Corona-Warn-App soll Mitte Juni verfügbar sein
Die Corona-Warn-App soll Mitte Juni kommen
Foto: teltarif.de
Bundesinnenminister Horst Seehofer geht davon
aus, dass die deutsche Corona-Warn-App etwa Mitte Juni zur Verfügung
stehen wird - zeitgleich mit der angestrebten vollständigen Öffnung
der Grenzen zu den europäischen Nachbarn.
Es habe dazu am Vorabend ein "sehr, sehr gutes Gespräch" mit den Projektträgern SAP und Deutsche Telekom gegeben, sagte der CSU-Politiker in der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung.
Ziel: Warn-App europaweit einsetzbar machen
Die Corona-Warn-App soll Mitte Juni kommen
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Seehofer erklärte die Grenzkontrollen und Schließungen von
Grenzübergängen als unverzichtbar zur Bekämpfung der Pandemie. Sein
französischer Kollege Christophe Castaner lehnte es ab, die
Kontrollen schon vor dem 15. Juni aufzuheben, damit etwa deutsche
Touristen in den Pfingstferien nach Frankreich reisen können.
Seehofer betonte, es sei das Ziel, die Warn-App europaweit einsetzbar zu machen. "Die Leute sind ja mobil. Und die App hat ja nur eine begrenzte Wirkung, wenn wir sie dann nur in der Bundesrepublik Deutschland verwenden." Dafür müssten mit den Konzernen Google und Apple aber noch einige Probleme bei den Schnittstellen gelöst werden.
Beide Innenminister stellten sich in einer Video-Sitzung der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung den Fragen der Abgeordneten. Die Versammlung besteht aus je 50 deutschen und französischen Parlamentariern.
Sie kann zwar keine bindenden Beschlüsse fassen und keine Gesetze verabschieden, aber politische Impulse geben. Ernannt werden die Mitglieder vom Bundestag und von der französischen Nationalversammlung zum Beginn jeder Wahlperiode.
Schäuble: Gestärkt aus der Krise herauskommen
Wolfgang Schäuble (l.) und Richard Ferrand
Bild: picture alliance/Francois Mori/AP/dpa
Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) betonte: "Die Normalität
vor dem Coronavirus wird nicht die Zukunft nach dem Virus sein." Die
Parlamente in Europa müssten die Regierungen jetzt dazu drängen,
diese Krise auch als Chance zu sehen. "Das ist es, was Europa jetzt
dringend braucht: ein abgestimmtes Vorgehen mit dem Ziel, dass Europa
manche Verkrustung überwindet und dadurch gestärkt aus der Krise
herauskommt."
Seehofer betonte, die Grenzkontrollen hätten ihren Beitrag zur Eindämmung des Infektionsgeschehens geleistet. "Deshalb hat sich diese Anstrengung schon gelohnt", sagte er. "Es geht immer darum, ein Virus nicht zu importieren." Mit Blick auf Lockerungen betonte Seehofer: "Der Schutz der Gesundheit und des Lebens muss bei diesen Fragen an oberster Stelle stehen. Das ist nicht verhandelbar."
Bestimmte Maßnahmen "bitter, bitter notwendig"
Parlamentarier aus Ostfrankreich kritisierten die Mitte März auf deutscher Seite eingeführten Kontrollen teilweise scharf. Der konservative Abgeordnete Patrick Hetzel sagte, das habe insbesondere im Elsass zu einem "Gefühl der Ungerechtigkeit" geführt. An der Grenze habe es wieder Sperren und Polizei gegeben.
Seehofer räumte ein: "Das war für die Bevölkerung ein großer Einschnitt, eine Zumutung, national wie international." Die Maßnahmen seien aber "bitter, bitter notwendig" gewesen. Es sei nicht um einen Konflikt mit Frankreich oder der Bevölkerung gegangen. "Es war gespeist von der Notwendigkeit, dieses verdammte Virus in den Griff zu bekommen."
Castaner machte deutlich, dass er bis Mitte Juni Ausnahmen von den Grenzkontrollen etwa für deutsche Touristen nicht anstrebt. Man müsse europäisch koordiniert vorgehen.
"Das Risiko gibt es", sagte der Vertraute von Staatschef Emmanuel Macron mit Blick auf die Corona-Pandemie, die in Frankreich bisher weit über 28 000 Todesopfer gefordert hat. Die Grenzregion zu Deutschland ist ein Gebiet, das besonders von der Pandemie betroffen ist.
Corona-Warn-App: Skeptiker befürchten einen Komplott gegen die Bürgerrechte
Von vielen Menschen in Deutschland wird die Corona-Warn-App des Bundes sehnsüchtig erwartet, verspricht sie doch einen wichtigen Schritt in Richtung Normalität. Doch andere sind eher skeptisch - und wenige befürchten sogar einen Komplott gegen die Bürgerrechte.
Besitzer eines Smartphones von Apple oder mit dem Betriebssystem Android bekommen beim Aktualisieren der System-Software Hinweise darauf, dass Apple und Google die Funktion von offiziellen Corona-Warn-Apps möglich machen wollen. Das führt bei Anwendern zur Verwirrung, denn die App lässt noch auf sich warten.
Behauptung: Google hat heimlich seine Android-Smartphones ohne Update um die Schnittstelle für die geplanten Corona-Warn-Apps erweitert, über die Regierungen ihre Bürger ausspionieren können.
