Interaktive Radio-Apps: So wird man zum Programmdirektor
Radio einschalten und sich einfach berieseln lassen: Das machen täglich immer noch mehr als dreiviertel aller Deutschen (Quelle: Media Anaylse 2020 Audio). Doch längst ist Radiohören weit mehr geworden: Prinzipiell kann heute jeder per Smartphone oder am Computer selbst zum Programmchef werden. Wir haben die wichtigsten interaktiven Radio-Apps zusammengestellt.
Audiotheken: Audio-Beiträge der Öffentlich-Rechtlichen und Privatradios
Die ARD-Audiothek
Foto: WDR
Bei Audiotheken gibt es Radiobeiträge auf Abruf. Größtes deutsches Angebot ist die ARD Audiothek, das gemeinsame Audio-Portal der Landesrundfunkanstalten der ARD und des Deutschlandradios im Internet. Das Angebot wurde offiziell am 8. November 2017 anlässlich der ARD-Hörspieltage in Karlsruhe als mobile App aufgenommen. Redaktionell betreut wird die ARD Audiothek von der Online-Redaktion ARD.de in Mainz.
Die Audiothek gibt es per Browser oder per App für Android und iOS. Direkt auf der Einstiegsseite stehen aktuelle Empfehlungen der Redaktion und spezielle Dossiers zu thematischen Schwerpunkten. Darüber hinaus können die persönlichen Vorlieben nach Themen und Genres wie "Hörspiel", "Dokumentation und Reportage" sowie "Comedy und Satire" ausgewählt werden. Außerdem lassen sich die Audios nach Sendern geordnet abrufen, zudem gibt es die Livestreams aller Programme.
Deutschlandfunk, Deutschlandfunk Kultur und Deutschlandfunk Nova betreiben mit der Dlf Audiothek ein eigenes Portal: Nutzer können hier die Vielfalt der drei Programme entdecken, Lieblingssendungen abonnieren, aus Themenkanälen auswählen und somit ein eigenes Radioprogramm gestalten.
Audio Now: Audio-Portal der Privatradios
Foto: Audio Now/RTL
Auch die deutschen Privatradios sind inzwischen mit Audiotheken am Start. Das Hörfunkunternehmen RTL Radio Deutschland startete am 21. März 2019 mit Audio Now eine Audio-Plattform für den deutschen Markt. Das Portal bündelt die besten Podcasts und kuratierte Audio-Inhalte von deutschen Radiosendern, Podcastproduzenten und Audio-Anbietern. Darüber hinaus ist Audio Now Heimat von exklusiven Podcasts und Audio-Serien der Bertelsmann Content Alliance (Mediengruppe RTL Deutschland, UFA, Verlagsgruppe Random House, Gruner + Jahr, BMG und RTL Radio Deutschland).
Skipping und alternative Musikfarben
Viele Hörer sind ein ums andere Mal von der Musik genervt, die in ihrem Lieblingsradio läuft. Von Musikstreamern wie Spotify oder Deezer sind sie es gewohnt, Musiktitel auch einmal zu skippen.
Das Unternehmen RTL Radio Deutschland präsentiert die Anwendung "SWOP", mit dem Nutzer der Sender-Apps den laufenden Song des Livestreams gegen alternative Titel tauschen können. Somit bestimmt erstmals der Hörer, welche Musiktitel in seinem Lieblingsradioprogramm laufen. SWOP wurde in Zusammenarbeit mit den Internetunternehmen Nacamar und Sohard entwickelt. Den Anfang machte die Berliner Station 104.6 RTL, gefolgt von Antenne Niedersachsen, die Sender des Funkhaus Halle (Radio Brocken/89.0 RTL) und 105’5 Spreeradio folgten danach.
Pionier dieser Anwendung war zuvor Österreichs größter Privatsender KroneHit, der bereits 2017 eine App vorgestellt hat, in der die Musik des Live-Programms geskippt werden kann.
