Deutsche Mobilfunk-Tarife im Vergleich: Doch nicht so teuer?
Der Bitkom stellt hohen Wettbewerb durch Submarken und virtuelle Anbieter fest.
Grafik: Bitkom.org
Regelmäßig stellt der Bundesverband Informationswirtschaft Telekommunikation und Neue Medien e.V., kurz Bitkom, Marktstudien und Analysen vor. In diesem Verband sind nahezu alle wichtigen Unternehmen der IT- und Kommunikationsbranche (z. B. Telekom, Vodafone, etc.) vertreten.
Mobilfunkpreise im internationalen Vergleich
Heute hat der Verband eine Studie vorgestellt, die Deutschlands Mobilfunkpreise im internationalen Vergleich untersucht hat. Dazu wurden die Mobilfunkmärkte in zwölf Industrieländern untersucht.
Das Ergebnis mag manchen Leser verblüffen: Insbesondere Einsteigertarife seien in Deutschland vergleichsweise günstig. Was wenig verwundert: Polen und Italien schneiden am besten ab, die Schweiz, USA und Japan nach der Bitkom-Analyse am schlechtesten.
Der Bitkom stellt hohen Wettbewerb durch Submarken und virtuelle Anbieter fest.
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Besser als ihr Ruf?
Tarife für Gamer sind etwas teurer.
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Im Vergleich mit anderen großen Industrieländern lägen die Preise für Handy- oder Datenverträge durchweg im internationalen Schnitt, speziell für Einsteiger und Normalnutzer seien sie sogar günstig. Am günstigsten sind die Preise in Polen und Italien, am teuersten ist mobile Kommunikation in der Schweiz, den USA und Japan.
Untersucht wurden die Preise in den Flächenländern Deutschland, Finnland, Frankreich, Italien, Niederlande, Polen, Schweden, der Schweiz, Spanien und dem Vereinigten Königreich sowie außerhalb Europas in den USA und Japan.
„Was die Kosten angeht, so ist Mobilkommunikation in Deutschland viel günstiger als angenommen. Der deutsche Mobilfunkmarkt ist hart umkämpft, vor allem bei Einsteigertarifen ist der Preisdruck hoch“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg. „Wer wenig Geld hat, findet in Deutschland besonders attraktive Angebote.“
Deutschland in der Spitzengruppe bei Billigtarifen
Tarife für Heavy User liegen im Mittelfeld.
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Bitkom: Deutschland bei leistungsärmeren Tarifen günstiger
Preise für flexible, aber kostenbewusste Anwender im Mittelfeld.
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Für Nutzer mit geringer Leistungsnachfrage haben deutsche Anbieter zudem die zweitniedrigsten Durchschnittskosten aller untersuchten Länder. Im günstigsten Tarif zahlen Verbraucher in Deutschland nach der Untersuchung im Schnitt 4,50 Euro pro Monat. Die billigsten Tarife für beide leistungsärmeren Profile dieser Studie bietet jeweils Polen, gefolgt von Italien und Spanien bzw. dem Vereinigten Königreich. Die höchsten Preise zahlen Einsteiger in der Schweiz mit mehr als 14 Euro monatlich.
Hohe Download-Geschwindigkeiten vor allem in Premium-Tarifen
Zur Auswertung wurden typische Nutzerprofile gebildet.
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Für kostenbewusste Nutzer, die Mobilfunk vor allem für soziale Netzwerke und Messenger verwenden (5 GB; mit null Gesprächsminuten; 20 MBit/s Download-Geschwindigkeit), liegt Deutschland für den Bitkom auf dem sechsten Platz mit ähnlichen Preisen wie in Großbritannien, Frankreich und Niederlande.
Etwas teurer sind hiesige Tarife für Smartphone-Gamer (10 GB; null Gesprächsminuten; 200 MBit/s Download). Hier liegt das günstigste Angebot aus Deutschland auf dem siebten Platz der untersuchten Länder. „Hohe Download-Geschwindigkeiten bieten vor allem Premiumtarife“, so Berg.
Auf Rang sieben liegt Deutschland auch bei Nutzern, die das Internet intensiv nutzen und zudem überdurchschnittlich viel telefonieren (max. 20 GB; etwa 250 Gesprächsminuten; 20 MBit/s Download).
Laut der Studie können Submarken und Dienstleister ohne eigenes Netz in Deutschland (MVNOs) diese vergleichsweise hohen Anforderungen dieses Profils nicht abdecken. Das können wir bestätigen: Wer maximale Performance möchte, fährt in der Tat bei den Original-Netzbetreiber-Angeboten am besten.
