Causa Huawei: US-Regierung ermahnt Deutschland
Die US-Regierung habe ihre europäischen Verbündeten aufgefordert, ihre Mobilfunknetze vor chinesischem Einfluss zu sichern, schreibt die Wirtschaftszeitung "Handelsblatt". „Die Vereinigten Staaten sind der Überzeugung, dass wir nicht-vertrauenswürdigen Anbietern nicht gestatten können, an unserer digitalen Infrastruktur, einschließlich unseres 5G-Netzes, mitzuwirken“, sagte die Nato-Botschafterin der USA, Julianne Smith, gegenüber dem Handelsblatt.
Inakzeptable Risiken
Die USA erhöhen den Druck: Huawei ohne 5G-Chips und ohne Google Dienste, Netze künftig komplett ohne Huawei-Technik?
Foto: Picture Alliance/dpa
Der Einsatz solcher Anbieter würde „inakzeptable Risiken für die nationale Sicherheit“ mit sich bringen und zugleich eine Gefahr für die Privatsphäre der Bürger darstellen, so die Botschafterin weiter. Die Mahnung der engen Vertrauten von US-Präsident Joe Biden richte sich vor allem an Deutschland, betont die Zeitung. Während andere große europäische Nato-Staaten, Frankreich und Großbritannien etwa, chinesischen Lieferanten wie Huawei längst Grenzen gesetzt haben, lasse es die Bundesregierung zu, dass die Netzbetreiber Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica im großen Stil chinesische Komponenten verbauten.
Thema bei der Nato
Bei einem Nato-Treffen wollten die Außenminister der Allianz über den Umgang mit China beraten. Dabei solle es vor allem darum gehen, Erpressungsversuchen vorzubeugen, berichtet die Zeitung. Das Bündnis dürfe autoritären Regimen keine Möglichkeiten geben, Schwachstellen auszunutzen, wird Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg zitiert.
Deutsche Politik beunruhigt
Dass Huawei weiterhin eine prominente Rolle in den deutschen Mobilfunknetzen spielt, beunruhige auch führende Vertreter der Ampelkoalition. Der digitalpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Jens Zimmermann, habe die Bundesregierung aufgefordert, den Spielraum des IT-Sicherheitsgesetzes „vollumfänglich“ auszuschöpfen, um Netzwerkausrüster, deren Vertrauenswürdigkeit nicht garantiert werden könne, auszuschließen.
Auch der Vorsitzende des Geheimdienstgremiums des Bundestages, Konstantin von Notz (Grüne), stellte im Handelsblatt klar: „Chinesische Technik muss umgehend aus dem Kernbereich der deutschen und europäischen kritischen IT-Infrastruktur raus.“
Wo ist noch Huawei drin?
Aktuell wird Technik von Huawei noch im Bereich von Sendeendstufen ("Radio") verwendet. Hier könnte der Hersteller über den vorhandenen Service-Zugang maximal die Funktion der Anlagen blockieren oder stören, aber keine sensiblen Gesprächs- oder Verbindungs-Daten abgreifen, finden Experten. Aus dem sensiblen Netzkern wurde Huawei bereits bei allen Mobilfunk-Anbietern verbannt.
Die Technik von Huawei wird und wurde gerne genommen, weil sie sehr zuverlässig funktioniert und preislich deutlich unter den Angeboten der Konkurrenz liegt und weil andere Hersteller bestimmte Funktionen nur bedingt oder gar nicht anbieten konnten.
Als Alternative für Senderkomponenten stünden prinzipiell Produkte von Nokia oder Ericsson bereit, ferner noch einige japanische oder koreanische Hersteller. Die US-amerikanischen Anbieter würden liebend gerne in diesen Markt vordringen. So konnte der US-Hersteller Mavenir einen Auftrag bei der Deutschen Telekom landen und liefert dort die 5G-Core-Komponenten. Doch das von vielen Netzbetreibern mit hohen Erwartungen beladene, theoretisch flexiblere Open-RAN-Konzept, bei dem US-Firmen aktiv dabei sind, scheint (noch) nicht so wie gewünscht zu funktionieren.
Funktionierende Technik wegwerfen?
Ein kompletter Austausch aller Huawei-Komponenten wäre ein richtig teures Vergnügen, was im schlimmsten Falle zu Preiserhöhungen für Endverbraucher führen könnte. Die gelten derzeit als "schwer durchsetzbar". Alternativ könnte sich der Netzausbau von weißen und grauen Flecken auch weiter verzögern. Und auch ökologisch wäre es alles andere als sinnvoll, funktionierende Komponenten rein aus politischen Gründen auf dem Müll zu werfen.
Höhere Aufbau-Kosten durch unerwartete Verzögerungen, ein möglicherweise doch nicht so günstig wie gedacht funktionierendes Open-RAN-Konzept befeuern Spekulationen, dass 1&1 sein viertes Mobilfunknetz gar nicht an den Start bringen und Frequenzen und Lizenzen verkaufen könnte.