Elektroautos: connect testet Ladestrom-Anbieter
Man stellt man sich die Frage: Bei welchen Anbietern klappt das Tanken mit einem Elektroauto am besten und wo stimmt der Kundenservice? Der zweite umfassende Ladenetztest der von ihren Handy- und Netztests bekannten Zeitschrift connect und umlaut (früher P3) führte neben Deutschland nach Österreich und in die Schweiz.
Dass es bei den Ladepunkt-Anbietern in dieser Hinsicht noch viel zu tun gibt, zeigen die Ergebnisse des connect-Ladenetztests: Insgesamt wurden sieben Elektro-MobilitätsProvider (EMPs) und 16 Ladepunkt-Betreiber (CPOs) geprüft.
1000 e-Kilometer
Beim elektrischen Laden gibt es den Typ2 (maximal 22 kW) oder sogenannte HPC-Lader mit CCS-Buchse und typisch 50-350 kW Ladeleistung
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Dafür wurden Tausende von Testkilometern mit zahlreichen Ladestopps absolviert, bei denen die Tester von umlaut das Ladeerlebnis geprüft und protokolliert haben. Die Testfahrten fanden mit zwei Elektrofahrzeugen statt: Einem Audi e-tron 55 und einem Porsche Taycan 4S.
Für jeden beurteilten Betreiber wurden drei bis fünf Standorte angesteuert. Anmeldung und Abrechnung fanden soweit möglich über die getesteten EMobility-Provider statt. Während des Ladens füllten die Tester Protokolle zu den Gegebenheiten vor Ort, zum Ablauf des Tankvorgangs sowie den aufgetretenen Fehlern aus. Zudem nahmen sie während des Ladens Kontakt zu den Hotlines auf, um die Servicequalität zu prüfen. Wie bei allen connect-Netztests wurden die Tarife nicht bewertet. Zunächst nach Deutschland:
1. Platz: EnBW Mobility+
Der Strom-Versorger EnBW aus Baden-Württemberg überzeugt mit einer "durchdachten App" und "überaus und transparenten" Tarifen, die für alle Ladepunkte gelten, mit denen EnBW ein Abkommen hat.
Das führt zum Testsieg in dieser Kategorie. Die von der connect noch im Juni als "hakelig" kritisierte Einrichtung des App-Benutzerkontos hat EnBW "deutlich verbessert". Auch Bedienung und Funktionsumfang konnten überzeugen. Lediglich eine Integration der Lade-Zwischenstopps in die Routenführung blieb noch auf der Wunschliste.
Die Preisgestaltung ist übersichtlich und transparent, das Laden an den unterstützten Stationen funktionierte ohne nennenswerte Probleme.
Das connect-Urteil lautete demnach "Sehr gut", es gab 851 von 1000 möglichen Punkten.
2. Platz: Maingau
Der Anbieter Maingau (Energie) ist unter dem Label "EinfachStromLaden" (ESL) bekannt. Die App des Anbieters aus Obertshausen (bei Frankfurt) hat den Testern gut gefallen (Testergebnis "gut" - 794 Punkte). Unter Elektromobilisten wird der hessische Energieversorger geschätzt, weil er eine unglaublich große Anzahl von "Roaming-Abkommen" mit Ladepunktbetreibern in den drei D-A-CH-Ländern hat.
In der App ist auch eine Navigationsfunktion enthalten, die auf dem Onlinedienst Mapbox basiert. Ladestopps können jedoch nicht in die Routenführung integriert werden.
3. Platz: Shell
Unter der Marke Shell Recharge ist der Mineralölkonzern bei der Mobilitätszukunft dabei und konnte die Tester überzeugen. Als EMP unterstütze Shell eine breite Auswahl an Ladepunkten in Deutschland und den Nachbarländern. Die Registrierung sei unkompliziert, das Auffinden von Ladesäulen klappe gut. Allerdings ließen sich einige davon nur mit einer Shell-RFID-Karte nutzen.
