E-Rezept: Apotheker sehen Nachholbedarf
Die hessischen Apotheker sehen beim geplanten elektronischen Rezept noch erheblichen Nachholbedarf. "Die Mehrheit der Bevölkerung weiß nichts vom E-Rezept", stellt der Vorstandsvorsitzende des Hessischen Apothekerverbandes, Holger Seyfarth, gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa) fest. Und er sieht einen weiteren Knackpunkt: "Wie kommen die Apotheken an ihr Geld?" Hier habe der Gesetzgeber bislang versäumt, klare, verbindliche Richtlinien zu schaffen. "Die derzeitige Situation ist, dass die Apotheke keine Garantie hat, an ihr Geld zu kommen."
E-Rezept: QR-Code statt Blatt Papier
Wenn der Patient ein verschreibungspflichtiges Medikament benötigt, muss er ein Rezept vorliegen. Künftig wird das ein QR-Code sein.
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Beim E-Rezept, das einen Schritt hin zur geplanten elektronischen Patientenakte darstellen wird, soll dem Patienten vom Arzt für verschreibungspflichtige Medikamente statt einem Blatt Papier künftig ein QR-Code übermittelt werden. Diesen Code kann er in der Apotheke vorzeigen oder per E-Mail an sie schicken und sich darüber die verschriebene Arznei liefern lassen.
Das rosa (Krankenkasse), grüne (Patient zahlt selbst) oder blaue (Patient ist privat versichert) Papierrezept soll damit der Geschichte angehören. Wer kein entsprechendes Handy habe, könne sich das Rezept mit QR-Code auch ausdrucken lassen.
Elektronische Patientenakte
In der elektronischen Patientenakte sollen künftig über die Gesundheitskarte alle Befunde, Diagnosen, Therapien und Medikamente von Ärzten abgerufen werden können. Unnötige Doppeluntersuchungen sollen so vermieden werden.
Doch offenbar ist das System nicht von vorne bis hinten durchdacht. "Viele Apotheken werden da nicht mitmachen können, weil sie fürchten, kein Geld zu bekommen", sagte Seyfarth. Das sei nicht vollständig, nicht sicher und nicht ausreichend erprobt. Nach Angaben der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände wurden 2020 in Deutschland knapp 750 Millionen Packungen verschreibungspflichtiger Medikamente verkauft.
Start des E-Rezeptes wieder verschoben
Eigentlich war der Start für das E-Rezept für Januar 2022 vorgesehen, wird aber verschoben. Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums ist deutlich geworden, dass die erforderlichen Systeme noch nicht zur Verfügung stehen. Jetzt soll erstmal der Test- und Pilotbetrieb fortgesetzt und ausgeweitet werden. Ein neuer Termin, ab dem die Pflicht greift, steht noch nicht fest. "Die Verlängerung der Testphase bietet die Chance, die technischen Probleme zu lösen und den flächendeckenden Rollout dann in einem geordneten und sicheren Verfahren zügig zu bewerkstelligen", reagierten die Apothekerverbände auf die Entscheidung des Ministeriums.
Datenschützer aufmerksam
Für die Datenschützer ist wichtig, dass bei der Patientenakte der Patient von Befund zu Befund entscheiden kann, welcher Arzt welchen Befund lesen kann und welchen nicht. Insbesondere müsse sichergestellt sein, das beispielsweise künftige Arbeitgeber keinen Einblick bekommen, wenn sich der Patient um einen neuen Job bewirbt. Gerade medizinische Laien könnten aus bestimmten Befunden auch völlig falsche Schlüsse ziehen.
Für die Ärzte und Apotheken bedeutet das, sich noch mehr als bisher mit Computerprogrammen, Systemen, Computer-Sicherheit und Datenschutz neben ihrer eigentlichen medizinischen Tätigkeit auseinandersetzen zu müssen. Mancher Arzt soll schon seine Praxis vorzeitig aufgegeben haben, weil er oder sie sich mit dem neuen "technischen Kram" nicht mehr beschäftigen wollte.
Anwender sollten sich mit dem Thema beschäftigen
Trotzdem: Die Digitalisierung muss und wird kommen. Patienten sollten sich schon jetzt bei ihrer Krankenkasse informieren, welche Apps und welche technischen Möglichkeiten es gibt und welche Informationen und Ausrüstung (Programme, Apps) dafür gebraucht werden.
Die offizielle E-Rezept-App kann jetzt schon für Android oder iOS heruntergeladen und installiert werden.
Es empfiehlt sich, parallel dazu bei der eigenen Krankenversicherung ein Online-Konto einzurichten (falls noch nicht erfolgt) und die dafür vorgesehene App herunterzuladen. Dabei kann es sinnvoll sein, sich an einem Desktop-PC anzumelden, aber das eigene Handy bereit zuhalten, da Einmalcodes per SMS aber auch per Briefpost zugeschickt werden können. Die Einrichtung ist nach Anwenderberichten in Foren nicht immer ganz trivial. Hier gibt es für alle Beteiligten noch Verbesserungsbedarf.
Zu beachten ist, dass die Versicherungen wichtige Post und Informationen dann nicht mehr per Briefpost oder per klassischer (oft unsicherer) E-Mail, sondern über ein autonomes Nachrichten-System in der App verschicken. Teilweise wird der Kunde per klassischer E-Mail, SMS oder Push-Nachricht auf dem Handy über den Eingang neuer Nachrichten informiert.
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