Gutachten: Netzsperren im Internet sind rechtswidrig
Gutachten: Netzsperren im Internet sind rechtswidrig
Bild: dpa
Internetsperren zur Ausschaltung illegaler Inhalte
sind nach einem juristischen Gutachten [Link entfernt]
des Verbands der
Internetwirtschaft (eco) rechtswidrig. Alle Sperransätze verfolgten
"eine Selektion auf Grund technischer Parameter", welche die
Auswertung eines vom Grundgesetz geschützten Kommunikationsvorgangs
erforderlich mache, heißt es in dem Gutachten, das heute
veröffentlicht wurde. "Internetsperren verstoßen gegen deutsches
Recht", sagte eco-Geschäftsführer Harald Summa während einer
Web-Konferenz mit Journalisten.
2009 hatte in der Großen Koalition die damalige Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) das "Gesetz zur Erschwerung des Zugangs zu kinderpornographischen Inhalten in Kommunikationsnetzen" (Zugangserschwerungsgesetz) auf den Weg gebracht. Das Gesetz sollte den Zugang zu Webseiten in Deutschland erschweren, die Kinderpornografie enthalten. Das 2010 in Kraft getretene Gesetz wurde unter der schwarz-gelben Koalition im Bund de facto nicht angewendet und im Dezember 2011 wieder aufgehoben.
Studie: Sperren ist eine Art "Brachialmethode"
Gutachten: Netzsperren im Internet sind rechtswidrig
Bild: dpa
"Das Sperren ist eine Art Brachialmethode, um von den eigentlichen
Problemen abzulenken", sagte eco-Geschäftsführer Summa. Da jede
Sperre mit technischen Mitteln umgangen werden könne, müssten andere
Wege beschritten werden, um illegale Inhalte im Netz auszuschalten.
Die Arbeit von entsprechenden Meldestellen sei da im vergangenen Jahr
sehr vielversprechend gewesen: "97 Prozent der in Deutschland
gehosteten illegalen Inhalte konnten binnen einer Woche abgeschaltet
werden." Auch bei rechtswidrigen Inhalten auf Servern im Ausland
funktioniere das Netzwerk solcher Hotlines zunehmend besser.
Die Rechtsprechung der Gerichte habe sich in den vergangenen Jahren zunehmend gegen Netzsperren gewandt und dabei auf das Fernmeldegeheimnis in Artikel 10 des Grundgesetzes abgehoben, sagte der Kölner Fachanwalt Dieter Frey, Mitautor des Gutachtens. Zu dem inzwischen wieder außer Kraft gesetzten Zugangserschwerungsgesetz sagte Frey: "Wir müssen Frau von der Leyen dankbar sein, dass sie diesen Anstoß gegeben hat, weil wir endlich dazu gekommen sind, uns intensiv gesellschaftlich und rechtlich damit auseinanderzusetzen."
Kinderpornografie ist nicht das einzige Problem
Die Bekämpfung von Kinderpornografie im Internet stellt laut der Studie im übrigen nur einen Bereich dar, in dem Internetsperren diskutiert werden. Auch bei illegalen Glücksspielangeboten im Internet hätten sich im Jahr 2010 Ordnungsbehörden dafür entschieden, Verstößen ausländischer Anbieter durch Sperrungsverfügungen gegen Access-Provider auf der Basis des Glücksspielstaatsvertrags zu begegnen. Außerdem würden weiterhin die Rechteinhaber der Musik- und Filmindustrie Internetsperren zur Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen im Internet politisch und gerichtlich gerne durchsetzen.