ANGA COM: Es entsteht ein großer FTTH-Flickenteppich
Privatinvestoren wollen in den Glasfaserausbau in Deutschland insgesamt zwischen 30 und 50 Milliarden Euro investieren. Ausgehend davon, dass die Deutsche Telekom bis 2030 28 Millionen Haushalte verglasen will, bleiben für die Wettbewerber rund zwölf Millionen Haushalte übrig. Die angekündigten Investitionen würden den Worten von Johannes Pruchnow, Managing Director der gabo Systemtechnik, für die doppelte Zahl an Haushalten ausreichen. Kein Wunder, dass unter den Netzbetreibern Goldgräberstimmung herrscht.
Auf der ANGA COM diskutierten im Panel "Smart Networks: Neue Investoren und ihre Ausbaupläne" Netzbetreiber über die Glasfaserzukunft Deutschlands
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Aber es ist längst nicht alles Gold, was glänzt. Zwar habe sich laut Pruchnow inzwischen die Situation im Tiefbau entspannt, da viele Unternehmen aus dem Ausland Deutschland als neuen Markt für sich entdeckt haben, aber Materialpreise und Kreditzinsen steigen. Hinzu kommt, dass es zwar viele „Homes passed“ gibt, aber nur wenige „Homes connected“. „Homes passed ist nicht definiert“, bemängelte Jan Georg Budden, CEO und Mitgründer der Deutschen GigaNetz, auf der ANGA COM. Es sei nicht klar geregelt, wie nah bzw. fern die Glasfaser an einem Haus entlangführen müsse, damit es als Home passed durchgehe. „Daher wird die Zahl der Homes Connected die Währung sein“, erklärte Budden.
Open Access als Grundlage
Johannes Pruchnow, Managing Director der gabo Systemtechnik, sprach auf der ANGA COM von einer Entspannung in Bezug auf Tiefbaukapazitäten
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Der Deutsche-GigaNetz-CEO pflichtete Pruchnow bei, dass nicht der Tiefbau der limitierende Faktor sei. Budden sieht den Flaschenhals bei den Planungskapazitäten. „Das Baurecht muss geändert werden“, forderte er auf der ANGA COM. Er warnte auch vor dem Irrglauben vieler Bürgermeister, sie könnten mit der Förderung durch Bund und Land schneller Glasfaser verlegen als um eigenwirtschaftlichen Ausbau. Das würde letztendlich die Investoren wieder vertreiben.
Deutsche-GigaNetz-CEO Jan Georg Budden kritisierte, dass es keine Definition gibt, ab wann ein Haus als "Home passed" gilt. Die eigentliche Währung seien die "Homes connected".
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Im Gegensatz zu Ulrich Hoffmann, CEO des Netzbetreibers Plusnet, sieht Budden Open Access auch nicht als das Allheilmittel an. „Wenn ich keinen auf mein Netz lasse, erhöhe ich das Risiko, überbaut zu werden“, sagte Hoffmann. „Wir werden die Netze öffnen müssen, sonst werden sie aufgebrochen“, pflichtete ihm Marco Sick, CEO von Vattenfall Eurofiber bei.
Käse statt Business-Case
Da derzeit sehr viele Unternehmen Glasfasernetze bauen, entsteht ein Flickenteppich aus regionalen Netzbetreibern. Der wird nach Ansicht der Experten auch für einen langen Zeitraum bestehen bleiben, da viel Eigen- und wenig Fremdkapital im Markt sei. Deshalb spielen steigende Kreditzinsen keine große Rolle. Das eine Unternehmen, das den Markt konsolidiert, zeichnet sich nicht am Horizont ab. Gleichwohl können sich die Experten durchaus vorstellen, dass es auf Diensteebene jemanden geben könnte, der als bundesweiter Brand auftritt.
Vattenfall-Eurofiber-CEO Marco Sick geht davon aus, dass die Netzbetreiber ihre Netze öffnen müssen, um zu verhindern, dass sie aufgebrochen würden
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Für einen solchen Anbieter wäre Open Access aber die Basis. „Wir benötigen Standards, um die Netze aggregieren zu können“, mahnte Hoffmann an, denn nur so könne man die Monetarisierung beim Kunden vorantreiben. „Ansonsten habe ich keinen Case, sondern nur Käse“, brachte es der Plusnet-CEO auf den Punkt.
Die Rohre zu dick, die Ports falsch dokumentiert oder unklare Brandschutzvorschriften: Dem Techniker wird heutzutage im Glasfaserausbau viel abverlangt. Auf der ANGA COM kamen die alltäglichen Probleme beim Verlegen von Glasfaser auf den Tisch.