Zero-Rating-Dienste werten Premium-Tarife auf
Die Studie des Bitkom erkennt richtig, dass es kaum Billigtarife für preisbewusste Intensivnutzer gibt.
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Beispielsweise in Großbritannien, Finnland oder Spanien müssen diese Vielnutzer für entsprechende Leistung noch mehr zahlen, vor allem in Polen und Italien, aber auch in Frankreich sind entsprechende Leistungspakete günstiger.
Grund dafür ist laut Studie ebenfalls die Tarifstruktur in Deutschland, die große Datenvolumina und hohe Download-Geschwindigkeiten nur über Premiumtarife abdecke. „Wer in Deutschland Intensivnutzer ist, zahlt zwar einerseits etwas mehr als in manchen Nachbarländern“, so Berg. „Dafür bekommen Heavy-User hierzulande aber auch mehr Zusatzdienste geboten.“ Das werte Premiumtarife aus Deutschland im Vergleich deutlich auf. Die Fachwelt spricht von "More for more".
Leistungsstarke Premium-Tarife
Im Vergleich sind USA, Japan und Schweiz am teuersten.
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Berg stellt fest: „Zero-Rating-Angebote sind eine Besonderheit des deutschen Marktes. Das macht den direkten Vergleich mit anderen Ländern in dieser Leistungsklasse schwierig.“
Über alle Nutzerprofile hinweg seien Mobilfunkpreise in Deutschland durchweg günstiger als in Finnland, Japan und den USA, aber sie sind definitiv durchgängig teurer als in Polen und Italien, stellt der Bitkom fest.
Deutschland mit meisten Angeboten für Einsteiger
Für Wenignutzer gehört Deutschland zu den Günstigsten, sagt der Bitkom.
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Für die in dieser Studie betrachteten Nutzerprofile hat Deutschland demnach die meisten Angebote von Anbietern ohne eigenes Netz oder Submarken im Vergleich zu allen anderen untersuchten Ländern. „Auch für Verbraucher mit kleinem Geldbeutel gibt es hierzulande viele gute Angebote. Das Einstiegsniveau ist sozialverträglich, die Angebotspalette ist insgesamt sehr breit“, so Berg.
Kritik an Laufzeitbegrenzung
Der Bitkom hat ermittelt, das Deutschland vergleichsweise niedrige Preise hat.
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Viele Menschen würden sich zudem keine aktuellen Smartphones mehr leisten können, da die Monatsraten von Bundle-Angeboten aus Smartphone und Mobilfunktarif verdoppelt würden. „Mit gesetzlich verkürzten Verträgen verlieren Verbraucher ihre gewohnten Smartphone-Konditionen und Netzbetreiber ein gewisses Maß an Investitions- und Planungssicherheit. Wir teilen das Ziel eines gut ausbalancierten Verbraucherschutzes. Mit einem faktischen Verbot von 2-Jahres-Verträgen schadet die Bundesregierung aber genau jenen, die sich schützen möchte.“
Die vollständige Studie „Deutschlands Mobilfunktarife im internationalen Vergleich“ steht zum kostenfreien Download im Internet bereit.
Wie wurde vorgegangen?
Grundlage der Angaben ist eine Analyse von zwölf Mobilfunkmärkten, die das Marktforschungsunternehmen Tarifica im Auftrag des Digitalverbands Bitkom durchgeführt hat. Alle Vertragsdaten wurden im August 2020 erfasst. Alle Informationen stammen von den Websites der ausgewählten Betreiber. Wenn ein Betreiber einen speziellen Diensttyp nicht anbietet, wurde er für das entsprechende Profil nicht einbezogen.
Mehrwertsteuer und andere nationale Steuern sind in den in diesem Bericht verwendeten Preisen enthalten. Regionale und lokale Steuern sind aus diesen Preisen ausgenommen.
Auch Aktionspreise wurden für die Profilkosten nicht berücksichtigt. Nicht-klassische Angebote oder Verträge (d. h. Angebote und Verträge, die individuell verhandelt und nicht beworben werden) wurden in dieser Studie ebenfalls nicht berücksichtigt.
Nach wie vor herrscht Uneinigkeit bei der Umsetzung der europäischen Vorgabe zu Vertragslaufzeiten in der Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG). Das Bundesjustizministerium (BMJV) fordert weiterhin die Abweichung von der europäisch vereinbarten maximalen ersten Vertragslaufzeit von 24 Monaten und macht sich für eine maximale Laufzeit von einem Jahr stark.