Musikskipping mit der Anwendung SWOP
Foto: RTL Radio Deutschland
Einige Radio-Apps bieten auch die Möglichkeit, beim laufenden Programm die Musikfarbe zu wechseln. So hat der hessische Privatsender Hit Radio FFH sogenannte Plus-Programme gestartet. Via Internet und App haben die Hörer des landesweiten hessischen Privatsenders die Möglichkeit, ihr Lieblingsprogramm mit veränderter Musikfarbe zu hören.
Einige Titel in jeder Sendestunde werden bei den Plus-Programmen ausgetauscht. So hören die Nutzer wahlweise mehr Musik aus den 80er-Jahren, aus den 90er-Jahren, Songs aus den Charts oder Rockmusik. Seit Ende 2020 gibt es auch beim FFH-Ableger harmony.fm diese Plus-Programme. Interessenten haben die Möglichkeit, die Classic Hits Welle, die seit Anfang 2021 ausschließlich Musik aus den 80er-Jahren bietet, via Internet mit einem Plus an Musik aus den 70er oder 90er Jahren zu hören.
Spotify: Eigene Playlist plus Radio-Content
Spotify bietet ab sofort nicht nur Musikangebote an, sondern auch gemischte Playlists aus Musik und Podcasts. Im Format "Your Daily Drive" gibt es einen algorithmisch erstellten, personalisierter Mix aus Musik und aktuellen Nachrichten-Podcasts.
Mit der neuen, personalisierten Playlist "Daily Wellness" bietet der Musikstreaming-Dienst seit Ende 2020 seinen Nutzern eine weitere tägliche Audio-Routine an, diesmal zum Thema "Entschleunigung". Die Playlist umfasst einen Mix aus kurzen Podcast-Episoden rund um die Themen "Meditation" und "Motivation" sowie Musikempfehlungen, die auf dem persönlichen Hörverhalten beruhen.
White-Label-Anwendung "Radio.likemee" macht Radio-Apps interaktiv
White Label-Anwendung radio.likemee von Regiocast
Foto: Regiocast
Radio.likemee [Link entfernt]
vom Hörfunkunternehmen Regiocast ist eine Technologie, mit der das Erleben des persönlichen Radioerlebnisses noch einfacher ist. Dabei gibt es eine Vermischung von linearen Radioangebote und non-lineare Formaten wie Podcasts in einer App. Die White Label-Anwendung Radio.likemee wird inzwischen von einem Dutzend privater, deutscher Radiostationen in ihren Apps eingesetzt. Zu den Funktionen gehören beispielsweise interaktive Gewinnspielteilnahme, ein persönlicher Radiowecker, eingesprochen vom Lieblingsmoderator, die Verwaltung von Podcasts und Streams sowie eine Messengerfunktion zur Kommunikation mit dem Radioveranstalter.
laut.fm: Internetradio-Baukasten für zu Hause
Wer sich mit Musik gut auskennt, kann bei laut.fm auch sein eigenes, ganz persönliches Webradio starten. Das "User Generated Radio", wie die Betreiber des Internetportals ihr Konzept nennen, macht Streamingtechnologie auch für private, nicht-kommerzielle Sendungsmacher nutzbar, was sich ansonsten aufgrund hoher GEMA- beziehungsweise GVL-Gebühren eher schwierig gestalten kann. Die anfallenden Gebühren übernimmt die Laut AG, diese behält sich im Gegenzug das Recht vor, Werbung auf den Stationen der Nutzer zu schalten.
Wer interessiert ist, kann sich per E-Mail bei laut.fm bewerben und hier sein Konzept vorstellen. In der Regel erhält der Musikfan binnen eines Monats einen Freischaltcode. Per App kann er dann Musikplaylists erstellen und dabei auf die vorhandene, üppige Bibliothek des Anbieters zugreifen. Es ist aber auch möglich eigene Songs hochzuladen. Darüber hinaus kann der User vorproduzierte Moderationen uploaden ("Voice Tracking") oder live senden, falls Studio-Equipment vorhanden ist.
Die Videoplattform YouTube entwickelt sich mit Live-TV-Streaming immer mehr zu einer guten Ergänzung zu den Verbreitungswegen Kabel, Satellit und IPTV sowie TV-Plattformen wie Zattoo. Von einer Konkurrenz ist man jedoch noch weit entfernt.