Internetnutzer verzichten aus Angst auf Online-Dienste
Viele Internetnutzer verschicken aus Angst keine persönliche Informationen mehr per E-Mail
Bild: dpa
Gehackte Rechner, geklaute Daten, geplünderte Konten:
Die Kriminalität im Internet nimmt zu. Das Bundeskriminalamt
registrierte 2013 einen Zuwachs an Fällen von Computersabotage,
Erpressung von Internetnutzern und Betrug beim Online-Banking. "Die
Internetkriminalität ist weiterhin auf dem Vormarsch", sagte
BKA-Präsident Jörg Ziercke heute in Berlin bei der Vorstellung [Link entfernt]
des neuen Bundeslagebildes zur Cyberkriminalität.
Insgesamt stieg die Zahl der gemeldeten Delikte im Vergleich zum Vorjahr zwar nur leicht auf 64 426 Fälle. Das BKA geht aber von einem sehr großen Dunkelfeld aus: Das wahre Ausmaß könnte Schätzungen zufolge elf Mal so groß sein.
BKA meldet stark steigende Internetkriminalität
Das BKA legt jedes Jahr ein Lagebild zur Internetkriminalität vor. Die Gesamtzahl der gemeldeten Fälle lag 2013 demnach nur ein Prozent höher als im Vorjahr. Seit 2009 stieg die Zahl aber um mehr als 20 Prozent. Nur 25 Prozent der Fälle wurden 2013 aufgeklärt.
Unter den registrierten Delikten beobachtete das BKA im vergangenen Jahr vor allem eine Zunahme der Computersabotage. Gemeldet wurden hier fast 12 800 Fälle - ein Plus von rund 18 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Vergehen wie Computerbetrug und Datenausspähung gingen laut der offiziellen Statistik dagegen leicht zurück.
2013 erlebte laut BKA auch das Phishing ein Comeback, bei dem sich Kriminelle Zugangsdaten zum Online-Banking erschleichen und Konten leer räumen. Fast 4 100 solche Fälle wurden registriert. Im Schnitt entstand ein Schaden von 4 000 Euro pro Fall - und ein geschätzter Gesamtschaden von 16,4 Millionen Euro. Ziercke sagte, die Täter hätten Wege gefunden, verbesserte Sicherheitsvorkehrungen beim Online-Banking zu umgehen. Die Cyberkriminellen würden generell immer professioneller und ihre genutzte Schadsoftware immer komplexer.
Ausgebreitet hat sich nach Einschätzung des BKA auch die digitale Erpressung im Netz. 6 754 solcher Fälle wurden im vergangenen Jahr gemeldet. Kriminelle infizieren dabei beispielsweise die Rechner ihrer Opfer und suggerieren mit einer eingeblendeten - und angeblich vom BKA stammenden - Meldung, dass der Computer im Zusammenhang mit Straftaten aufgefallen und deshalb gesperrt worden sei (BKA-Trojaner). Zur Entsperrung des Rechners wird dann die Zahlung von 100 Euro verlangt.
Die Polizei hat sich zum Teil schon umgestellt. Seit langem gehen Ermittler im Internet auf Streife, durchforsten soziale Netzwerke und Millionen Webseiten. Aber personell sind die Behörden ihren Gegnern weit unterlegen. Noch dazu reagieren die Kriminellen schnell auf neue Sicherheitsstrategien und lernen stetig dazu. Die Sicherheitsbehörden kommen da kaum hinterher.
Firmen melden Cyberangriffe selten
Viele Internetnutzer verschicken aus Angst keine persönliche Informationen mehr per E-Mail
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Die Statistiken haben laut BKA aber nur eine begrenzte Aussagekraft.
"Das Dunkelfeld bei Cybercrime wird immer größer", sagte Ziercke. Ein
Großteil der Straftaten im Netz werde nicht angezeigt. Zum Teil
bemerkten die Bürger und Unternehmen nicht einmal, dass sie Opfer von
Cyberkriminellen geworden seien. Vor allem Firmen scheuten sich aber
auch bewusst davor, Angriffe auf ihre Netzwerke zu melden.
Eine Dunkelfelduntersuchung des Landeskriminalamts Niedersachsen aus dem vergangenen Jahr ergab, dass nur neun Prozent aller Cybercrime-Delikte angezeigt werden. Laut BKA müssten die vorliegenden statistischen Zahlen daher mit dem Faktor elf multipliziert werden, um ein annähernd realistisches Bild zur Cyberkriminalität in Deutschland zu bekommen.
Internetnutzer verzichten aus Angst auf Online-Dienste
Auch eine aktuelle Studie [Link entfernt] des Branchenverbandes Bitkom gibt Hinweise auf ein weit größeres Ausmaß der Cyberkriminalität. Der Verband befragte Anfang August rund 1 000 Internetnutzer zu ihren Sorgen und Erfahrungen beim Umgang mit dem Netz. 55 Prozent gaben an, sie seien in den vergangenen zwölf Monaten selbst Opfer von Cyberkriminalität geworden. Hochgerechnet entspreche das rund 29 Millionen Betroffenen.
Der Studie zufolge wächst unter den Internetnutzern die Angst vor Bedrohungen insbesondere Ausspähung aus dem Netz. Nur jeder Zehnte fühlt sich gar nicht gefährdet. Vor drei Jahren lag die Zahl der Sorglosen noch bei 21 Prozent. Wegen Sicherheitsbedenken verzichten viele Verbraucher demnach inzwischen auch bewusst auf die Nutzung bestimmter Online-Dienste. Hierzu zählen beispielsweise der Versand vertraulicher Informationen und wichtiger Dokumente per E-Mail, das Online-Banking oder sogar die Mitgliedschaft in sozialen Netzwerken. Stattdessen wird die Notwendig für Virenschutzprogramme und zusätzlich installierte Firewalls bei den Nutzern immer bewusster. Bitkom-Präsident Dieter Kempf sagte, die Internetkriminalität sei inzwischen allgegenwärtig.
Vor allem in Deutschland ist der Schaden, der durch die Internetkriminalität verursacht wird, am höchsten.