VATM: Mindestgeschwindigkeit von 30 MBit/s wäre überzogen
Durch die „Bestrebungen seitens der Bundesländer, die Mindestvorgaben im Rahmen der sogenannten Verordnung für das Recht auf Versorgung mit Telekommunikationsdiensten (RaVT) auf 30 MBit/s im Download anzuheben, drohen eine schnelle Versorgung gerade der am stärksten betroffenen Bevölkerung unmöglich zu machen“, warnt Jürgen Grützner, Geschäftsführer des VATM. Er hat die anstehende Entscheidung im Bundesrat im Auge.
Technisch nicht begründbar
Der VATM hat Angst, dass die neue Mindestgeschwindigkeit den Ausbau verzögert
Foto: M-Net, Logos: BNetzA/VATM, Montage: teltarif.de
Zu Recht weise der neue Chef der Bundesnetzagentur (BNetzA), Klaus Müller, der bis vor kurzem noch oberster Verbraucherschützer Deutschlands war, darauf hin, dass die besten Ergebnisse für Bürger mit einer in Zukunft sukzessiv steigenden Versorgungsgrenze erzielt würden.
Aber: „Eine Anhebung direkt von 10 auf 30 MBit/s wäre nicht nur technisch nicht begründbar und rechtlich unzulässig, sondern absolut kontraproduktiv, da eine Vervielfachung der Antragsteller für die Behörde, aber auch die Versorgungsunternehmen nicht zu bewältigen wäre“, befürchtet Grützner.
Erst 10 MBit/s, jetzt 30 MBit/s?
Die Bundesnetzagentur hatte im Zuge der Entwicklung der TK-Mindestanforderungsverordnung (TKMV) die Mindestanforderungen mithilfe dreier Gutachten ermitteln lassen. Im ursprünglichen Entwurf waren 10 MBit/s Download, 1,3 MBit/s im Upload und 150 ms Latenz vorgeschlagen worden. „Die Bestrebungen der Bundesländer, die Mindestanforderungen für Down- und Upload nun noch weiter zu erhöhen, hätten erhebliche negative Auswirkungen auch auf den gesamten Glasfaserausbau in Deutschland“, befürchtet der Verband. Es müssten viel zu viele einzelne Anschlüsse nach verlegt werden, der systematisch geplante Ausbau müsste zurückgestellt werden.
Auch die von den Ländern geforderte Senkung der Latenz sei "sachlich nicht gerechtfertigt". Sie verhindere die schnelle und kurzfristige Versorgung per Funk und Satellit für Haushalte, die am schlechtesten versorgt sind und noch einige Zeit auf einen Glasfaseranschluss werden warten müssten. Alle zu erbringenden Dienste würden auch mit einer Latenz deutlich oberhalb von 150 ms funktionieren.
Comeback von Kupferleitungen?
Wenn die schärferen Grenzwerte gültig werden sollten, sieht der VATM eine "Renaissance" der Kupferanschlüsse, da relativ schnell ein paar Megabit mehr und günstiger zu erreichen wären als der eigentlich angestrebte Glasfaserausbau ganzer Ortschaften.
Durch die zusätzlichen völlig ineffizienten Einzelausbaumaßnahmen und die fehlende Planbarkeit von bis zu vier Millionen Verfahren würde vielen Kooperationen mit den Bundesländern oder Kommunen die Grundlage entzogen.
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Wenn die Mindestanforderungen für das Internet daheim vom Gesetzgeber deutlich angehoben werden, werden sicher mehr Anspruchsberechtigte bereit sein, sich zu Wort zu melden und den sofortigen Ausbau ihres Anschlusses fordern. Das würde in der Tat spezialisierte Telekommunikations-Baufirmen binden, die dann nur bestimmte Anschlüsse oder einsame Straßenzüge auf die Schnelle "anheben" müssten. Wenn das aber zum Anlass genommen würde, diesen Ort oder Stadtteil gleich komplett - vielleicht sogar mit Glasfaser für alle - auszubauen, würde das Argument wegfallen.
Nein, es könnte eine andere Angst dahinter stecken: Die langsamen Anschlüsse dürften in Mehrheit von der Telekom stammen. Also würde die Telekom wohl als erstes aufgefordert, ihren Anschluss zu beschleunigen. Der Kunde wäre sofort zufrieden, und die Motivation, irgendwann zu einem privaten Anbieter zu wechseln, würde entfallen.
Es muss einfach genug Druck im Kessel bleiben, dass insgesamt mehr und schneller ausgebaut wird.
In einer weiteren Meldung geht es darum, wie sich Verbraucher vor personalisierten Preisen schützen können.
