ARM: Prozessor-Architektur für Smartphones, Tablets & Co.
Es ist eine Erfolgsgeschichte, die an Apple oder Microsoft erinnert, und doch irgendwie ganz anders ist. Mit einem Startkapital von gerade einmal 200 Pfund gründeten zwei Freunde am 5. Dezember 1978 in einer Küche im englischen Cambridge die Firma Acorn. Ihren selbst entwickelten Prozessor tauften sie ARM - Acorn RISC Machine - Acorn, da man im Telefonbuch noch vor Apple auftauchen wollte. Anfang der Neunziger hatten sich derlei Rivalitäten jedoch erledigt, als man die ARM-Chips gemeinsam mit Apple für den Einsatz im persönlichen digitalen Assistenten Newton weiterentwickelte.
Sowohl Apples Firmenanteile als auch der Name Acorn verschwanden, das Prozessor-Design aber blieb - bis heute. Mittlerweile steht
die Abkürzung ARM für Advanced RISC Machines und mit ARM Limited
zugleich für ein Milliarden-Unternehmen, das den Markt für Smartphone- und Tablet-Prozessoren dominiert -
dabei stellt es selbst gar keine her. ARM entwirft lediglich Designs für Prozessoren und vergibt dann Lizenzen an andere Hersteller.
Diese fertigen die Chips selbst oder lassen sie von spezialisierten Unternehmen aus der
Halbleiter-Industrie (Foundries) herstellen. Pro hergestelltem
Chip zahlt der Lizenznehmer eine Gebühr an ARM.
Viele Hersteller nutzen ARM-Designs auch als Bausteine für die Entwicklung eigener komplexerer Systeme.
Zu den Kunden der Briten zählen etwa Apple, Samsung und HTC, aber auch die
CPU-Hersteller-Schwergewichte Intel und AMD.
Smartphones mit ARM
Fotos: Hersteller, Montage: teltarif.de
RISC vs CISC: ARM und Intel im Vergleich
Der Prozessor ist gewissermaßen das "Gehirn des Gerätes". Er steuert alle wichtigen Funktionen von Smartphone oder Laptop und sorgt dafür, dass die Hardware tut, was sie soll. Dementsprechend wichtig ist die Wahl der CPU, des Hauptprozessors. Damit alles reibungslos funktioniert, muss sie in kürzester Zeit Millionen von Befehlen ausführen. Je schneller allerdings der Prozessor, desto höher auch der Energieverbrauch und desto kürzer die Akku-Laufzeit.
Vereinfachend gesagt besteht der Hauptunterschied zwischen Intel und ARM in den verwendeten Befehlssätzen, also in der Menge der Befehle, die der Prozessor ausführen kann. ARM-Prozessoren verwenden eine sogenannte RISC-Architektur (Reduced Instruction Set Computing), Intel dagegen setzt auf eine CISC-Architektur (Complex Instruction Set Computing). RISC-Befehlssätze sind kleiner und weniger komplex als CISC-Befehlssätze. Dementsprechend geringer ist zwar ihre Rechenleistung, dafür sind sie energiesparender als ihre Intel-Pendants. Intel-Prozessoren kommen daher hauptsächlich in Desktop-PCs und Laptops zum Einsatz. ARM-Prozessoren bieten sich für Smartphones und Tablets an.
Doch genau hier steht eine Art Revolution an: So ließen Unternehmen wie Microsoft, Google, Facebook, Amazon und Apple - letzteres speziell für seine Desktop-Computer und Laptops - die Abkehr von x86-Prozessoren und damit von CISC verlauten, womit in Zukunft Chips mit RISC vermehrt verbaut werden dürften, auch und v. a. in Rechenzentren und vergleichbarer Infrastruktur, die bisher Chips mit CISC verwenden.
