Recht auf Internet: Bundesrat für 30,8 MBit/s statt 10 MBit/s?
Bundesrat will teils höhere Mindestgeschwindigkeit bei Breitband
Bild: Bundesrat
Internetnutzer, die im heimischen Festnetz nur
extremes Schneckentempo bekommen, können sich zarte Hoffnungen auf
die Stärkung eines Rechtsanspruchs machen. Bisher sehen Pläne der
Bundesregierung vor, dass überall in Deutschland ein Download von 10 Megabit pro Sekunde und im Upload von 1,7 MBit/s möglich sein muss.
Wer weniger hat, kann zur Bundesnetzagentur gehen. Die Behörde könnte
dann die Verlegung besserer Leitungen veranlassen. Nun werden aber
zwei Wortmeldungen aus dem Bundesrat bekannt, die eine deutliche
Erhöhung des Mindestlevels einfordern.
Der bei diesem Thema federführende Verkehrsausschuss der Länderkammer stimmte mehrheitlich für ein Tempo von 30,8 MBit/s im Download - also mehr als dreimal so viel wie die Bundesregierung beabsichtigt. Das Upload-Minimum soll von 1,7 auf 5,2 MBit/s steigen. Das geht aus Unterlagen des Bundesrats vom Dienstag hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegen und über die auch die "Welt" berichtete.
"Unterambitioniert und nicht zeitgerecht"
Bundesrat will teils höhere Mindestgeschwindigkeit bei Breitband
Bild: Bundesrat
Es geht um eine Verordnung zum Recht auf schnelles Internet. Bereits
Ende 2021 trat ein Gesetz hierzu in Kraft - es ist der erste
Rechtsanspruch auf Breitband-Festnetz. Unklar ist aber noch, wie hoch
das Mindestlevel sein wird. Das regelt eine Verordnung, die bereits
grünes Licht vom Bundestag bekommen hat.
In der Empfehlung des Verkehrsausschusses des Bundesrats heißt es, dass die bisher geplanten Vorgaben "unterambitioniert und nicht zeitgerecht" seien. "Eine angemessene Versorgung aller Menschen in Deutschland mit Telekommunikationsdiensten ist unverzichtbar geworden, beispielsweise zur Ermöglichung von Fernarbeit, Fernunterricht und Telemedizin." Die Positionierung des Ausschusses ist aber umstritten, wie das Abstimmungsergebnis zeigt: Dem Antrag Niedersachsens folgten sechs weitere Bundesländer. Es gab vier Enthaltungen und fünf Nein-Stimmen.
Im Verbraucherschutz-Ausschuss, der bei diesem Thema nur eine beratende Rolle einnimmt, gab es ebenfalls die Forderung nach einer deutlich höheren Untergrenze als bisher vorgesehen, und zwar 30 MBit/s im Download und 3,4 MBit/s im Upload. Am 10. Juni soll das Plenum des Bundesrats abstimmen.
Breitband-Wirtschaft schimpft
Die beiden Wortmeldungen sind überraschend ambitioniert. Sie sind aber kein klarer Fingerzeig, wohin die Reise geht - im Bundesrat sind die Haltungen der Fachausschüsse und des Plenums häufig unterschiedlich.
Die Internetbranche sieht den neuen Rechtsanspruch kritisch und warnt davor, Baufirmen mit der Verlegung von Leitungen zu entlegenen Häusern zu beauftragen. Schließlich würde dadurch die ohnehin knappe Baukapazität an anderer Stelle fehlen - und zwar dort, wo die Bagger viel mehr Haushalten zu besserem Internet verhelfen könnten.
Als Reaktion auf die Forderungen der beiden Bundesratsausschüsse machte der Bundesverband Breitbandkommunikation (Breko) heute deutlich, dass er die von den Gremien empfohlene Anhebung für überzogen hielte. "Sollten sich die Bundesländer mit ihren Forderungen durchsetzen, wäre das das Aus für die Glasfaserziele der Bundesregierung", sagte Sven Knapp vom Breko. "Die Unternehmen wären gezwungen, ihre bereits bestehenden Ausbauplanungen zu ändern und umzupriorisieren, um über ganz Deutschland verteilt einzelne Haushalte anzuschließen." Dies würde zu einer drastischen Verlangsamung des Ausbautempos führen.
Vor dem Digitalausschuss des Bundestags trafen Anfang Mai zwei Welten aufeinander: Verbraucherverbände wollen maximale Geschwindigkeit und minimale Latenz. Die Branchen-Verbände fürchten die Renaissance von Kupfer, der VATM zeigte Satellit als Alternative.
