Bundesnetzagentur legt neue Interconnect-Entgelte fest
Regelmäßig legt die Bundesnetzagentur die Interconnect-Entgelte in die Mobilfunknetze fest.
Foto: teltarif.de
Derzeit läuft in aller Stille ein Anhörungsverfahren bei der Bundesnetzagentur zum Thema Interconnect zum Mobilfunk [Link entfernt]
. Das ist der Preis, den Festnetz- oder Mobilfunkanbieter pro Minute bezahlen müssen, wenn sie Gesprächsverbindungen in das jeweilige Netz hineinliefern möchten.
Anfangs höhere Entgelte
Regelmäßig legt die Bundesnetzagentur die Interconnect-Entgelte in die Mobilfunknetze fest.
Foto: teltarif.de
Als der Mobilfunk in Deutschland anfing, gestand man den Mobilfunkanbietern höhere Interconnect-Preise als den Festnetzanbietern zu, weil der Aufbau der Mobilfunknetze aus dem Nichts gewaltig Geld kostet. Als die "E-Netze", also E-Plus (1994) und VIAG-Interkom (1998) an den Start gingen, waren deren Interconnect-Preise deswegen sogar noch höher, als die zur Telekom (D1, seit 1991/92) oder Mannesmann (D2, seit 1992). Das Argument: Telekom und Mannesmann hätten ja einen zeitlichen Vorsprung, den es aufzuholen gelte.
Mit der Zeit gingen diese Interconnect-Entgelte - politisch gewollt -immer weiter herunter. Das Ziel sollte sein, dass eines Tages für eine Verbindung zu Mobilfunk der gleiche Preis wie zum Festnetz genommen werden sollte.
Abrechnung sekundengenau
Abgerechnet wird übrigens sekundengenau, was für Privatkunden kaum noch oder wenn dann nur noch als aufpreispflichtige Option in einigen Sondertarifen auf Sonderwunsch angeboten wird.
The Who is Who der Netzbetreiberbranche
Schauen wir uns die Liste der "Netzbetreiber" an, so stoßen wir dabei auf Unternehmen, die selbst gut informierten Teltarif-Lesern weniger bekannt sein dürften.
Voiceworks
Das Unternehmen "Voiceworks" beispielsweise ist ein virtueller Mobilfunk-Netzbetreiber, der funktechnisch im Mobilfunknetz von Telefónica (o2) unterwegs ist. Gestartet war Voiceworks, dessen Hauptquartier in Holland zu finden ist, ursprünglich unter dem Namen "OnePhone" im Netz von E-Plus. Die Zielgruppe von Voiceworks sind ausschließlich Geschäftskunden, die "unified" telefonieren wollen.
Unified bedeutet: Es gibt nur noch Festnetzrufnummern. Größere Firmen haben oft Nebenstellenanlagen mit Durchwahlen (SIP-Trunk), wobei die Durchwahl am Ende auch auf einem Handy herauskommen kann. Wählt der Nutzer eines "Handys" selbst nach draußen, sieht die Gegenstelle nur seine Festnetznummer. Voiceworks rechnet seine Kunden wahlweise nach verbrauchten Minuten oder auch im Rahmen von Flatrates ab.
Voiceworks bietet seine Produkte selbst und über andere Anbieter wie Comuniq, die mit dem renommierten Anlagenhersteller Auerswald zusammenarbeiten, an. Für alle Produkte gilt: Nur für Geschäftskunden.
Unter dem Aktenzeichen BK-3-19-030 wurde von der Bundesnetzagentur beantragt:
"Die Entgelte für die Zusammenschaltungsleistung Voiceworks-B.1 (Verbindungen in das Mobilfunknetz von Voiceworks zu Teilnehmeranschlüssen von Voiceworks, einschließlich Verbindungsaufbau sowie Halten der Verbindung), in Höhe von 2,9 EUR-Cent/Min. netto (zzgl. der jeweils gesetzlich geltenden MwSt.), hilfsweise in Höhe eines Aufschlags von 0,7 EUR-Cent/Min. netto zu einem genehmigten Entgelt für die Terminierung in das Netz der Telefónica Germany GmbH & Co. OHG für den Zeitraum ab dem 01.12.2019 bis zum 30.11.2022 zu genehmigen."
Eine für den 16.10.2018 vorgesehene öffentliche mündliche Verhandlung fand nicht statt, nachdem alle Verfahrenbeteiligte dem Verzicht zugestimmt hatten.
Lycamobile - 01521
Der nächste virtuelle Netzbetreiber ist die Firma Lycamobile. Die hat sich vom Mobilfunknetzbetreiber Vodafone die Vorwahl 01521 "gemietet" und betreibt darüber Mobilfunkangebote überwiegend für die Ethno-Zielgruppe, die meist viele internationale Kontakte haben. Das Unternehmen Lycamobile stammt ursprünglich aus Großbritannien, ist längst in zahlreichen europäischen Ländern aktiv.
Die Angebote von Lycamobile hatten lange ihren Schwerpunkt bei der Sprachtelefonie. Inzwischen haben die Nutzer auch Daten für sich entdeckt. Geregelt wird aber nur der Sprach-Interconnect.
Lycamobile hatte 1,18 Cent pro Minute (ohne Mehrwertsteuer) gefordert. Zum Verfahren wurden Deutsche Telekom, 1&1-Versatel und Sipgate "beigeladen".