Bewertung: Die Behauptungen sind falsch. Die technische Vorbereitung von Android und iOS erfolgte nicht "heimlich", sondern wurde von beiden Konzernen am 10. April öffentlich angekündigt. Außerdem kann man über die App keine Anwender ausspionieren. Es wurde ein umfassendes Datenschutzkonzept umgesetzt, bei dem keine Geodaten oder Kontaktdaten erfasst oder übertragen werden. Die Programmierung der App erfolgt transparent als "Open Source" und kann überprüft werden.
Fakten: Zur Eindämmung von Infektionsketten wird in vielen Ländern an Apps gearbeitet, die Kontakte von Smartphone-Anwendern technisch erfassen, um diese später kontaktieren zu können, falls einer sich mit dem Coronavirus infiziert haben sollte. In Deutschland wird seit Februar über die Funktionen und das Datenschutzkonzept diskutiert. Erste Überlegungen, für die Ermittlung solcher Begegnungen auch Geodaten via GPS oder Mobilfunk zu verwenden, wurden schnell wieder verworfen, auch weil Datenschützer erhebliche Bedenken äußerten.
Drei Konzepte: PEPP-PT, D3-PT und TCN
Danach standen drei Konzepte zur Auswahl (PEPP-PT, D3-PT und TCN), die im Kern das gleiche Ziel verfolgen, nämlich Bluetooth-Funk zu verwenden, um bei einem Kontakt die räumliche Nähe und die Dauer des Treffens zu ermitteln. Das soll so funktionieren: Wenn sich zwei Smartphones mit installierter App näher als etwa anderthalb Meter kommen, tauschen sie anonymisierte Zahlencodes aus, die alle 15 oder 20 Minuten verfallen und durch einen Kurzzeit-Code ersetzt werden.
Unter Wissenschaftlern, Datenschützern und IT-Unternehmern wurde lange um das Speicherkonzept gestritten. PEPP-PT bevorzugte eine zentrale Speicherung der anonymisierten Kontaktdaten. D3-PT und TCN sprachen sich für ein dezentrales Konzept aus, bei dem die Kontaktdaten auf den Smartphones verbleiben und nur die anonymisierte Liste der Infizierten auf einem zentralen Server landet. Der Konflikt wurde durch die Initiative von Apple und Google entschieden, die die Nutzung ihrer Programm-Schnittstellen (APIs) für eine Corona-Warn-App nur bei einer dezentralen Speicherung der Kontaktdaten gestatten.
Insbesondere beim iPhone ist eine Tracing-App auf diese APIs angewiesen, um ständig Bluetooth-Signale senden und empfangen zu können, wenn die App im Hintergrund aktiv ist und nicht nur auf einem entsperrten iPhone im Vordergrund läuft. Apple untersagt aus Datenschutzgründen bislang eine so intensive Bluetooth-Funkerei. Am 21. Mai veröffentlichte Apple das Betriebssystem-Update iOS 13.5, mit dem auch ein "COVID-19-Kontaktprotokoll" eingeführt wurde. Das Protokoll ist zunächst ausgeschaltet und kann erst dann aktiviert werden, wenn eine autorisierte Anwendung wie die geplante Corona-Warn-App des Bundes installiert wird.
Google nutzt "Google Play Services"
Google lieferte die Funktion am selben Tag für die Android-Smartphones aus, allerdings nicht in Form eines klassischen Android-Updates, sondern über eine Aktualisierung der "Google Play Services". Mit diesem Vorgehen ist Google nicht auf eine Kooperation der Smartphone-Hersteller wie Samsung oder Lenovo angewiesen, die zum Teil Monate benötigen, um ein Android-Update zur Verfügung zu stellen.
Bei älteren Geräten verteilen die Hardware-Hersteller die Software-Aktualisierungen oft nur noch in größeren Abständen oder gar nicht mehr. Das von Google für das Covid-19-Update gewählte Verfahren sorgt aber auch dafür, dass Android-Smartphones ohne "Google Play Services" wie die neuesten Huawei-Smartphones oder das Fairphone 3 mit der Android-Variante "/e/OS" die neuen APIs nicht nutzen können.
Wie beim iPhone können die "COVID-19-Kontaktbenachrichtungen" auch bei Android nur dann aktiviert werden, wenn eine autorisierte App installiert wird und auf die Technologie zugreift. Durch die Aktualisierung der "Google Play Services" alleine werden keine anonymisierten Kontakt-IDs über Bluetooth gesendet oder empfangen.
Die Behauptung, mit dem Update von iOS oder den "Google Play Services" könne die Regierung genau verfolgen, wo und mit wem man sich treffe, ist in mehrfacher Hinsicht falsch. Durch die Updates ohne die Installation einer geeigneten App alleine passiert zunächst nichts.
Und auch nach der Installation einer autorisierten Corona-Warn-App, die die neuen technischen Möglichkeiten in iOS oder den "Google Play Services" ausnutzt, ist diese Behauptung nicht richtig. Es werden von der Corona-Warn-App keine Ortsinformationen erfasst oder übertragen. Die Kontaktdaten liegen auf keinem Server, der von der Regierung theoretisch oder in der Praxis erreicht werden könnte, sondern nur auf dem Smartphones der Anwender.
Und die per Bluetooth übertragenen Kontaktdaten werden ein zweistufiges Anonymisierungsverfahren durchlaufen, so dass man auf den übertragenen Kurzzeitschlüsseln nicht auf den Besitzer des Smartphones schließen kann.
Mehr Informationen zur Funktionsweise der Corona-App lesen Sie in einer weiteren News.