Übersicht: ARM-Modelle von 1985 bis heute
Auch zwischen den verschiedenen ARM-Geräte-Kategorien existiert natürlich ein breites Spektrum, was Rechenpower und Energiebedarf betrifft. Während die in High-End-Smartphones eingesetzten Systeme häufig Taktraten von weit mehr als 1 GHz und mehrere Prozessor-Kerne aufweisen, gehören auch zahlreiche Prozessoren und Mikrocontroller mit deutlich abgespeckteren Leistungsdaten zum Sortiment von ARM. Wie sich die ARM-Modelle über die Jahre entwickelt haben, zeigt unsere Tabelle:
Jahr | ARM- Familie |
Takt | DMIPS/MHz | Einsatz (Auswahl) |
---|---|---|---|---|
1985 | ARM1 | 4 MHz | - | BBC-Master (PC) |
1986 | ARM2 | 8-12 MHz | 0,5 | Acorn Archimedes (PC) |
1989 | ARM3 | 25 MHz | 0,5 | |
1991 | ARM6 | 12-20 MHz 203–206 MHz |
0,889 | Apple Newton (PDA), Acorn Risc PC |
1994 | ARM7 | 40-59 MHz | 0,889-0,9 | Handys und Spielkonsolen (u.a. Game Boy Advance, Nintendo DS) |
1998 | ARM9 | 180-200 MHz | 0,9-1,25 | |
2002 | ARM11 | 412-1 000+ MHz | 0,6-1,54 | Automobil-Technik, Smartphones, Router |
2004 | Cortex-M | bis zu 400 MHz | 1,25-2,14 | Smartphones, Tablets, Laptops, Digital-Fernseher, Set-Top-Boxen |
2011 | Cortex-R | n/a | n/a | |
2012 | Cortex-A (64 Bit) |
1,2-3,0 GHz | 2,3-4,9 | |
2019 | Neoverse-E/N (64 Bit) |
2,5-3,0 GHz | k. A. | Netzwerk, 5G, Cloudanwendungen, Edge Computing |
2020 | Neoverse-V (64 Bit) Cortex-X (64 Bit) |
2,6-3,3 GHz | k. A. | Server, Hochleistungscomputer, Cloudanwendungen, künstliche Intelligenz, Maschinenlernen |
Stand: Juni 2023 |
Günstig und ausdauernd: Damit punkten ARM-Prozessoren
Nicht nur in Handys und Smartphones machen die energiesparenden ARM-Prozessoren Sinn. Auch in vielen anderen Geräten wie Druckern, Routern, Fernsehern, Festplatten, TV-Set-Top-Boxen oder Spielkonsolen sowie auch weiteren tragbaren Geräten wie Digital-Kameras, Audio/Video-Playern, Spiele-Handhelds oder Navigationsgeräten werden Prozessoren auf ARM-Basis verbaut. Insgesamt sind auf ARM basierende Geräte deutlich günstiger als solche mit komplexen Intel-Prozessoren. Gerade im Tablet-Bereich, wo sowohl ARM als auch Intel verbaut wird, kann es daher zu merklichen Preis- und Leistungsdifferenzen kommen.
Mehr Leistung: Das Big.LITTLE-Konzept
Das Big.LITTLE-Konzept wurde von ARM im Jahr 2011 mit dem Cortex-A7 eingeführt. Um eine möglichst hohe Rechenleistung bei gleichzeitig niedrigem Energieverbrauch zu erzielen, kommt ein vergleichsweise schwacher, aber energiesparender Prozessor wie der A7 in Kombination mit einem leistungsstarken, aber energiehungrigen Prozessor wie dem Cortex-A15 zum Einsatz. Der A7 übernimmt dabei klassische, anspruchslose Funktionen wie den reinen Betrieb des Smartphones. Der stärkere A15 schaltet sich zu, sobald mehr Leistung benötigt wird.
Wenn der Nutzer also seine E-Mails abruft oder im Internet surft, läuft der schwache Prozessor und der Akku wird weniger belastet.
Werden anspruchsvollere Anwendungen wie Spiele oder Videos gestartet, springt der starke Prozessor ein und verbessert die
Leistung des Gerätes. So können günstige Smartphones
mehr Leistung bringen und teure High-End-Geräte längere Akku-Laufzeiten erreichen.
Eines der ersten Geräte mit Big.LITTLE-Architektur war das Samsung Galaxy S4.
