mit bis zu 1 GBit/s nutzbar.
Kabelverstärker wie dieser sind in Städten an vielen Stellen zu sehen. Sie verstärken die Kabelsignale der Kunden in Richtung der Kabelkopfstation, aber auch die TV- und Internetsignale von der Kabelkopfstation zum Kunden.
Foto: teltarif.de
Mit EuroDOCSIS 3.0 waren bis zu 400 MBit/s möglich
Mit der europäischen Variante EuroDOCSIS 3.0 waren Übertragungen mit bis zu 400 MBit/s denkbar. DOCSIS ist bis zur Version 3.0 abwärtskompatibel und ermöglicht den parallelen Betrieb der anderen vorangegangenen Versionen des Standards.
Der an die TV-Normen der Kabelnetze in Europa angepasste EuroDOCSIS-Standard bot seinerzeit eine um 2 MHz auf 8 MHz ausgebaute Frequenz-Bandbreite pro Kanal für den Downstream sowie eine Frequenz-Bandbreite von 5 bis 65 MHz pro Kanal für den Upstream. Bei einer Modulation mit QAM-256 und bei einer Symbolrate von 6,952 MSym/s (MSym/s steht für Megasymbole pro Sekunde) ergab sich dann für einen Kanal ein Datendurchsatz von brutto 55,616 MBit/s bzw. - unter Abzug der Vorwärts-Fehlerkorrektur - ein Datendurchsatz von netto 51,254 MBit/s. Demgegenüber stand auf der Upstream-Seite ein Durchsatz von brutto 30,72 MBit/s bei einer Modulation mit QAM-64 sowie einer Symbolrate von 5,12 MBit/s.
Vier gebündelte Downstream-Kanäle mit einer
Kanalbandbreite von 8 MHz und QAM-256 ermöglichten dann eine Datenübertragung mit bis zu
200 MBit/s. Bei acht gebündelten Downstream-Kanälen wurden bis zu 400 MBit/s
erreicht. Auch solche EuroDOCSIS-3.0-fähigen Kabel-Modems, welche die Bündelung von
acht Downstream-Kanälen und vier Upstream-Kanälen unterstützen, waren dann irgendwann im Handel
erhältlich. Ein entsprechendes Modem empfing aufeinanderfolgend über vier Kanäle aufgeteilte
Datenpakete, setzt diese dann in der richtigen Reihenfolge zusammen und übermittelte die
Informationen an den Ethernet-Port.
Das Cable Modem Termination System (CMTS) ist netzseitig der Abschluss des Internetsignals.
Foto: teltarif.de
Das Problem: Weil das Kabelnetz ein so genanntes "Shared Medium" ist, konnten und können auch die Kabel-Internet-Anbieter
nicht die tatsächlich verfügbaren Bandbreiten garantieren. Zum einen teilen sich möglicherweise mehrere Nutzer die Bandbreite an einem
Kabel-Modem pro Haushalt. Zum anderen aber können auch
die sogenannten Cluster, also die Bereiche ab dem Übergang von Glasfaser auf Koaxialkabel, zu groß gefasst sein.
Buchen dann zu viele Kunden die Internet-Leitungen, so sind die Leitungen vor allem zu Stoßzeiten (beispielsweise am Abend) überlastet.
Durch die Zuschaltung weiterer Kanäle ließe sich zwar
weitere Kapazität in die Gebiete bringen, doch auch hier sind die Möglichkeiten endlich.
Maximal üblich in Deutschland waren seinerzeit 24 gebündelte Kanäle, bei einem Datendurchsatz von netto 51,254 MBit/s pro Kanal
waren das 1,23 GBit/s. Umfasste nun aber ein Cluster beispielsweise eine ganze Kleinstadt und 500 Kunden wollten gleichzeitig
surfen, so blieben für jeden Kunden rechnerisch nur noch etwas weniger als 2,5 MBit/s.
Entsprechend mussten die Cluster mit steigender Kundendichte verkleinert (segmentiert) werden. In den Kabel-Anfangszeiten
hatten Cluster nach Angaben aus Netzbetreiberkreisen eine Größe von 15 000 Haushalten.
In einem separaten Ratgeber zeigen wir auf, wie Sie vorgehen können, wenn der Provider Ihnen nicht die versprochene Geschwindigkeit liefert.

- Überblick: Internet, Telefon und Triple-Play über TV-Kabel
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- Recht auf Breitband-Internet: So fordern Sie es ein
- Kabel-Anschluss zu langsam: So wehren Sie sich
- Triple Play: Internet, Telefon und Fernsehen aus einer Hand
- Hintergrund: So funktioniert ein Kabelnetz
- Netzebene 3 und 4 im Kabelnetz: Was bedeutet das?
- DOCSIS: Gigabit per TV-Kabel - bald auch symmetrisch
- Internet via TV-Kabel für Geschäftskunden
- Internet via Kabel: Eine echte DSL-Alternative
- Den richtigen Router für (V)DSL und TV-Kabel finden
- Kabel-Router kaufen: Verfügbare Modelle und Hinweise
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