Truphone - 01529
Das Unternehmen Truphone hat sich von Vodafone die Vorwahl 01529 "geborgt" und liefert die Signale seiner Kunden über das Mobilfunknetz von Vodafone aus. Wer zu Truphone verbinden will, muss sich direkt mit diesem Unternehmen vernetzen. Dabei gelten auch für Vodafone-Kunden zu Truphone die Tarife in fremde Netze. Wer eine Vodafone-interne Flatrate (gibts noch in älteren Tarifen) hat, kann diese nicht für Anrufe zu Truphone verwenden (und auch nicht für Lycamobile).
In ihrem Antrag (BK 3-19-028) forderte Truphone einen Minutenpreis von 1,9 Cent.
Sipgate Wireless - 01579
Die Firma Sipgate (Wireless) wurde durch internetbasierte Festnetzangebote bekannt. Kreativ ist ein Mobilfunkangebot, wo der Mobilfunkunde ankommend und abgehend unter einer Festnetzrufnummer aktiv sein kann, was preissensitive Kunden sehr schätzen.
Sipgate Wireless hatte unter dem Aktenzeichen BK 3-19-025 beantragt, im Rahmen einer Vergleichsmarktbetrachtung die Genehmigung eines Terminierungsentgelts und Infrastrukturentgelte in gleicher Höhe wie sie den anderen in Deutschland tätigen Mobilfunknetzbetreibern bzw. MVNOs genehmigt wird. Beigeladen waren diesmal neben der Telekom, die Plusnet (Köln), die Telefónica (o2), der Verband VATM und 1&1-Versatel.
Vodafone - 0162, 0172, 0173, 0174, 0152x (außer 01521 und 01529)
Vodafone Deutschland hatte für das Verfahren BK3-19-024 "mindestens 1,81 Cent und "hilfsweise" in das komplette Telekommunikationsnetz von Vodafone (= Fest und Funk) 0,95 Cent pro Minute gefordert.
Telefonica - 01590, 0176, 0179
Die Telefónica (Aktenzeichen BK3-19-023) hatte bei der Netzagentur 2,2 Cent pro Minute beantragt.
Telekom - 0151, 0160, 0170, 0171, 0175
Die Telekom bekam das Aktenzeichen BK3-19-022. Sie hatte ein Entgelt von 1,63 Cent pro Minute beantragt.
Vodafone, Telekom und Telefonica legten übrigens auch eine interessante gleichlautende Kostenrechnung bei: Der Bau einer Makromobilfunkzelle kostet demnach pro Standort 147.396 Euro (netto), eine Mikro- oder Pikozelle wäre mit 132.922 Euro nur unwesentlich günstiger.
Bundesnetzagentur: Es gibt viel weniger
Allen Antragstellern hat die Bundesnetzagentur inzwischen einen gleichlautenden "Konsultationsentwurf vorgelegt.
Darin sind folgende Preise, die ab dem 1.12.2019 gültig werden könnten, genannt:
- a) bis zum 30.11.2020 0,90 Cent pro Minute
- b) bis zum 30.11.2021 0,78 Cent pro Minute
- c) ab dem 01.12.2021 0,70 Cent pro Minute
Daneben werden noch Kosten festgelegt, die anfallen, wenn andere Telefongesellschaften eine direkte Leitung zum Zusammenschaltungspunkt der gewünschten Mobilfunkfirma legen wollen. Das geht von Bereitstellungspreisen von 489,07 Euro (netto) über einen "Intra Building Abschnitt 2 MBit/s für mindestens 1 Jahr) von 552,28 Euro (jährlich), ferner Preise für zentrale Zeichengabekanäle, Kollokationsflächen ("nach Aufwand") und so weiter und so weiter.
Am 31.12.2022 sollen die Genehmigungen auslaufen, bis dahin muss wieder neu verhandelt werden. Im Entwurf stehen Sätze zu der Kostenermittlung ("Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung, KeL") und die Verpflichtung mit jedem anderen Netzbetreiber Verbindungen herzustellen, was ja Sinn der Sache ist.
Wirkbetrieb ab 1. Dezember 2019?
Wenn alles klar geht, werden diese neuen Preise ab 1.12.2019 in den "Wirkbetrieb" gehen. Wohlgemerkt: Diese neuen Preise gelten - wie bisher - nur für Telefongesellschaften untereinander. Die Wette gilt, das sich bis dahin und auch danach an den Preisen für Endverbraucher für ein Telefonat vom Festnetz zum Mobilfunk nichts oder wenig ändern wird.
Gerade im Festnetz werden von Endverbrauchern in bestimmten Tarifen bis heute noch Endpreise von 20-25 Cent pro Minute (inklusive Mehrwertsteuer) und teilweise noch mehr verlangt. Kein Anbieter zeigt hier die Neigung, daran etwas zu ändern. Wohl dem, der bereits für seinen Festnetzanschluß eine Flatrate in alle Netze hat.
Unser Tipp:
Wer in seinem Festnetz-Tarif keine Flatrate in alle Netze hat und wer ungern übers Handy telefonieren mag oer schlicht nicht telefonieren kann (wegen örtlichem Funkloch) und wer noch Kunde bei Original-Telekom ist, könnte die Vorteile von Call-by-Call neu für sich entdecken.
Wer Kunde bei einem privaten Festnetzanbieter ist, kann Call-by-Call übrigens nicht nutzen. Der Aufwand alle privaten Anbieter untereinander so zu verschalten, dass gegenseitiges Call-by-Call möglich geworden wäre, erschien damals zu hoch. Es wäre wohl darauf hinausgelaufen, dass die Telekom diese Querverbindungen im Auftrag der privaten Wettbewerber hätte schalten und dafür bezahlt werden müssen.
Wer Call-by-Call nutzen kann: Aktuelle Tarife für günstigere Anrufe zum Handy gibts in unserem Call-by-Call-Tarifvergleich.