Die Tester hätten sich bessere Hinweise zur Nutzung von Ladestationen oder eine Routenführung zu den E-Tankstellen gewünscht. Nicht gefallen hat, dass das Bezahlen per Kreditkarte nicht unterstützt wird. Dafür gab es gerade noch "gut" mit 776 Punkten.
4. Platz: Alpiq (ehemals Get-Charge)
Der Wechsel des ehemaligen Telekom-Dienstes Get-Charge [Link entfernt] zum neuen Schweizer-Betreiber Alpiq verlief überaus "holprig", um es freundlich auszudrücken. Das "Ladeerlebnis" verstärkte diesen Eindruck. Während der Tests kam es häufiger zu App-Abstürzen, und die Tester mussten sich trotz hinterlegter Login-Daten neu anmelden. Die Preisanzeige funktionierte im Testzeitraum auch nicht: Alle Ladevorgänge erschienen in der Historie mit null Euro, wurden später aber normal abgerechnet.
connect sieht hier gewaltigen Verbesserungsbedarf, was wir aufgrund eigener Erfahrungen bestätigen können. Das connect-Urteil war entsprechend nur knapp: "ausreichend, 571 Punkte".
Test: Ladepunkt-Betreiber Deutschland
1. Platz: Ionity
Der Betreiber Ionity gewinnt bei den Ladesäulen, ist aber bei E-Autofahrern wegen seiner überzogenen Preise unbeliebt
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Ionity ist ein Gemeinschaftsprojekt der großen Autohersteller BMW, Ford, Hyundai, Mercedes-Benz und Volkswagen, die gerade ein europaweites Netzwerk von High-Power-Charging-Stationen aufbauen. Tankt man mit einer "fremden" Ladekarte können 79 Cent oder sogar noch mehr pro kWh berechnet werden, was zum Shitstorm in E-Auto-Foren geführt hat. Der Ladekarten-Anbieter EnBW-mobility hat Ionity deswegen herausgenommen (kein Roaming möglich), der Anbieter Maingau hatte eine Zeit lang versucht, mit einer Mischkalkulation die Preise von Ionity abzufangen, das ging bald nicht mehr.
Trotzdem bekam Ionity von connect den souveränen Gesamtsieg bescheinigt. Auch wenn man bei Details wie Ausschilderung, Wetterschutz und Bezahlmöglichkeiten noch Potenzial für Verbesserungen sehe, böten die getesteten deutschen Ionity-Ladesäulen ein überzeugendes Ladeerlebnis und eine hohe Zuverlässigkeit. Der connect waren das 855 Punkte ("Sehr gut") wert.
2. Platz: EnBW
Die connect hat EnBW (Energie Baden-Württemberg) bei den Ladestrom-Providern auf Platz 1, bei den Ladesäulen auf Platz 2 gewählt
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Direkt hinter Ionity kommt wieder die EnBW, diesmal als Betreiber von High Power Charger Ladepunkten (HPC) auf Platz 2. Das Ladeerlebnis könne sich sehen lassen und vor allem im eigenen Bundesland betreibe EnBW ein dichtes Netz an Ladesäulen. Bundesweit zählen
dazu 322 HPC-Schnellladepunkte mit mindestens 150 kW. Die Stationen könnten zwar besser ausgeschildert und beleuchtet sein, erwiesen sich aber als sehr zuverlässig. Auch Preiskommunikation und Service überzeugten. Die Tester wünschten sich mehr
Bezahloptionen und vergaben 794 Punkte ("gut")
3. Platz: Fastned
Mit Ökostrom und einer kompetenten Hotline bietet der niederländische Betreiber Fastned eine überzeugende Leistung. In der Regel glänzen die Stationen mit freundlicher Beleuchtung und einer schicken Überdachung. Zum Laden braucht man entweder die Fastned-App oder man hat eine Maingau-Ladekarte (EnBW funktioniert derzeit noch nicht).
connect lobt das "gelungene Ladeerlebnis". App und Säule bieten eine Vielzahl nützlicher Informationen zum Ladevorgang. Ein dickes Lob zollten die Tester der kompetenten Hotline und vergaben 769 Punkte ("gut")
4. Platz: Allego
Die angefahren Standorte gaben wenig Anlass zu Beschwerden, aber Verbesserungspotenzial gebe es dennoch. Der in den Niederlanden ansässige Anbieter Allego bietet zum Ad-hoc-Laden eine App namens „Smoov“, Apps und Ladekarten anderer EMPs werden ebenso unterstützt. Bei den Standorten war vom Messeplatz bis zum Gartencenter alles vertreten.
