Ginge doch alles so schnell wie in Fladderlohausen
Binnen 24 Stunden bauten rund 150 Bauarbeiter das FTTH-Netz aus, wie die Deutsche Glasfaser mitteilt. Dabei wurden acht Kilometer Glasfaserleitungen in den Straßen verlegt sowie sechs Kilometer Tiefbau durchgeführt – mit Spülbohrungen, offener Bauweise oder durch das Fräsverfahren. Laut Deutscher Glasfaser sei der Ausbau in Fladderlohausen ein beispielloses Sonderprojekt, das vor allem eines zeigen solle: wenn alle Beteiligten aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft sowie nicht zuletzt auch die Bürger eng zusammenarbeiten, kann es mit der schnellen Digitalisierung in Deutschland klappen.
Wenn alle Beteiligten an einen Strang ziehen, kommt Tempo in den Glasfaserausbau, sagt die Deutsche Glasfaser. Der Gesetzgeber könnte jedoch bremsen.
Roland Kentrup
Ob die Deutsche Glasfaser dieses Ausbautempo beibehalten kann, wird sich im von Fladderlohausen rund 90 Kilometer entfernten Wölpinghausen zeigen. Hier hat der Netzbetreiber in der Nachfragebündelung die 40-Prozent-Quote erreicht, die benötigt wird, um das Glasfasernetz zu bauen. Dagegen startete die Deutsche Glasfaser in der brandenburgischen Gemeinde Nuthetal Anfang Oktober 2020 die Nachfragebündelung. Sollten sich auch hier 40 Prozent Bürger für einen FTTH-Anschluss entscheiden, wäre Nuthetal die erste Gemeinde im Landkreis Potsdam-Mittelmark, die ein Glasfasernetz erhält. Die Nachfragebündelung läuft bis zum 19. Dezember 2020.
Glasfaser im Nordwesten des Landes
Aber auch andere Netzbetreiber drücken auf die Tube. Seit Anfang Oktober 2020 können die Einwohner von Cloppenburg, Belm, Kirchweyhe und Stade bei den Vermarktungspartnern von Glasfaser Nordwest einen Anschluss buchen. Insgesamt können rund 15.300 Haushalte in die Gigabit-Zukunft springen. Damit nimmt die Glasfaser Nordwest nach eigenen Angaben das bundesweit erste Wholesale-Only-FTTH-Netz in Betrieb. Der Netzbetreiber wird dabei selbst keine Dienste für Endkunden auf dem Netz anbieten. Das machen die Telekommunikationsanbieter, die mit Glasfaser Nordwest einen Kooperationsvertrag abschließen. Auf diese Weise sollen die Endkunden unter verschiedenen Diensten und Tarifen wählen können.
„Wir sind der erste reine FTTH-Infrastrukturanbieter, der keine eigenen Endkundenprodukte vertreibt und sein Netz allen Anbietern diskriminierungsfrei zur Verfügung stellt“, sagt Glasfaser-Nordwest- CEO Oliver Prostak. Er erhofft sich von dem Wholesale-Modell eine neue Dynamik im Markt, die zu einem schnelleren Glasfaserausbau führt. Der Bau der Hausanschlüsse erfolgt, nachdem ein Kunde einen Tarif gebucht hat. Im Januar 2021 werden die zuständigen Generalbauunternehmen EWE NETZ und Deutsche Telekom Technik mit dem Ausbau der Hausanschlüsse beginnen. Unmittelbar danach sollen die ersten Kunden das neue Netz nutzen können.
Startschuss für den Glasfaserausbau in Aßlar (v. l. n. r.): Abdulkadir Aslim (Oberbauleiter GPG), Mathias Faubel (Kommunenmanager Vodafone Deutschland), Horst Klaper (Fachbereichsleiter der Bauverwaltung), Christian Schwarz (Bürgermeister)
Heike Pöllmitz
Tritt der Gesetzgeber auf die Bremse?
Andernorts wird hingegen befürchtet, dass die Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) den Glasfaserausbau dämpfen könnte. Nach Ansicht der Ruhrgebiets-Carrier DOKOM21, GELSEN-NET, Glasfaser Bochum und TMR wäre das der Fall, wenn die Kosten für einen Breitbandanschluss nicht mehr über die Mietnebenkosten umgelegt werden könnten. Rund 50.000 Haushalten im Ruhrgebiet verfügen über einen FTTH-Anschluss. „Hier wurde auf der Grundlage der Umlagefähigkeit mit 100 Prozent Glasfaser und ultraschnellen Gigabitanschlüssen eine Breitbandinfrastruktur auf technisch höchstem Niveau geschaffen“, sagt TMR-Geschäftsführer Patrick Helmes. Im September gründeten die vier Carrier den Internetknoten Ruhr-CIX. Damit koppeln sie ihre Glasfasernetze, die gemeinsam über mehrere tausend Kilometer lang sind, und betreiben über die Stadtgrenzen von Gelsenkirchen, Dortmund und Bochum hinweg einen 100-Gigabit-Backbone-Ring.
Woanders freut man sich hingegen über die Unterstützung des Gesetzgebers. Wie etwa im westfälischen Münster, wo dank eines Bundeszuschusses 750 Unternehmen kostenlos einen Glasfaseranschluss beantragen können. Umgesetzt wird das Ausbauprojekt vom Netzbetreiber NDIX, an dem auch die Stadtwerke Münster beteiligt sind, dem Investor Primevest Capital Partners sowie German Fiber Solution als Ausbaupartner. Primevest ist gemeinsam mit Vodafone und der Glasfaser Projekt GmbH (GPG) auch am Bau eines FTTH-Netzes für 150 Unternehmen in hessischen Aßlar beteiligt. Bis Ende des Jahres sollen die Bauarbeiten abgeschlossen sein, sodass die Anschlüsse Anfang 2021 aktiviert werden können.
In Oberstdorf bauen M-net, AÜW und EVO mit finanzellen Mitteln aus dem bayerischen Förderprogramm ein FTTH-Netz
M-net
Und auch im Süden der Republik werden die Breitbandnetze ausgebaut. Im Schwarzwald bietet der Netzbetreiber Stiegeler in den Gemeinde Blumberg Achdorf, Aselfingen, Eschach, Opferdingen und Überachen seit Ende September 2020 Internetanschlüsse mit bis zu 400 MBit/s an. Der Ausbau wurde mit Bundesmitteln unterstützt. In Oberstdorf fördert das Land Bayern den Bau eines FTTH-Netzes durch M-net, die Allgäuer Überlandwerken (AÜW) und die Energieversorgung Oberstdorf (EVO). Zunächst erhalten die Bürger Anschlüsse mit bis zu 300 MBit/s. Künftig sollen jedoch „deutlich höhere“ Bandbreiten bereitgestellt werden, wie M-net mitteilt.