Editorial: Was wird aus Apple?
2007 kam das erste iPhone-Modell auf den Markt
Foto: Apple
Der Absturz ist dramatisch: Binnen sieben Monaten schrumpfte der Kurs
der Apple-Aktie um 45 Prozent von 540 US-$ auf gerade mal
noch 300 US-$. Und das, obwohl sich
iPhone und
iPad weiterhin verkaufen wie
geschnitten Brot. Doch ist die Zeit der uneingeschränkten
Marktführerschaft vorbei. Bei den
Smartphones liegt
Android von den
Gesamtstückzahlen her inzwischen uneinholbar vorne. Und mit dem
Samsung Galaxy S4 könnte
erstmals ein High-End-Gerät der Konkurrenz das iPhone auch direkt bei
den Verkaufszahlen schlagen. Zudem scheint sich bei den
Tablets die Geschichte zu
wiederholen: Nach den jüngsten Zahlen
hat Android auch hier die Gesamtführung übernommen. Noch ist das
iPad das mit Abstand stärkste Gerät in diesem Markt, doch auch hier
kommt Samsung mit Riesenschritten näher.
Vor allem fehlt den Apple-Investoren derzeit die Hoffnung, dass es Apple bald gelingen könnte, den nächsten großen Wurf zu landen: Ein kleines oder womöglich auch großes Gerät, das die Unterhaltungselektronik ähnlich revolutioniert, wie seinerzeit iPod (2001), iPhone (2007) oder iPad (2010). Zwar gelang es Apple, durch die Ankündigung umfangreicher Ausschüttungen und Aktienrückkaufprogramme den Kurs seit den Tiefstständen rund um den 18. und 19. April wieder etwas nach oben zu hieven. Der langfristige Ausblick dürfte sich durch die Ankündigung, die immensen Barreserven nicht in neue Produkte und Dienste zu investieren, sondern diese an die Aktionäre auszuschütten, freilich nicht gerade verbessern.
Das Hauptproblem von Apple ist jedoch, dass sie im Hochpreissegment gefangen sind, in einem Markt, in dem die Musik, sprich die großen Stückzahlen, zunehmend im mittleren oder gar im niedrigen Preissegment spielt. Wenn Apple die Verkaufspreise des aktuellen iPhone oder iPad senkt, wirkt sich das direkt auf die Marge und den Firmenwert aus. Apple könnte auch lediglich die Verkaufspreise der jeweiligen Vorgängermodelle reduzieren, um diese als günstige Einsteigermodelle zu platzieren. Doch würde Apple damit den Wertverfall der top-Geräte beschleunigen. Bisher galt der lange Werterhalt gut gepflegter Apple-Geräte jedoch als eines der wichtigsten Verkaufsargumente pro Apple: Wenn man nach zwei Jahren durchaus noch ein Drittel des originalen Kaufpreises auf ebay erzielen kann, reduzieren sich die effektiven Kosten für den Kunden entsprechend.
Keine Kunden verärgern
2007 kam das erste iPhone-Modell auf den Markt
Foto: Apple
Im PC-Segment kann sich Apple seit Jahrzehnten trotz eines vergleichsweise
geringen Marktanteils stabil halten. Mac und MacBook haben ihre treuen
Fans, allen Angriffen aus dem Windows-Lager zum Trotz, wie aktuell die dem
MacBook Air nachempfundenen Ultrabooks.
Warum sollte Apple beim iPhone eine andere Strategie fahren? Selbst,
wenn der iOS-Marktanteil mittelfristig auf 10 Prozent sinken sollte:
Apple kennt sich damit aus, trotzdem zu bestehen.
Siemens und Motorola sind im Handygeschäft auch deswegen abgestürzt, weil sie hektisch agiert haben. Das Siemens S55 war ein besonders kleines Handy, das S65 dann plötzlich ein besonders großes, und das S75, das schon unter der Kooperation Benq-Siemens herauskam, war dann wieder kleiner. Motorola hatte mit der Klapp-Flunder RAZR einen Riesen-Hit gelandet, doch dann kam jahrelang kein würdiger Nachfolger. Das RAZR V3x war beispielsweise deutlich dicker als das Original-RAZR, weil auch UMTS an Bord war. Zugleich kam das Original-RAZR in Verruf, weil die Mechanik des Klapp-Mechanismus recht schnell ausleierte. Mechanik-Update: Fehlanzeige.
Eine behutsame Weiterentwicklung, wie sie Apple mit dem iPhone in den letzten Jahren betrieben hat, hat also auch Vorteile, aller Enttäuschung der Journalisten über fehlende neue Gimmicks oder zumindest attraktive neue Preise zum Trotz. Denn ohne eigene Fertigungskapazitäten kann Apple zwar problemlos die jeweils optimalen Komponenten für seine Geräte einkaufen, und von Auftragsfertigern zusammensetzen lassen. Beides bedingt aber höhere Kosten als eine eigene Fertigung. Im Billig-Segment kann Apple daher kaum mithalten.
Unter der Hand wandelt Apple freilich bereits kräftig auf dem Rabatt-Pfad. BASE bietet in seinem online-Shop beispielsweise das iPhone 5 mit dem Tarif all in (All-Net-Fltrate, 500 MB Datenpaket) für 1 Euro einmalig sowie 40 Euro monatlich an. Die ersten drei Monate zahlt man sogar nur 10 Euro. Zieht man von den Gesamtkosten des Pakets während der 24-monatigen Mindestlaufzeit in Höhe von 871 Euro den offiziellen iPhone-Verkaufspreis von 679 Euro ab, verbleiben gerade mal 192 Euro bzw. 8 Euro im Monat für den Tarif. In die Gesamtrechnung geht also sicher ein erheblicher Rabatt ein, den Apple an E-Plus/BASE gewährt. Zum selben Preis bekommt man im BASE-Online-Shop nämlich auch das Samsung Galaxy S3, während für das aktuelle S4 jeweils 15 Euro monatlich mehr zu zahlen sind.
Auch künftig exklusiv!?
Der Rabatt-Testballon bei E-Plus (bei den anderen Netzbetreibern ist das iPhone 5 derzeit ähnlich teuer wie das S4, nicht wie das S3) wird entscheiden, ob Apple künftig zum Ende des Lebenszyklus das jeweils aktuelle iPhone günstiger anbietet als bisher. Beim iPad testet Apple zudem seit Herbst, wie der Markt auf zwei unterschiedlich große und unterschiedlich teure Modelle reagiert. Aber selbst, wenn wir künftig auch zwei iPhone-Modelle sehen werden: Kampfpreise wird es von Apple deswegen nicht geben. Und so ist es nicht unwahrscheinlich, dass das iPhone in den kommenden Jahren wieder etwas exklusiver wird, in dem Sinne, dass nicht jedes Smartphone ein iPhone ist. Bei den Macs war das ja schon immer so.