Da Allego Ladesäulen verschiedener Hersteller nutzt, seien auch Ablauf und Bedienung leicht unterschiedlich gewesen, aber weitgehend problemlos. Das connect-Urteil lautet: befriedigend, 743 Punkte.
5. Platz: EON
Der Essener Energiekonzern eon kann ein großes Ladenetz aufweisen. Zwei besuchte Standorte waren aber nicht funktionsfähig, kritisiert die connect. Fürs öffentliche Laden unterstützt EON neben seiner eigenen Ladekarte und der App „EON Drive“ verschiedene EMPs.
Im Test fielen allerdings zwei Standorte dadurch auf, dass sie nicht funktionierten. So waren die Säulen an einer Autobahnraststätte völlig tot. Die Hotline konnte nicht weiterhelfen. Das connect-Urteil rutschte auf befriedigend, oder 716 Punkte.
6. Platz: E-Wald
Die Resultate des bayerischen Betreibers E-Wald sind durchwachsen. Es gibt einiges an Optimierungsbedarf – zum Beispiel bei der Bedienung. Oft waren die Standorte versteckt und kaum beschildert oder gegen schlechtes Wetter geschützt.
Teilweise verwendet E-Wald denselben Ladesäulen-Typ wie EnBW, aber die Schwaben haben die Bedienerführung verbessert. E-Wald nutzt die Original-Version, welche den Fahrer mit dunklem Display begrüßt und auf den Kontakt mit einer Ladekarte wartet.
Dafür vergab die Zeitschrift das Urteil "befriedigend" (696 Punkte).
7. Platz: Comfortcharge
Zwei von fünf getesteten Comfortcharge-Säulen waren gestört. connect war vom Tochter-Unternehmen der Deutschen Telekom somit wenig begeistert. Die Comfortcharge-Säulen findet man oft in Wohn- oder Industriegebieten.
Im Testzeitraum hatten die Tester mehrere technische Probleme. In einem Fall brachte selbst ein über die Hotline eingeleiteter Säulen-Neustart nichts. Zudem klappte das eigentlich unterstützte Ad-hoc-Laden per QR-Code nicht. In den anderen Fällen lief das Stromtanken jedoch problemlos. Dafür gab es "befriedigend" (677 Punkte).
Test in Österreich
In Österreich erzielte der einzige getestete Versorger von Ladekarten, Tarifen und einer App nur ein befriedigend. Wenn eine Station mehrere Ladesäulen mit gleicher Leistung hat, konnte die Auswahl zum Glücksspiel werden, weil die Nummerierung nicht eindeutig war. Manchmal wurde eine Ladesäule als besetzt angezeigt, obwohl sie frei war.
Bei den Ladepunkt-Betreibern siegten Ionity vor "Da emobil" und "Kelag", die der Kärtner Konzern selbst betreibt. Auf Platz 4 konnte Smatrics nicht überzeugen.
Test in der Schweiz
Hier gewann das Gemeinschaftsunternehmen großer Energiedienstleister "Move", das von Alpiq, ewb, Groupe E und Primeo Energie betrieben wird. Zum Laden braucht man einen Schlüsselanhänger oder die App von "Move" und muss wissen, welcher Tarif zu einem passt.
Platz 2 erreichte Swisscharge. Bei den Schweizer Ladepunkten siegte wieder "Ionity" vor "GoFast" und "Move", gefolgt von Socar und Agrola.
Die kompletten Testergebnisse können im connect-Heft 12/2020 (ab 6. November im Handel) sowie online nachgelesen werden.