Nvidia Tegra 4: Das System on a Chip basiert auf der ARM-Cortex-A15-Architektur
Bild: Nvidia
SoC: Tegra, Snapdragon, OMAP und MediaTek nutzen ARM-CPU
Wer ein Tablet oder Smartphone nutzt, verwendet mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Prozessor mit ARM-Architektur: Mehr als 90 Prozent aller hergestellten Mobiltelefone besitzen einen Prozessor auf ARM-Basis. In der Regel werden hierbei sogenannte Ein-Chip-Systeme (System on a Chip: SoC) eingesetzt, zum Beispiel die Plattformen Nvidia Tegra, Qualcomm Snapdragon, Texas Instruments OMAP oder MediaTeks MT. Diese enthalten neben dem Prozessor-Kern auch weitere Elemente wie einen Grafik-Prozessor. Im Smartphone-Bereich ist vor allem Snapdragon verbreitet, Tegra-Chipsätze finden sich oft auch in Tablets. Texas Instruments allerdings hat sich mittlerweile weitgehend aus dem Markt für Smartphone- und Tablet-Chips zurückgezogen. Zu groß war der Druck seitens der Hersteller, die zunehmend auf die Entwicklung eigener Chips setzten, anstatt bei Texas Instruments zu kaufen. OMAP-Prozessoren finden sich daher vor allem in Autos und Haushaltsgeräten.
mit ARM-Architektur
- Qualcomm Snapdragon
- MediaTek MT
- Samsung Exynos
- Nvidia Tegra
- Texas Instruments OMAP

Das Surface Pro X mit Windows 11
Foto: Microsoft
Windows RT: Microsoft scheiterte zunächst mit ARM-Tablets
Auch Microsoft Windows 8 gab es in einer ARM-kompatiblen Version: Windows RT. Die Betriebssystem-Variante für ARM-basierte Geräte sollte Microsoft zur Aufholjagd auf dem Tablet-Markt verhelfen. Parallel zu den RT-Tablets kamen fast gleichzeitig Tablets mit Windows 8 auf den Markt. Letztere liefen mit Systemen auf Basis von Intels x86-Architektur, die bereits seit 20 Jahren den PC-Bereich dominiert. Seit der Einführung von Windows RT gab es also vorübergehend zwei Arten von Windows-Tablets: Geräte auf ARM-Basis mit Windows RT und Geräte mit Intel-Prozessoren auf x86-Basis mit Windows 8 oder 10.
Doch das Windows für die ARM-Plattform stand zunächst unter keinem guten Stern. Nicht nur die hauseigenen ARM-Tablets Microsoft Surface RT und Microsoft Surface 2 wurden zu Ladenhütern, auch Windows-RT-Geräte anderer Hersteller wie Asus, Samsung oder Dell verstaubten in den Regalen. Grund war vor allem der Mangel an kompatiblen Apps. Da ARM-CPUs einen anderen Befehlssatz als Intel-Prozessoren nutzen, konnten auf den Windows-RT-Tablets ausschließlich Programme aus dem Windows Store installiert werden, nicht jedoch aus anderen Quellen, wie es unter Windows 8 und Windows 10 möglich ist. Das ARM-basierte Windows entpuppte sich als kolossaler Flop.
Das für ARM-Prozessoren entwickelte Windows RT war im Wesentlichen eine abgespeckte Version von Windows 8. Folgerichtig hofften viele RT-Nutzer auf ein entsprechendes Update auf die nächste Windows-Version auch für ihre RT-Geräte. Ein Windows-10-Update für das Surface RT kam dann auch, allerdings war das Mini-Update mit der PC-Version nicht zu vergleichen.
Windows 10 und 11 für die ARM-Plattform
Mittlerweile gibt es mit "Windows 10 on ARM" einen ausführlicheren Versuch seitens ARM und Microsoft, vor allem im Tablet-Segment Fuß zu fassen. Seit November 2017 wurde die ARM kompatible Windows-10-Version in verschiedenen Tablets, wie dem Microsoft Surface Pro X eingesetzt. Dort greift Microsoft auf einen Qualcomm SQ1 zurück, der mit dem SQ2 und SQ3 mittlerweile zwei Nachfolger hat. Problematisch an dieser Wahl ist für viele User jedoch, dass 64-Bit *.EXE Programme nicht laufen und 32-Bit-Apps nur in einer langsamen Emulation. Unter diesen Aspekten ist es fragwürdig, wie lange sich diese Art des ARM-basierten Windows 10 halten wird. Große Marktanteile konnten bislang jedenfalls nicht gewonnen werden.
Wie bereits oben erwähnt, kündigte jedoch auch Microsoft (im Juni 2020) an, sich von Chips mit CISC zu verabschieden. Insofern wird auch Microsoft vermehrt Produkte auf Basis der ARM-Architektur entwickeln wie beispielsweise bereits das Surface Pro X mit Windows 11 als Betriebssystem, das seit Ende 2021 verfügbar ist.
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